Man kann über Phil Fasciana und sein, ähem, gesundes Selbstvertrauen sagen, was man will, aber sein Durchhaltevermögen hat Respekt verdient. Malevolent Creation standen 1992 kurz davor, in die absolute Oberliga der Death Metal Szene aufzusteigen, als sie ihr zweites Album "Retribution" veröffentlichten, eine Platte, die sich über die Jahre als eine der einflussreichsten Veröffentlichungen des Genres entpuppt hat und den typischen Florida Stil entscheidend mitdefiniert hat. Fasciana und seine Jungs hätten also locker so gross werden können wie es heute Morbid Angel und Cannibal Corpse sind, aber irgendwie ging danach alles schief - der nächste Longplayer, "Stillborn", litt unter einer misslungenen Produktion und der indiskutablen Gesangsleistung von Brett Hoffmann. Dieser hatte mit argen Alkoholproblemen zu kämpfen und wurde schliesslich gefeuert. Es folgten zwei brauchbare Scheiben, die aber irgendwie nicht nach Malevolent Creation klangen, da die charakteristische Stimme von Hoffmann fehlte und der Gitarrensound völlig daneben war, und Jason Blachowicz glänzte nicht nur durch eine miese Gesangsperformance, sondern auch durch rassistische Entgleisungen und wurde schliesslich von Fasciana höchstpersönlich verprügelt und aus der Band geschmissen. Damit hatten Malevolent Creation wohl ihren absoluten Tiefpunkt erreicht, aber man holte Brett Hoffmann zurück, stellte ein neues Lineup auf die Beine, und Rob Barrett, der wohl entscheidend dafür mitverantwortlich gewesen sein dürfte, dass "Retribution" so ein Killer war, kehrte ebenfalls von seinem Ausflug zu Cannibal Corpse zurück. Es folgte "The Fine Art of Murder", das Album, das eigentlich nach "Retribution" hätte erscheinen müssen, und man durfte wirklich damit rechnen, dass es für die Band endlich wieder mal bergauf gehen würde, aber die darauffolgende Europatour geriet zu einem einzigen Desaster, und es war einmal mehr allerorten zu lesen, dass es mit Malevolent Creation wohl langsam aus und vorbei ist.

Nichts da. Sie sind zurück, mit ihrem mittlerweile siebten Album und zum ersten Mal mit dem gleichen Lineup, das schon das Vorgängeralbum eingespielt hat. Und das hört man auch. Anders als bei so ziemlich allen bisherigen Malevolent Releases ist hier ein eingespieltes Team am Werk, dass sich offensichtlich wohlfühlt. Jedes Riff, jedes Break sitzt perfekt und geht genau dahin, wo's wehtut (Amideath tut immer weh - Anm. d. Red.). Stilistisch hat man sich im Gegensatz zu "The Fine Art of Murder" wieder auf die wesentlichen Stärken beschränkt - es gibt weder Balladen noch Sprechgesang noch irgendwelches Elektrozeugs, dafür hat man sich von allen bisherigen Alben die besten Stilelemente herausgepickt und vermischt diese geschickt zu einem hochexplosiven Cocktail. So gibt es auf "Envenomed" Stakkatoriffs, wie sie die Band seit "The Ten Commandments" kaum noch gebracht hat, die mörderischen Grooveriffs, die "Retribution" zum Klassiker gemacht haben, die griffigen Melodieriffs von "Eternal" und die kompromisslosen Hochgeschwindigkeitsblasts von "In Cold Blood", und über all dem thront wieder die unverkennbare Stimme von Oberpsychopath Brett Hoffmann. Abgerundet wird das Ganze von der wahrscheinlich besten Produktion, die Malevolent Creation je hatten. Da stimmt einfach alles - die Gitarre sägt, der Bass pumpt, das Schlagzeug bollert.

Das Songmaterial erscheint ebenfalls wesentlich verbessert. "The Fine Art of Murder" mag für alle Fans der ersten beiden Scheiben (also zum Beispiel für mich, hüstel) wie eine Erlösung geklungen haben, aber irgendwie fehlte es dem Album an zündenden Ideen, was man dann wohl durch die bereits erwähnten Gimmicks wettmachen wollte. Ausserdem war die Scheibe entschieden zu lang und voller Füller. Diesmal gibt's die volle Palette von kurzen Knüppelsongs wie dem Opener "Homicidal Rant" über typische Endlosriffmassaker im "Retribution" Stil wie "Night of the Long Knives" bis zu Midtempokillern wie das göttliche "Pursuit Revised". Etliche Riffmuster aus längst vergessenen Tagen werden wieder mobilisiert, und man hat beim überwiegenden Teil der Songs das Gefühl, dass die Band förmlich übersprudelt mit Ideen, anstatt wie auf den letzten beiden Scheiben einfach die Zeit vollkriegen zu müssen.

Nur leider gibt's auch den einen oder anderen Füller. Vier der Songs funktionieren eigentlich genau nach dem gleichen Schema - schneller Anfang, grooviger Mittelteil - und so wirken mindestens zwei davon überflüssig. "Kill Zone" kommt mit seiner eigenartigen Mischung aus fast schon Black Metal mässigen Hummelriffs und dem Moshpart im Hatebreed Stil noch einigermassen originell rüber, aber "Conflict" und insbesondere das strunzlangweilige "Viral Release" wirken doch eher lieblos zusammengeschustert. Nun mag manch einer finden, dass bei einer Gesamtspielzeit von etwa 40 Minuten keine Füller auf einem Album sein sollten, aber ohne diese beiden Tracks wäre "Envenomed" immer noch über 30 Minuten lang, und länger war damals "Retribution" auch nicht, und erinnert Euch - "Reign in Blood" war sogar noch kürzer. Solche Prügelscheiben müssen auch gar nicht länger sein.

Unterm Strich also ein überwiegend hochklassiger Hassklumpen fiesesten Death/Thrashs, perfekt produziert und gespielt von absoluten Meistern der Knüppelmusik. Einmal mehr verweisen Malevolent Creation 90% der Konkurrenz in ihre Schranken und zeigen so mancher Möchtegerntruppe, die ausser Blastbeats nix auf der Pfanne hat, wie man richtig brutale Musik macht. Bleibt nur zu hoffen, dass die hohe Qualität dieses Releases jetzt endlich mal honoriert wird und sich Malevolent Creation mit diesem Album endlich den Platz in der Szene erkämpfen können, der ihnen schon seit acht Jahren zusteht. Also rennt schon los und kauft das verfluchte Ding!

Albuminfo

Punkte

 

0/5

Label

Pavement

Veröffentlichung

6/2001

Format

CD

Land

Genre

Death Metal