Kunst ist ja immer eine Streitfrage, und so muss, darf oder soll man es sich gefallen lassen, dass beim neusten Bethlehem Werk zwischen die einzelnen Songs immer wieder gesprochene, "hochtrabende" Texte (mit elektronischen Klanguntermalungen) eingebettet wurden, welche die ohnehin schon stark mit Metaphern belasteten Lyrics der Deutschen noch zusätzlich verstärken. Letztere sind allerdings manchmal so absurd (was jetzt nicht im negativen Sinne gemeint war), dass man sich doch hin und wieder fragt, ob Bethlehem wirklich etwas mitteilen wollen oder eher im stillen Kämmerchen hocken und sich totlachen, weil alle Welt da draussen Lyrics zu interpretieren versucht, die unterm Strich sowieso keinen richtigen Sinn ergeben. Aber wer weiss das schon?
Wieder zurück zur Musik. Bethlehem produzieren aus den oben genannten Stilrichtungen einen äusserst eigenständig klingenden Mix, welcher viel Düsterkeit ausstrahlt, manchmal aber auch in "positive Melancholie" abdriftet. Meist dominieren die ruhigen Klänge. Die wenigen, härteren Dark Metal Passagen, in welchen Guido growlt (normalerweise singt er clean oder spricht), stellen die aggressiven Gefühlsausbrüche bei Bethlehem dar. Der Opener, das 4. Tier ass den Mutterwitz, täuscht im ersten Moment ein bisschen, denn hier klingen Bethlehem noch stark Dark-metallisch. Bereits der zweite Titel wirft die ersten Einschätzungen total über den Haufen. Eine gothiclastige Melodie trifft auf einen leicht sakral klingenden Chorrefrain. Richtig interessant wird's dann beim "aus-chillenden" Mary Samaels NFB 418, ein Track, der erstaunlicherweise überhaupt nicht deplaziert wirkt, obwohl er das rein stilistisch eigentlich tun müsste. Im krassen Gegensatz dazu steht das teilweise "neue deutsche Härte"-orientierte Stück namens Dunkle, kalte Materie. Und auch hier wieder - bei Bethlehem fügt sich alles wie massgeschneidert in den Gesamtsound ein, auch wenn letzterer eigentlich völlig verschieden daherkommt. Das ist wohl auch der Grund für die Faszination, die Schatten aus der Alexander Welt auslösen kann. Irgendwie ist alles verschieden, und irgendwie passt alles zusammen.
Wie könnte es anders ein - bei Maschinensohn wird wieder umgemodelt. Was dabei herauskommt? Ein erneuter Gothic (Rock) Titel mit äusserst eingängiger Melodie. Rost, Wahn und tote Gleise orientiert sich musikalisch wieder am zweiten Track. Bis zu diesem Zeitpunkt meint man eigentlich, man hätte die Tracklist fest im Griff, aber dem ist nicht so. Auch wenn man hin und her skippt, wird es schwierig, zu definieren, welchen Song man gerade hört (die CD hat siebzehn Unterteilungen, effektive Titel sind's aber nur neun). Also - legt Euch nicht auf die hier genannten Songnamen fest. Sie dienen eigentlich mehr zur Orientierung des Reviewschreibers und könnten daher falsch zugeteilt worden sein, denn Bethlehem tun einem nicht immer den Gefallen, die Titel in den Lyrics zu erwähnen. Abgeschlossen wird dieses Album durch einen abermaligen Ausflug in die chill-out Musik, und wenn das nicht Aus dunkler Ritze fruchtig' Wahn ist, dann fress ich 'nen Besen, denn selbst bei Bethlehem sollte der Schlusstitel am Schluss kommen, oder etwa nicht?
Bethlehem ist Musik für Menschen, die für Experimente bereit sind, und die kurzen "Hörspieleinlagen" tun dem Album ehrlich gesagt nicht besonders gut. Es verliert dadurch ein bisschen an Dynamik. Anyway. Leute, denen Normales zu normal ist, sollten vielleicht mal Schatten aus der Alexander Welt antesten.
Albuminfo
Punkte |
0/5 |
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Label |
Prophecy Productions |
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Veröffentlichung |
10/2001 |
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Format |
CD |
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Land |
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Genre |
Dark Metal |