Cradle Of Filth trifft auf Children Of Bodom.

Dieser Satz liest sich erstmal recht seltsam (Allerdings! Anm. d. Red.). Aber wenn man sich Lost Dreams neuestes Album "End Of Time" anhört, wird man die Ähnlichkeiten zu beiden Bands nicht abstreiten können (Naja... Anm. d. Red.). In erster Linie liegt dies an den Riffs, welche die Österreicher auf den vorliegenden Silberling bannten. In schnelleren Passagen klingt das Ganze so ungestüm wie Children Of Bodom und wenn sie das Tempo etwas drosseln kommen die typischen doppelstimmigen Gitarren zum Einsatz, wie sie es eben bei Cradle Of Filth auch gern mal eingesetzt werden. Da sich die grosse Mehrheit der Leser zu diesem Zeitpunkt schon eine Meinung zur Musik von Lost Dreams gemacht haben wird, ohne auch nur einen Song gehört zu haben, verabschiede ich diese nun herzlich und widme mich den Musikliebhabern, die sich nicht zu schade sind, um gute Musik zu hören, so verpönt sie sein mag.

Hier mal ein paar "Facts" aus dem Promozettel: "Soundgewitter aus Melodie-, Groove- und Highspeedparts, gespickt mit abgrundtiefen Grouwls, aggressiven Screams und eingängigen Gesangslinien (sic)".

Da wir hier ja sehr akribisch sind, werden wir jeden der angegebenen Punkte natürlich genauestens unter die Lupe nehmen. Immerhin sollte die Werbung weder zu viel noch zu wenig versprechen.

Melodie ist sicher ein zentrales Stichwort, nicht umsonst bezeichnet man das hier dargebotene Genre als Melodic Death Metal. Somit wäre der trivialste Teil schon mal abgehakt und für wahr befunden worden. Weiter geht es mit dem Groove. Groove ist immer so eine Sache. Groove ist etwas, das ich persönlich immer gerne mit Lamb Of God assoziiere, weil es halt grooved. Und das tut es auf "End Of Time" leider überhaupt nicht. Ternäres Musizieren? Fehlanzeige. Die meiste Zeit bleibt man seinen geraden Achteln und Sechzehnteln treu. Mit etwas Glück streut man ab und an mal eine Triole rein, aber das war es dann auch schon mit dem Groove. Highspeedparts. Ja, die kennen wir. Das sind die Teile, bei welchen dem Schlagzeuger irgendwann die Arme abfallen, während sich die Saiten der Gitarre dem Musikanten schon zentimetertief in die Fingernägel gegraben haben, weil sich das Plektrum entweder ob der Geschwindigkeit schon aus der Hand verabschiedet hat, oder seinen Aggregatzustand von fest zu flüssig bzw. gasförmig verändert hat. Der Bassist hat derweil damit zu kämpfen, seine Saiten mit den kleinen Stummeln, die mal seine Finger waren, weiter zu malträtieren, während der Sänger schwitzend am Mikro zusammenbricht, weil er die Worte nicht schnell genug aus dem Schädel bekommt. Das ist Highspeed. Und das suche ich auf dem ganzen Album eigentlich vergeblich. Klar gibt es auch mal ein paar flottere Abschnitte, aber mehr ist das auch nicht. Obwohl, im Vergleich zur sonst recht gemächlichen Gangart könnte man doch dazu verleitet werden, es als Highspeed zu bezeichnen.

Die abgrundtiefen "Grouwls" (ob damit wohl Growls gemeint sind? Man weiss es nicht...) sind dafür schon eher an dem dran, was versprochen wurde. Ebenso die "aggressiven Screams und eingängigen Gesangslinien" sind da und können eigentlich recht gut überzeugen. Was leider auch das einzige auf dem ganzen Album ist. Rein musikalisch ist es nämlich allerhöchstens Durchschnitt. Man bekommt höchst selten mal wirklich atmosphärische Teile zu hören oder wenigstens etwas, das vor Aggressivität nur so strotzt. Der Rest bewegt sich irgendwie auf sehr schwachem Cradle-Of-Bodom-Niveau und leider gibt es beide Bands schon, so dass man beim Nichtkauf höchstens den guten Sänger verpasst, aber ein Sänger allein macht eben noch kein gutes Album.

Viel bleibt dazu eigentlich nicht mehr zu sagen. Was mich auch etwas stört, ist die Tatsache, dass eine Band, die seit 1992 besteht, es fertig bringt, gerade mal 3 Alben aufzunehmen und sich trotz der Erfahrung, die man nach 16 Jahren erwarten dürfte, auf sehr durchschnittlichem Niveau bewegt. Lost Dreams beherrschen ihre Instrumente, keine Frage, und sie können auch gut aufnehmen, immerhin taten sie dies im Bandeigenen Studio - wobei sie dem Mix doch lieber dem Grossmeister Fredrik Nordström überliessen, was man durchaus heraus hört - aber in einer so langen Zeitperiode dermassen wenig zu schaffen und dann so etwas serviert zu bekommen ist nicht die feine englische Art. Noch weniger, wenn das Ganze eine knappe Stunde Spielzeit in Anspruch nimmt. Vielleicht wird es mit dem nächsten Album etwas, aber mit "End Of Time" werden sie wohl eher im qualitativen Mittelfeld des Melodic Death Metal mitmischen. Als die neuen At The Gates oder In Flames werden sie sicherlich nicht gelten.

Albuminfo

Punkte

 

3/5

Label

Reartone Music

Veröffentlichung

2/2008

Format

CD

Land

Genre

Death Metal