Eines muss man Niklas aka Nerrath von dem Paderborner Soloprojekt Horn ja lassen. Er hat sich zweifellos in Kennerkreisen etabliert und das vollbracht, woran selbst manche grosse Bands scheitern - er hat mit Horn seinen eigenen Sound und seinen eigenen Charakter geschaffen. Tatsächlich sind die Stücke, die uns Niklas auf nunmehr vier Alben liefert, allesamt unverkennbar ihm zuzuordnen wenn man sie mal irgendwo zufällig hört.
Seine neueste Errungenschaft taufte er "Distanz" und schon beim Cover fällt auf, dass (auch farbige) Landschaftsaufnahmen einer schwarz-weissen Hafensicht gewichen sind. Auch das Booklet fällt ungewohnt düster aus. Das macht umso neugieriger auf den musikalischen Aspekt der Scheibe.

Und auch der verzeichnet einen gewissen Einschnitt in Horns Werdegang. Waren zumindest die Lieder auf "Jahreszeiten" und "Kraft der Szenarien" noch mit einer enormen Euphorie des Naturerlebens unterlegt, dominiert hier ein weitaus walzender Sound, ein wenig im Stil des Panzer Metal der Detmolder Zerstörer. Die Kriegsthematik ist auch lyrisch überraschend stark vertreten; vor allem geht es nicht mehr um den Protagonisten, welcher ob wunderbarer Naturgewalten staunt, sondern um Entfremdung von und gewaltsame Zerstörung dieser Natur durch menschliche Kriegsakte.

Die Musik geht da mit. Horn klingt nun etwas vorstossender, aggressiver, dunkler. Niklas übernimmt meiner Meinung nach viel von seinem zweiten Projekt namens "Licht erlischt...". Bemerkbar macht sich das darin, dass auf "Distanz" leider die mitreissenden Ohrwürmer fehlen, die sich zumeist in grandiosen Melodien auf der unverkennbar verzerrten Gitarre niederschlugen.
Was blieb? Beispielsweise die Symbolik des Jägers. Niklas findet nach wie vor Gefallen daran, das Sinnbild des Jägersmannes in seine Texte einzubauen. Der Jäger als Enklave in der Natur, als Beobachter mit gleichzeitiger Macht der Gewalt und gleichwohl Sanftmut und Nähe zur Natur.

Jetzt wird mehr Energie darauf verwendet, dass Schlagzeug mit Doppelpedal toben zu lassen und die Gitarre mit thrashigem Geschredder etwas gleichwertiges beisteuern zu lassen. Nein, das klingt keinesfalls schlecht, ist nur ein Unterschied zu den Vorgängeralben. Horn ist und bleibt also Horn, die bereits erwähnten Charakteristika bleiben bestehen, nur der Stil ändert sich mit diesem neuen Album ein wenig. Ich kann leider nicht eindeutig versichern, dass jedem bisherigen Fan von Nerrath auch "Distanz" gefallen wird, denn das weitläufige Ausbleiben epischer Melodien (wie früher zum Beispiel "Das Jahr geht mit eisiger Faust", "Nostalgie I", "Deute die Zeichen stehen auf Sturm", "Naturkraft") macht das Album durchaus etwas weniger effektiv was Beständigkeit im menschlichen Gedächtnis betrifft.
Vielleicht noch am Rande: Niklas scheint sich momentan bzw. seit längerer Zeit in Norwegen aufzuhalten. "Distanz" wurde in Oslo aufgenommen und dass der Aufenthalt dort sich wohl grundlegend auf seine Musik auswirkt, dürfte keine Überraschung sein.

Albuminfo

Punkte

 

4/5

Label

Black Blood Records

Veröffentlichung

8/2010

Format

CD

Land

Genre

Black Metal