Versetzen wir uns eine Dekade zurück in die Mitte der neunziger Jahre. Damals traten zwei englische Black Metal-Formationen mit ihren Erstlingswerken ins Interesse der Öffentlichkeit - Cradle Of Filth mit "The Principle Of Evil Made Flesh" und Thus Defiled mit "Through The Impure Veil Of Dawn". Was aus Cradle Of Filth geworden ist, wissen wir - Superstars der Schwarzmetallszene. Thus Defiled hingegen versteckten sich Zeit ihres Daseins im Untergrund und auch Nachfolgewerke wie "Wings Of The Nightstorm" blieben stets ein Geheimtip. Der Grund für diesen Exkurs in die britische Metalhistorie ist das erste Lebenszeichen einer nagelneuen und taufrischen Mannschaft von der Insel, die zwar keinen nagelneuen und taufrischen Black Metal spielt, jedoch in vielen Belangen das Frühwerk der beiden Vorgenannten aufgreift und besonders in die Fussstapfen von Thus Defiled tretend in das dritte Jahrtausend transferiert.

So eröffnet "Hellish Figurines" mit einem kurzen aber knackigen orchestralen Intro, danach folgen fünf kraftlos aber gut produzierte Stücke, die es, anstatt vor sich hin zu plätschern, doch tatsächlich schaffen, etwas wie eine variantenreiche Atmosphäre zu kreieren. Die Vorbilder aus dem eigenen Land sind bereits benannt, desweiteren scheinen einige Passagen direkt aus Norwegen importiert worden zu sein und auch rockige Einflüsse finden stellenweise Einlass in die Klangmagie des Bruderpaares Dokkalfur und Ljosalfur, die sich hinter Primitive Graven Image verbergen. Exquisit in Szenen gesetzt werden die Gitarren und Trommeln, was der Platte das Prädikat "gut zu hören" verleihen würde, wäre da nicht der auf Dauer etwas nervende da mit Hall versehene Kreischgesang, welcher den mal treibenden, mal verträumten Melodieläufen einfach nicht so recht auf den Leib geschneidert worden zu sein scheint. Als Anspieltip und Repräsentant des Albuminhaltes geeignet möchte ich den Schlusstitel "Blood Red Heart" nennen, der neben einer Fülle von brückenlosen Tempowechseln auch ein wunderschönes und leider sehr knappes Flötenoutro beinhaltet, welchem es jedoch an Länge fehlt um als echter Einschlag aus der Nische des Folk Metal durchgehen zu können. Da ich sowohl dem Beiblatt als auch der bandeigenen Internetseite auch nach mehrmaligem Durchlesen nicht allzuviele Informationen abringen kann, bleibt es mir leider verwährt, Geschichte und Zukunftspläne der Briten eingehender zu beleuchten - es bleibt also abzuwarten, inwieweit uns weitere Veröffentlichungen der beiden Akteure ins Haus stehen.

Als Fazit bleibt die Erkenntnis, dass sich mit Primitive Graven Image eine weitere überdurchschnittlich fähige Formation aufmacht, ihren Platz im Sektor Schwarzmetall einzunehmen und höchstwahrscheinlich auch in den kommenden Jahren von sich hören lassen wird. "Hellish Figurines" ist meines Wissens nach in unseren Breiten recht schwer erhältlich, wäre aber in jedem Falle eine lohnenswerte Anschaffung für Freunde des eher leichten und nicht allzu aggressiven Black Metal. Die beiden Musikanten beherrschen ihr Handwerk jedenfalls vorzüglich und mit etwas mehr Unterstützung seitens der Plattenfirma in Sachen Produktion und Promotion sollte der nächste Langspieler doch verstärkt Einzug in die einschlägigen Mailorder finden.

Albuminfo

Punkte

 

3/5

Label

Open Grave Records

Veröffentlichung

9/2006

Format

CD

Land

Genre

Black Metal