1996 kam das erste Album von Disinter aus Chicago auf den Markt, und seither hat man es auf eine EP und das vorliegende zweite abendfüllende Silberscheibchen Welcome to Oblivion gebracht. Und dieses Teil stellt mich vor ernsthafte Probleme. Laut Angaben auf der Website der Band war das Debütalbum noch "purer Old School Death Metal", aber das ist Welcome to Oblivion bestimmt nicht.

Klar, man hört der Band deutlich an, dass sie dem amerikanischen Death Metal Underground entsprungen ist. Der Opener The Sleeper Awakens haut uns als erstes ein saftiges Midtemporiff, wie man es zum Beispiel von Oppressor kennt, um die Ohren, der Sänger grunzt, man lehnt sich zurück und glaubt, zu wissen was als nächstes kommt. Aber dann zieht die Tonlage des Gesangs plötzlich drei Oktaven an, und auch die Gitarren hummeln in Black Metal Gefilde davon. Seltsamerweise wirkt der Song dadurch nicht holprig, die Mischung ist nur ziemlich ungewohnt. Track Nummer Zwo, das Titelstück, ist dann von den Riffs her eindeutig in der Black Metal Ecke angesiedelt, aber schon der nächste Song, Followed from Death, ist das genaue Gegenteil davon und ein pures Death Metal Gerät.

Und in der Art geht's auf Welcome to Oblivion dann auch munter weiter. Man wildert bei Krisiun (Twisted Soul), Autopsy (Holy Parasites), Massacre (The Battle Rages On), vermischt die erbeuteten Riffs mit der bei The Sleeper Awakens vorgeführten Kreuzung aus Oppressor und skandinavischem Blackmetalgesäge, und darüber wird abwechselnd gerülpst und gekreischt. Dies aber immer äusserst kontrolliert, Frontman Zion beherrscht nämlich beide Gesangsstile ordentlich, es wird weder unverständlich rumgegurgelt noch atemlos abgekrächzt.

Als wäre diese irre Stilmixtur nicht genug, gibt's bei Field of Screams noch eine kitschige Ansprache à la Manowar, einen Kirchenchor am Anfang von Holy Parasites (worauf dann eben nicht etwa ein Black Metal Riff, sondern Doomgestampfe im Autopsy Stil folgt...) und völlig DM fremde Gitarreneffekte bei Descendants of Darkness. Ganz am Schluss wird die stilistische Achterbahnfahrt dann mit einem Track beendet, der wieder dem Tampa Bay Reinheitsgebot entspricht, und man fühlt sich schon fast, als hätte man endlich wieder Boden unter den Füssen bekommen.

Und nun kommen wir zum Problem an der Sache. So eine wilde Stilmischung, wie sie Welcome to Oblivion bietet, kann man eigentlich nur genial oder daneben finden. Entweder kreidet man Disinter an, dass sie überhaupt keinen eigenen Stil haben und einfach wahllos zusammengeklaute Riffs aneinanderhängen, ohne zu merken, dass da gar nix zusammenpasst, oder man sieht Welcome to Oblivion als vor Kreativität überbordendes Album von einer Band, die sich in allen Spielarten des extremen Metal wohlfühlt und sie nach Herzenslust miteinander vermischt. Ich persönlich kann mich auch nach dem x-ten Anhören immer noch nicht so recht entscheiden. Was sich mit Sicherheit sagen lässt, ist dies: die Produktion ist 1A und kommt mächtig aus den Boxen gedonnert, instrumental ist alles im grünen Bereich, und die Songs wirken nach ein paar Durchläufen schlüssig und nicht wahllos zusammengeflickt. Aber ob Ihr den Stilmix, den Disinter hier vom Stapel lassen, göttlich oder scheisse findet, müsst Ihr schon selber entscheiden.

Albuminfo

Punkte

 

0/5

Label

Morbid Records

Veröffentlichung

11/2003

Format

CD

Land

Genre

Death Metal