Nach mehrmaligem Durchhören der aktuellen und zum rezensieren vorliegenden Scheibe "The Whore And The Bride" schlagen sich diese Einflüsse bei den Australiern von Synnöve zweifelsfrei in den Texten nieder. Was aber macht das Ganze so kompliziert? Es ist der Fakt, dass Synnöve scheinbar einen Hehl daraus machen, ihre Ideologie, ihren Glauben endlich einmal eindeutig beim Namen zu nennen und Tatsachen auf den Tisch zu schmeissen (oder vielleicht eher auf den Kirchaltar?). Wie dem auch sei. Das Hauptaugenmerk soll zunächst auf der musikalischen Seite der Doom / Death Veröffentlichung liegen.
Beim Anhören fällt als erstes auf, dass die Beschriftung der Synnöve-Schublade ausnahmsweise relativ zutreffend gewählt wurde. Die wesentlichen Doom-Einflüsse spiegeln sich im gelegentlichen Mid-Tempo wider, das den Spielraum für die heroischen, dem Männerchor entsprungen zu sein scheinenden Clear-Vocals von Sänger Brad bereiten; die ziemlich genau an eine Synthese aus ICS Vortex (Dimmu Borgir) und Østen Bergøy (Tristania) erinnern. Üblicherweise folgen auf diese Doom-Passagen Knüppelarien mit schaumigem Gekreische, die den Death-Part des Albums ausmachen.
Die Mischung wirkt oftmals ein wenig konfus und unstet, die Gitarren klingen von der Spieltechnik her ein bisschen wie eine Stahlpresse, die dargebotenen Riffs sind grossteils keine Soundbomben und werden – was irgendwann wirklich gewaltig nervt – rauf und runter gespielt, ohne Ende. Bei manchen Liedern schämen die Australier sich nicht, Minuten um Minuten mit den selben 4 Takten zu füttern ohne irgendwas zu ändern. Das sprengt irgendwann jede Geduldsschwelle und bringt selbst ein Drone Doom gewöhntes Gehör zum revoltieren.
Wer sich beim Erspähen der Sängerin und Ehefrau des Frontmannes Stephanie im Booklet schon sabbernd auf ein paar Arien á la Tristania oder Therion freut wird mehr als nur enttäuscht. Ihre Stimme taucht kein einziges mal wirklich hörbar auf und sie fristet ihr Dasein auf "The Whore And The Bride" einzig und allein am Bass.
Ganz ehrlich, "The Whore And The Bride" ist kein Morgenstern am Weihnachtsabend. Musikalische Erfahrung ist vorhanden, die Technik wird sehr gut beherrscht, trotzdem – langweilig und ohne Höhepunkte, monoton, gefühlskalt und eine Atmosphäre wie beim Gottesdienst.
Das führt direkt zum richtig interessanten Teil der Platte - den Texten und dem Hintergrund. Kurz gefasst geht es bei Synnöve immer um den unbedeutenden Einzelnen vor Gott, das Leid der Welt und Sündern, die letzten Endes allesamt vor der Gnade des Heilands erstarren und dem Kreuze frönen. Zugegeben, über die interpretatorischen Möglichkeiten der Texte kann man noch streiten. Forscht man aber mal ein wenig nach, was es mit diversen Anmerkungen im Booklet auf sich hat, wird schnell deutlich, das die gefahrene Jesus-Schiene absolut ernst gemeint ist. Demnach sympathisieren Synnöve mit einem christlichen Biker-Club namens "God Squad" (ich stelle mir dabei Priester in langen Gewändern auf Mopeds vor) und die Bandmitglieder richten Danksagungen an Gott und ihre jeweiligen Gemeinden.
Das beste kommt trotzdem immer zum Schluss: Sänger Brad Bessel kommt Ende August in den Genuss der Priesterweihe bei der "Communion of Evangelical Episcopal Churches" die er sogar von einem Bischof entgegennehmen wird. Seine Aufgaben bestehen zukünftig darin (kein Scherz) "[...] das Evangelium in extreme Subkulturen zu bringen, sie in eine Beziehung zu Jesus Christus zu geleiten und ihnen zu helfen, Gottes Absichten für ihr Leben zu erfüllen." (C.E.E.C. – Homepage)
Bei Brad Bessel handelt es sich also um einen waschechten, kirchlich anerkannten Metal-Missionar. Ich frage mich, ob man Synnöve auch auf Gottesdiensten der Gemeinden spielt und ob Brad mit seinem Corpsepaint zur Priesterweihe erscheint (mit dem er übrigens aussieht wie Nicholas Barker).
Mit den vorliegenden Informationen über die Band könnte man noch Seiten über Seiten füllen, was ich mir aber sparen werde. Das wichtigste ist gesagt, auf den Weg mitzugeben ist der Leserschaft vielleicht noch Folgendes: Wer sich "The Whore And The Bride" der Musik wegen zulegen will, sollte lieber auf altvordere Bands der Genres Doom, Black oder Death zurückgreifen. Der Markt bietet wesentlich bessere Scheiben, selbstverständlich auch Neuerscheinungen, als es bei der aktuellen von Synnöve der Fall ist. Wer sich hingegen gern missionieren lässt, auf starke christliche Einflüsse steht und gelegentlich ein paar augenscheinlichen Satanisten hinterherhetzt, darf es nicht verpassen die unscheinbare Sparte des Unblack Metal durch den Kauf von "The Whore And The Bride" zu unterstützen.
Albuminfo
Punkte |
2/5 |
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Label |
Soundmass |
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Veröffentlichung |
8/2008 |
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Format |
CD |
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Land |
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Genre |
Black Metal |