Nargaroth ist eine Band, die keine Einleitung braucht. Ich habe, wie die meisten, welche diese Kritik lesen werden, auch die ganzen Geschichten im Internet gelesen. Mir persönlich ist es vollkommen egal, ob diese wahr oder nur erfunden sind, denn ich kenne den zentralen Mann hinter dieser Band nicht persönlich, ob er sich nun "Ash" oder "Kanwulf" nennt ist auch vollkommen irrelevant. Seine vorherigen Veröffentlichungen sind mir zu einem Grossteil ebenfalls bekannt, auch wenn ich bisher nie gross irgendetwas damit anfangen konnte. Aus all diesen Gründen möchte ich klar stellen, dass ich "Jahreszeiten" vollkommen isoliert von Personen, Umständen und Geschehnissen kritisieren möchte. Aus Respekt vor mir selbst, um nicht auf das Level der ganzen Internet-Trolle zu sinken, und aus Respekt vor dem Schöpfer. Es ist schwer genug, ein Album zu schreiben und aufzunehmen. Durch den ganzen Klatsch über ihn wird dies vermutlich nicht einfacher.

Fünf Lieder sind auf der CD vorhanden, ein kleiner "Prolog" und die nach den Jahreszeiten betitelten, die mit Spielzeiten zwischen zehn und 20 Minuten aufwarten können. Was den "Prolog" betrifft, so trieft er förmlich vor Pathos. Dennoch erfüllt er gewissermassen seine Funktion als Intro für ein Album, das scheinbar mit grossen Melodien aufwarten wird. Und dann beginnt der "Frühling". Ich muss ehrlich sagen, ich konnte mir ein kleines Schmunzeln nicht verkneifen, denn die Melodie die hier erklingt ist tatsächlich etwas, das ich eher zu einem Volksfest oder einem Kinderlied zuordnen würde. So seltsam diese Passage auch erscheint, muss ich sagen dass sie wenigstens thematisch zum Frühling passt und damit weitaus origineller ist als die meisten Stücke, die mit diesem Namen versehen wurden.

Wie schon der "Frühling", sind die restlichen Lieder von der Stimmung her sehr passend gewählt im Bezug auf die tatsächlichen Jahreszeiten, wenn auch etwas düsterer gehalten. Gerade das Intro zum "Sommer" nimmt fast schon apokalyptische Ausmasse an. Mit den schnell gespielten hohen Tönen, der infernalischen Bassmelodie und dem himmlischen Solo wird hier wirklich eine sehr intensive Atmosphäre aufgebaut, wenngleich später noch ein paar fröhlichere Melodien Einzug halten. Der absolute Trumpf allerdings wird mit dem "Herbst" gespielt. Was hier an intensiver Traurigkeit und Verzweiflung vertont wurde grenzt an Perfektion. Die sanften Violinenklänge und die einsame Gitarrenmelodie, die zäh gespielten Akkorde und das hypnotische Schlagzeugspiel, die verzerrte Stimme und der Klargesang. Hier stimmt absolut alles. Am Ende des Albums steht der "Winter" und ich muss sagen, dass dieser leider am wenigsten Ausstrahlung von all den Liedern hat. Er hat einfach kaum bleibende Eindrücke die er hinterlassen könnte und wirkt daher mit seinen 16 Minuten etwas zu lange gehalten, gerade gemessen an der oftmaligen Wiederholung der Riffs.

Von der technischen Seite her gibt es nicht viel zu bemängeln. Die Gitarren sind sägend, die Stimme ist verzerrt. Der Bass ist für meinen Geschmack etwas zu hintergründig, die Bassdrum hingegen etwas zu prominent, aber ansonsten ist das Zusammenspiel sehr angenehm, insbesondere, wenn es etwas geradliniger zur Sache geht.

Schlussendlich hat "Jahreszeiten" seine grossen Momente, die ich hier auch zur Genüge hervorgehoben habe. Manche Passagen wirken aber gerade aufgrund dessen nicht so gut und erscheinen beinahe wie Füllmaterial. Dennoch muss ich sagen, dass die guten Teile überwiegen und insbesondere mit "Herbst" eines der besten Stücke geschrieben wurde, das Fans dieser Musik je gehört haben werden. Nur zu schade, dass nicht das ganze Album auf demselben Level sein konnte. Man muss Nargaroth allerdings loben: Sie sind bereit, neue Wege zu beschreiten. Die ungewöhnlichen Melodien und die Entwicklung des Songwritings sind Zeugen einer Evolution und vielleicht auch einer Maturierung der Musik.

Albuminfo

Punkte

 

4/5

Label

No Colours Records

Veröffentlichung

12/2009

Format

CD

Land

Genre

Black Metal