Kinners, wie die Zeit vergeht. Jetzt ist es auch schon fast zehn Jahre her, dass Necrophobic ihr Debütalbum "The Nocturnal Silence" rausgebracht haben. Den Begriff "Melodic Death Metal" gab's damals noch gar nicht, das Epizentrum des Elchtods war Stockholm, Entombed regierten mit Clandestine über die skandinavische DM-Szene, und dass ehedem irgendwelche Hippies mit verzerrten Gitarren Düdeldü machen und das Death Metal nennen würden, ahnte noch keiner. So waren Necrophobic zwar damals schon auffallend melodisch und leicht Black Metal-orientiert, aber die zugehörige Stilschublade gab es noch nicht, und Necrophobic waren halt noch so ‘ne Band aus Stockholm, wenn auch eindeutig eine überdurchschnittlich gute. Nun, heutzutage gibt es zwar durchaus eine Stilschublade, in die man Necrophobic reintun könnte, da unzählige andere Bands ebenfalls Death- und Black Metal zu einem melodischen Gebräu vermischen, aber in die Schublade passen Necrophobic trotzdem nicht rein. Warum? Weil sie im Gegensatz zu den meisten anderen dieser Bands ungefähr fünf verschiedene Sorten von Arsch treten.

Auf "Bloodhymns" hört man schon vom ersten Riff des Openers "Taste of Black" an, dass hier eine Band am Werk ist, die schon Death Metal gespielt hat, als ein Grossteil der heutigen Melodic Death-Konkurrenz noch in die Windeln gekackt hat. Der Mix aus Death- und Black Metal mag heutzutage gang und gäbe sein, aber Necrophobic bedienen sich deutlich bei den früheren Bands beider Stilrichtungen und lassen all den Käse, der in der zweiten Hälfte der Neunziger aufgekommen ist, lieber weg. Keine endlosen Blastbeat-Exzesse, keine kitschigen Keyboardteppiche, kein Fummeltrinengeheule, und die Melodien gehen genau bis zu dem Punkt, wo sie der Aggression und Brutalität nicht in die Quere kommen, und kein einziges Trülülü weiter.

Und so liegt der Stil von Necrophobic letztlich irgendwo in der Mitte zwischen altem norwegischem Black Metal (sagen wir mal Darkthrone - "A Blaze in the Northern Sky") und altem schwedischem Death Metal (sagen wir mal Entombed - "Left Hand Path"), beides Musikstile, die heute nicht mehr besonders hip sind - aber die Mischung aus beidem kommt keineswegs altbacken daher, sondern klingt frisch und unverbraucht, da sie bei genauer Betrachtung eigentlich keine andere Band spielt, und pustet locker den grössten Teil der Konkurrenz von der Bildfläche. Denn Necrophobic haben nicht nur einen eigenen, ausgesprochen räudigen Stil, sondern auch das, worauf es am Ende immer noch ankommt, nämlich gute Songs. Auf der ganzen Scheibe findet sich nicht ein einziger Ausfall, alles klingt ausgeklügelt und doch eingängig, mal schnell ("Helfire") mal midtempolastig ("Roots of Heldrasill"), mal sehr melodiebetont ("Shadowseeds"), mal episch und dramatisch ("Cult of Blood"), aber immer superfies, gerade auf den Punkt gespielt, vollgestopft mit Killerriffs, göttlichen Melodien und immer wieder auftauchenden Zitaten aus den Glanzzeiten des schwedischen Death Metals von den Scheiben solcher Bands wie Desultory, Carnage, Dismember, ganz alten Entombed oder der allerersten At the Gates-Scheibe. Einzig das eher überflüssige Instrumental "Among the Storms" mit seinem Schwertergeklirr hätte man meiner Meinung nach auch weglassen können.

Abgerundet wird "Bloodhymns" von einer typischen Sunlight-Produktion, die hier wirklich passt wie der sprichwörtliche Arsch auf den Eimer, und höchst amüsanten Lyrics - in jedem Text kommt mindestens einmal das Wort "Blood" vor, welches rot gedruckt ist. "Bloodhymns" hat das Zeug zu einem echten Klassiker - Necrophobic operieren stilistisch in einer völlig eigenen Nische und produzieren dabei einen Killersong nach dem andern. Ich kann Euch allen wirklich nur wärmstens ans Herz legen, Euch dieses Lehrstück in Sachen skandinavischer Todesmusik anzuhören. So und nicht anders wird's gemacht. Hammeralbum.

Albuminfo

Punkte

 

0/5

Label

Hammerheart

Veröffentlichung

4/2002

Format

CD

Land

Genre

Black Metal