Dies ist nun also der erste Severe Torture Longplayer, und ich kann Euch eins sagen - die etablierten Magazine werden "Feasting on Blood" garantiert entweder ignorieren oder hemmungslos in die Pfanne hauen. Severe Torture bieten so ziemlich das volle Programm an all dem, was jeder schon immer am Death Metal gehasst hat, angefangen beim dämlichen Splattercover über die noch dämlicheren Songtitel bis zum undifferenzierten Gurgelgesang in bester "Butchered at Birth" Manier. Zudem verweigern sie sich mit auffälliger Konsequenz jeglichen Trends. Keine Keyboards, keine Black Metal Anbiederungen, keine betont eingängigen Songstrukturen und Düdeldüriffs, sondern psychotisches Gehacke ohne Punkt und Komma mit mindestens elfundachzig Riffs pro Song, zig Breaks und einem Drummer, der offenbar etwa fünf verbotene Aufputschmittel gleichzeitig geschluckt hat.
Also mit anderen Worten eine ziemlich coole Scheibe. Schon der Opener "Feces for Jesus" ist ein erstklassiges Death Metal Monster wie aus dem Lehrbuch, vollgestopft mit klasse Taktwechseln und absoluten Killerriffs. Beim wunderbar schleifenden Mittelteil versucht man sich ausserdem mit zweistimmigen Vocals im Stil von Pessimist, was der Band sehr gut zu Gesicht steht, und ausserdem dem sonst wirklich etwas arg stumpfen Gerülpse zu etwas Abwechslung verhilft. Leider kommt die zweite Stimme auf dem Rest der Scheibe nicht mehr zum Einsatz. Bei den nächsten zwei Tracks verfallen Severe Torture dann dummerweise der Versuchung, jedem auf Teufel komm raus zeigen zu müssen, wie schnell ihr Drummer Blastbeats knüppeln kann. Das Resultat sind zwei ziemlich stumpfsinnige Prügelorgien, wobei besonders bei "Blood" auffällt, dass man sich rifftechnisch desöfteren etwas gar frech bei Cannibal Corpse bedient. Das eintönige "Decomposing Bitch" wird am Ende wenigstens noch durch ein wirklich cooles Schlussriff gerettet. Der nächste Song, ähem, "Baptized in Virginal Liquid", ist dankenswerterweise aber wieder von einem ganz anderen Kaliber. Neben dem Opener sicher der beste Song auf der Scheibe, mit einfallsreichen Bassläufen und unzähligen coolen Breaks, und zur Abwechslung lässt sich auch der Sänger mal etwas einfallen, das halbwegs als Gesangslinie bezeichnet werden kann. Weiter geht's mit "Twist the Cross", welcher einerseits wohl die meisten geklauten Cannibal Corpse Riffs enthält, andererseits aber auch der melodischste Song auf der Scheibe ist. Hört sich widersprüchlich an, zeigt aber eine der deutlichsten Stärken von Severe Torture: Man klaut zwar hemmungslos bei den frühen Cannibal Corpse Scheiben, genauer gesagt "Butchered at Birth" und "Tomb of the Mutilated", schafft es aber irgendwie, die Songs griffiger und melodischer klingen zu lassen, als das damals Cannibal Corpse gelungen ist.
Der nächste Song hört auf den ebenfalls sehr geistreichen Titel Butchery of the Soul und weiss durch ein absolut vernichtendes Eröffnungsriff zu glänzen, das später in einer völlig kaputten Variante verhackstückelt wird. Psychopatentodesblei, wie es sein soll, harhar. Rest in Flames ist dagegen vielleicht das beste Beispiel für die deutlichste Schwäche dieser Band: In dem Song gibt's ein wirklich tolles, schleifendes Riff mit einer coolen Vocalline. Das kommt aber kaum richtig zum Zug, statt dessen werden uns sechzehnmal die gleichen nichtssagenden Hummelriffs um die Ohren gehauen. Irgendwie fehlt Severe Torture manchmal etwas das Gespür dafür, was sich zu wiederholen lohnt, und was eher als kurzes Einsprengsel taugt.
Die Bandhymne Severe Torture ist dann dafür schön kurz und von coolen Midtempoparts durchsetzt. Pray for Nothing dagegen zeigt, dass man auch fast ausschliesslich schnelle Riffs aneinanderhängen kann, ohne dass die Sache langweilig wird. Gelingt der Band sonst zwar nicht immer, dieser Song ist aber ein Paradebeispiel dafür. Ausserdem gibt's da noch dieses Infestdead Riff, bei dem ich jedesmal grinsen muss. Zum Abschluss greift man dann bei "Vomiting Christ" nochmal ganz tief in die Cannibal Corpse Kiste und serviert abermals etwas, das zwar nach den Kannibalen klingt, aber doch irgendwie melodischer ist.
Alles in allem also sicher keine besonders originelle, aber eine prima gemachte Death Metal Scheibe, sauber gespielt, knackig produziert und in genau der Länge, die so ein Prügelalbum zu haben hat. Wer die neuen Scheiben von Dying Fetus, Pessimist und Internal Bleeding schon auswendig kennt, sollte hier sicher mal reinhören. Allein schon die ziemlich beeindruckende Performance von Drummer Seth hat es verdient, dass man ihr mal ein Ohr leiht. Alle anderen werden mich wahrscheinlich für bekloppt erklären, aber meiner Meinung nach ist das hier trotz der dümmlichen Präsentation vom musikalischen Standpunkt her gesehen tausendmal intelligenter gemacht als der Schwurbel, der in der Sparte Todmetall heutzutage als zeitgemäss gilt.
Albuminfo
Punkte |
0/5 |
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Label |
The Plague |
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Veröffentlichung |
9/2000 |
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Format |
CD |
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Land |
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Genre |
Death Metal |