Ein Chor, der Unheil birgt, Grundfesten erschütternde Hörner, zitternde, gespenstische Viola-Klänge: Damit öffnen Árstíðir Lífsins die Pforten zum nordischen Totenreich Hel und zu ihrer jüngsten EP "Heljarkviða". Die isländisch-deutsche Formation, die sich aus Mitgliedern von u.a. Helrunar, Wöljager, Kerbenok und Carpe Noctem zusammensetzt, vertont auf ihrer sechsten Veröffentlichung die Geschichte eines im Blutrausch gefallenen Kriegers – nicht etwa in Walhalla, sondern in Helheim findet er sich wieder: einem wüsten, kargen und trostlosen Ort. Erst, als mit Ragnarök die letzte Schlacht geschlagen wird, sollen sich die Seelen aus dem Totenreich erheben. "Heljarkvíða" begleitet nun just eine solche Kriegerseele auf ihrem Weg zurück in die Welt.
Wie bereits auf den früheren Werken von Árstíðir Lífsins gelingt auch beim jüngsten Wurf die musikalische Umsetzung des mythologischen Themas auf herausragend hohem Niveau. Schwere, ineinandergreifende Riffs verkünden von Zerstörung und Verzweiflung und vertonen förmlich die wüste und trostlose Totenwelt; akustische Gitarrenparts verzieren filigran und bringen einen kurzen Moment des Innehaltens, bevor dissonante Viola-Spielereien bereits wieder Unbehagen heraufbeschwören. Man braucht deshalb die äusserst stimmungsvoll vorgetragenen altisländischen Lyrics (denen übrigens eine beachtenswerte Quellenarbeit zugrunde liegt) nicht zu verstehen, um der Geschichte folgen zu können: Die Musik alleine erzählt sie mühelos mittels nahezu perfekter Komposition und Arrangements. Damit ist "Heljarkviða" ein Buch voller Geschichten und Bildnis zugleich.
Gerade deshalb sollte man sich unbedingt mit der Hintergrundgeschichte vertraut machen, bevor man sich das gute Werk anhört. Im Vergleich zum doch um einiges melodiereicheren Vorgänger "Aldafǫðr ok munka dróttinn" (2014) läuft "Heljarkviða" ansonsten Gefahr, allzu monoton abzuschneiden, da musikalisch gefühlt auf dem immer selben Grundton verweilt wird. Die EP jedoch mit dem Verständnis von mythologischer Vertonung zu Gemüte geführt, lässt die Sache sogleich ganz anders aussehen: Erst vor dem Hintergrund der erzählten Geschichte vermag die EP "Heljarkviða" eine immense erzählerische Kraft freizusetzen und entfaltet so ihre volle Schönheit.
Im Gesamtkonzept ein absolut vereinnahmendes, bemerkenswertes und bildgewaltiges Hörerlebnis!
Albuminfo
Punkte |
4/5 |
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Label |
Ván Records |
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Veröffentlichung |
2/2017 |
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Format |
CD |
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Land |
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Genre |
Black Metal |