Kuriose Momente im Leben eines Rezensenten gibt es immer mal wieder. Zumeist bezieht es sich dabei ganz klar auf die Musik. Bei dem mir vorliegenden Opus hingegen ist es die verstrichene Zeit, die zwischen der eigentlichen Veröffentlichung und dem Eintreffen bei uns liegt. Denn "Prophecies Of The Dying" ist nicht, wie zu vermuten wäre, die 2010er EP der norwegischen Enthral, sondern ihr Debutalbum von 1997, welches sie zwei Jahre nach ihrer Gründung unters Volk brachten. Auf Grund des Bonustracks vermute ich jedoch, dass es sich um ein Re-Release handelt, was ich aber nicht mit Gewissheit bestätigen kann.
Nichtsdestotrotz ist es für mich Neuland, welches ich mit Aufregung und Neugierde betrete.
Mit jeder Minute die verstreicht erblicke ich mehr Ungeahntes und doch so vertraut Wirkendes, da sich die Norweger ziemlich genau der Art Schwarzmetall verschrieben haben, die mir am nächsten liegt. Atmosphärischer BM ohne zersetzendes Keyboardgedudel, Ausnahmen bilden kurze Passagen, in denen die Synthies aber passen, mit regelmässigen Wutausbrüchen, welche sich schon mal gerne in Blastbeats niederschlagen. Gelegentlich gibt es Intros oder Outros zu den Liedern, welche einen düster verstörenden Charakter haben.
Damit die erzeugten Emotionen wirklich nachhaltigen Eindruck hinterlassen, sind die Lieder nicht unter acht Minuten gehalten. Langeweile entsteht durch die Länge nie. Nach über 20 Minuten geistiger Wanderung durch ihre Tontäler umschliesst mich das Gefühl von unerklärlicher Nostalgie und verlockend süssem Schwermut, doch der wiederkehrende kalte Zorn treibt stets den nächsten Hügel hinauf, um einen Blick aufs Kommende zu erhaschen.
Doch was ich dann erfahre lässt Vorangegangenes beinahe verblassen. Der zweite Teil des Titelstücks wartet mit einem hohen Frauengesang auf, der mir Gänsehaut über den Rücken treibt als hätte mich der kühle Meereswind völlig schutzlos auf besagtem Hügel umstreift. Der Grad der Ergriffenheit hält noch über 40 Minuten an und ich wünsche mir zuweilen, mich in dieser Gefühlsodyssee zu verlieren.

Fazit: Sowohl vom Sound als auch von der Musik an sich, wissen Enthral den Empfänger in den von ihnen erzeugten Emotionen einzubetten. Mich haben sie in ihren Fängen und ich kann nur hoffen, dass sie in den Jahren nicht an Intensität verloren haben. Hören, kaufen, drin versinken!

Albuminfo

Punkte

 

4/5

Label

Silenced Voices Recordings/Frostcald Records

Veröffentlichung

5/2011

Format

CD

Land

Genre

Black Metal