Betrachten wir die ganze Sache mal etwas genauer. Die Black Metal Szene dürfte seit Enthrone Darkness Triumphant sowieso nicht mehr zur Hauptzielgruppe der Dimmu Borgir Käuferschicht gehören. Dieses Album hatte eine Welle losgetreten, die wohl niemand so voraussehen konnte. Plötzlich schossen melodic Black Metal Bands (ui, er hat's schon wieder gesagt) wie Pilze aus dem Boden und überschwemmten die Hörerschar mit allerlei Trürülü und Dideldi, sodass ein schlussendlicher, eigenverursachter Overkill dieser Bewegung vorprogrammiert war.
Seit der letzten Dimmu Borgir Veröffentlichung Spiritual Black Dimensions stehen die Superstars mehr denn je im prüfenden Rampenlicht. Vorbereitet war dieser Release durch eine EP namens Godless Savage Garden worden, eine Scheibe, die irgendwie niemand so recht gebraucht hat, da sind sich wohl alle einig. Doch nun liegt das neue full-lenght Album Puritanical Euphoric Misanthropia vor, worauf alle (Interessierten) gespannt gewartet haben, denn Spiritual Black Dimensions war unterm Strich nicht in der Lage gewesen, die komplette Dimmu Borgir Anhängerschaft vollends zu überzeugen. Schwamm drüber, das ist lange her, und Dimmu Borgir haben ganz offensichtlich auch dazugelernt. Auf den neuen Promophotos gibt man sich zwar komplett in schwarz gekleidet, verzichtet aber auf Kriegsbemalung, Vampirgehabe oder nackte Frauenkörper, wohl um die Black Metal Szene nicht ein weiteres Mal zu provozieren. Auch das Besetzungskarussell hat sich kräftig gedreht, und unter anderem stehen nun mit Galder von Old Man's Child und Simen, der den Job bei Borknagar mittlerweile vollständig geschmissen hat, 2 durchaus prominente Mitmusiker in den festen Diensten der umstrittenen wie auch erfolgreichen Band aus dem hohen Norden.
Das Ergebnis ist allerdings erschreckend ernüchternd. Abgesehen von zahlreichen Keyboardspielereien und Orchestereinsätzen im Stile der uralten schwarz-weiss Horrorfilme scheinen Dimmu Borgir keine neuen Ideen gehabt zu haben. Zwar sind die 11 Eigenkompositionen allesamt handwerklich perfekt umgesetzt worden, doch das alleine reicht für einen Superact natürlich nicht. Trotz der vielen, altbewährten Tempowechseln und den melodischen Gitarren hört sich alles ziemlich ähnlich an, und eine grossartige Weiterentwicklung hat seit Spiritual Black Dimension auch songwriterisch nicht stattgefunden. Lediglich Indoctrination und The Maelstrom Mefisto lassen mal kurz aufhorchen, aber ein Mourning Palace oder A Succubus in Rapture werdet Ihr auf Puritanical Euphoric Misanthropia nicht mehr finden. Abgesehen davon könnte bei einigen überstrapazierten Blastpassagen der Eindruck entstehen, dass es sich hierbei um irgendwelche Alibiübungen handelt, um nicht die "Weicheier-Nummer" angehängt zu bekommen. Die abschliessende Twisted Sister Coverversion Burn In Hell ist ganz in Ordnung, rettet die Platte aber natürlich auch nicht mehr. Puritanical Euphoric Misanthropia ist ein Album, das an einem vorbeidudelt und reichlich unspektakulär erscheint. Offensichtlich und zu meiner persönlichen Enttäuschung haben die Dimmu Kritiker doch Recht gehabt. Das kreative Potential der Band scheint schon nach Enthrone Darkness Triumphant erschöpft gewesen zu sein. In der Tat harte Worte, Leute. Ich wünschte, mir würde was anderes zu dieser Platte einfallen, das könnt Ihr mir glauben. Aber eine Band auf dieser hohen Popularitätsstufe muss es einfach schaffen, Album für Album neue Akzente zu setzen, sonst gehört sie da oben einfach nicht hin. Verkaufen wird sich Puritanical Euphoric Misanthropia aber trotzdem gut. Es sei ihnen gegönnt.
Albuminfo
Punkte |
0/5 |
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Label |
Nuclear Blast |
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Veröffentlichung |
3/2001 |
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Format |
CD |
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Land |
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Genre |
Metal |