Nachdem Enslaved 2005 für ihr letztes Werk den norwegischen Grammy verliehen bekamen, waren die Erwartungen an das Nachfolgealbum verständlicherweise sehr hoch geschraubt. Für Bands ist solch eine Druck-Situation sicher nicht sonderlich angenehm, aber die Hörer hoffen nun mal nach einer Hammer-Scheibe, dass das Niveau erhalten bleibt oder dass gar eine weitere Hammer-Scheibe folgt. Und wenn ich "Ruun" einfach nur mit "Isa" vergleiche, fällt für mich das nüchterne Urteil, dass die Erwartungen – obwohl "Ruun" offensichtlich an seinen Vorgänger anknüpft – nicht erfüllt wurden. "Isa" ist nun mal aggressiver, imposanter; schlicht besser. Aber jeder Silberling hat es irgendwie verdient, dass man ihn auch eigenständig betrachtet und er relativ unabhängig von weiteren Werken der gleichen Band bewertet wird.

Wenn ich mir jetzt also einmal nur auf "Ruun" bezogen Gedanken mache, muss ich sagen, dass es selten so lange ging, bis ein Album gezündet hat. Einige Songs blieben zwar schnell in den Gehörgängen hängen und besonders der Opener liess mich von Anfang an kaum los. Irgendetwas Faszinierendes taucht immer wieder irgendwo in den Stücken auf, aber der grosse Funke vermag doch nicht über zu springen. Schlussendlich weiss ich noch nicht mal so recht, ob mir die Lieder überhaupt gefallen oder nicht. Aber zu meiner Beruhigung konnte ich vor kurzem in einem Interview mit Enslaved's Frontmann Grutle lesen, dass sie es gut fänden, dass sie die Leute mit ihrer Musik wirklich durcheinander bringen würden.

Was ich hingegen gut finde ist, dass die fünf Norweger, aller Experiment zum Trotz, zumindest bei Grutles Gesang keine Experimente eingegangen sind und dass dieser noch klaren Bezug zum Black Metal aufweist. An einigen Stellen wurde zusätzlich aber auch noch klarer Männer-Gesang hinzugefügt, der sich meistens eher im Hintergrund hält. Somit wird im Normalfall die atmosphärische, epische Stimmung unterstrichen, jedoch gibt es auch Passagen, wo der Klargesang schlicht und einfach nur unmotiviert klingt.

Auf "Ruun" werden melodiöser Black und Viking Metal gekonnt mit progressiven Klangmustern, die manchmal an die 70er-Jahre erinnern, verbunden. Unter anderem durch viele Tempowechsel wird dafür gesorgt, dass die Lieder nicht langweilig werden und sogar das Keyboard stört ausnahmsweise nicht – grundsätzlich also eine ziemlich positive Bilanz. Eines muss man sich bei dieser Scheibe aber unbedingt merken; sie braucht Zeit und noch mehr Aufmerksamkeit.

Albuminfo

Punkte

 

3/5

Label

Tabu Recordings

Veröffentlichung

9/2006

Format

CD

Land

Genre

Black Metal