Ein paar Worte zum aktuellen Stand und zur Vergangenheit von Heretoir: Das vorige Soloprojekt von Eklatanz ist nun um Nathanael (Thränenkind, Agrypnie, u.a.) gewachsen, man bemüht sich um Sessiongitarristen für geplante Live-Gigs. Die MCD ".Existenz" von 2009 hat mich seinerzeit schwer begeistert und rotiert auch heute noch gelegentlich in meinem Scheibendreher. Die Split mit den Post-Schwarzstahl Kollegen von Thränenkind aus dem Jahr 2010 enttäuschte meine Vorfreude leider ziemlich. Nun liegt mir "Heretoir" vor. Praktisch das erste Vollalbum des Augsburger Melancholiegeschwaders. Dann mal los.

Im Grossen und Ganzen kommt von Heretoir noch immer jener Post-Black Metal Sound, der zumindest letztes Jahr noch grosse Wellen durch Deutschland zog, meinem Gefühl nach aber schon wieder recht weit abgeklungen ist. Eklatanz hat den dem Genre als Ursprung dienenden Sound der Projekte des Franzosen Neige, vor allem Alcest und Amesoeurs, auf "Heretoir" etwas weitergedacht. Damit verlässt er die Pfade der reinen Hau-drauf-Traurigkeit der Marke Thränenkind und Lantlos; vielmehr bewegt er sich im Mid-Tempo und liefert langatmige Gitarrenwellen mit reichlichen melodischen Verzierungen und vor allem ständigen Wiederholungen.
Die Vocals bestehen aus den altbekannten Keifschreien, mittlerweile noch verzerrter und in den Hintergrund versetzter als beim Debüt 2009; dort konnte man einige Textpassagen sogar noch verstehen. Auf "Heretoir" ist damit aber weitgehend Pustekuchen.
Sehr viel wichtiger als zuvor ist nun auch die Rolle des Schlagzeugs (das wohl in "Weltschmerz" maximal ausgekostet wird). Es erfüllt die sonst nur durch Gitarrenwände belebten Sphären düsterer Atmosphäre mit treibenden Beats. Darunter sind Blasts und groovige Spielereien. Ganz nett und durchaus charakteristisch. Pluspunkt!

Tja, was haben wir hier nun? Meiner Meinung nach eine weitere Veröffentlichung, die nicht an ".Existenz" herankommt. Es fehlt die laienhafte aber autenthische Rustikalität, die dem Hörer unter die Arme griff und ins Reich der Melancholie führte. Auf "Heretoir" werden wir eher in ein Boot gesetzt, besser und moderner vielleicht in eine Strassenbahn; die uns dann durch die unbelebte Kälte des Sozialen fährt. Und mit Stimmungsdrückern wie "Retreat To Hibernate" gelingt Eklatanz das auch vorbildlich, vielleicht schon fast gefährlich gut. Ich sollte es den Augsburgern wohl gleich tun und der Sonne folgen, akzeptieren, dass ich hier etwas Neues habe, dass sich dem Vergleich mit dem Alten entzieht. Denn Heretoir beansprucht für sich scheinbar eine Gedankentiefe, die sich schlichtem Entertainment entzieht und mehr eine musikalische Selbstreflexion der Komponisten ist, denn einer weiteren langweiligen "Heul jetzt endlich!"-Pseudo-Depri-Scheibe. Will sagen - Eklatanz, ich nehme dir dein musikalisches Konzept ab.

Albuminfo

Punkte

 

3/5

Label

Northern Silence Productions

Veröffentlichung

6/2011

Format

CD

Land

Genre

Black Metal