Das kleine Örtchen Obersinn liegt an der nördlichen Landesgrenze Bayerns, präzise gesagt in Unterfranken, und ist alljährlicher Schauplatz des neben dem Up From The Ground in Gemünden und dem Queens Of Metal in Kleinwenkheim dritten Schwermetallfestivals dieser Region, dem Eisenwahn an der Eisenbahn-Fest.
Ebenfalls in Unterfranken beheimatet und in den letzten beiden Jahren leider nicht in der Lage, mir das Metal-Spektakel zu Gemüte zu führen, wollte ich die diesjährige dritte Auflage keinesfalls versäumen und machte mich am Freitag, den 28.07. trotz schlechter Wettervorhersage frohen Mutes auf zum quasi vor meiner Haustür gelegenen Event.
Dort angekommen verschaffte ich mir zunächst einen Überblick über die örtlichen Gegebenheiten, wobei der grosszügige und da kostenfrei stark frequentierte Campingplatz sowie das nur hundert Meter entfernt gelegene, geräumige eigentliche Festivalgelände auf den ersten und auch den zweiten Blick einen sehr guten Eindruck machte.
Zwar gab es hie und da diverse kleine Problemchen wie beispielsweise das zeitweilig nicht ausreichende Vorhandensein von Mobiltoiletten oder Unstimmigkeiten bezüglich der an der Kasse bereitgehaltenen Gästeliste, wirkliche Probleme jedoch blieben den Veranstaltern in diesem Jahr wohl weitestgehend erspart.
Im Vorfeld hingegen waren die Organisatoren nicht vor wirklichen Problemen verschont geblieben, was sich besonders in der Vielzahl von Bandabsagen widerspiegelte, die es zu managen galt. So musste man noch am ersten Festivaltag zwei nur wenige Stunden vorher völlig überraschend eintreffende Absagen hinnehmen (neben Betrayal konnten auch Asterius ihren Auftritt nicht wahrnehmen) und mit kühlem Kopf die Running Order den neuen Umständen anpassen, was ohne grössere Turbulenzen von Statten ging.
Weiterhin positiv auffallend war die Einteilung der vielen fleissigen Helfer, die sich unermüdlich um wichtige Aspekte wie unter anderem die Platzsicherheit, den Kartenverkauf sowie die Nahrungsaufnahmestätten kümmerten. Selbstverständlich waren auch einige Mailorder, Plattenlabel und Vertriebe mit einem Verkaufsstand auf dem Gelände vertreten, wobei vorrangig die Jungs von Wolf's Lair aus dem schönen Norwegen durch ihre heitere und äusserst unaufdringliche Verkaufspolitik auf sich aufmerksam machten.
So begann der Nachmittag des ersten Eisenwahn-Tages vor einer beeindruckenden Naturkulisse: Obwohl sich der angekündigte Regen noch zurückhielt, durchzuckten doch ständig grelle Blitze den grauen Taghimmel über der Freiluftbühne, was einen genialen Effekt für die Auftritte der ersten an den Start gehenden Formationen darstellte.
Da ich aus zeitlichen Gründen leider nicht alle Auftritte an beiden Tagen miterleben konnte, erstrecken sich nachfolgende Anmerkungen zu den einzelnen Bands nicht auf das gesamte Billing.
Freitag, erster Tag:
Kromlek: Äussert hörenswerter Pagan Metal und animierende Bühnenshow. Diese Truppe hätte auch einen Spot am Abend bestens gefüllt. Nicht zuletzt wegen des frühen Auftrittes am Nachmittag warnur wenig Betrieb vor der Bühne.
Helfahrt: Und gleich nochmal Tonmaterial aus der heidnischen Ecke, diesmal aber mit Einsatz der Blockflöte. Die Süddeutschen machen gewaltig Stimmung und locken einige Damen und Herren an den Zaun.
Sumpfbold: Mit ihrer Mischung aus Death und Grind bereichern die Würzburger seit Jahren die regionalen Festivals. Hier wird das Maschinengewehr ausgepackt und kompromisslos zugeschlagen. Leider trifft nun tatsächlich der angekündigte Wolkenbruch ein und sorgt für eine kurzfristige Massenflucht vom Festivalgelände.
Wolfchant: Einige zähe Headbanger haben im Regen ausgeharrt und erleben das Set der Newcomer mit Begeisterung. Pagan Metal der Oberklasse - Respekt! Nach und nach verschwinden auch die Wolken und der Himmel klart wieder auf.
Defloration: Todesmetall der besonders brutalen Sorte bringen die mir bisher unbekannten Herren von Defloration mit. Die Bühnenschlacht schlägt man tapfer und entschlossen, jedoch ohne grosse Höhepunkte. Während der soliden Vorstellung trete ich noch vor den anstehenden Suidakra und Equilibrium den geordneten Rückzug an.
Samstag, zweiter Tag:
Sycronomica: Nachdem mir die ersten vier Auftritte entgangen sind, treffe ich rechtzeitig zur Show der Münchner Schwarzmetaller ein, die gute aber recht glanzlose Arbeit abliefern. Wenige müde Gestalten haben bisher den Weg aufs Festivalgelände gefunden, was der Stimmung etwas Abbruch zu tun scheint.
Lyfthrasyr: Sehr engagiert zeigen sich die Finsterlinge von Lyfthrasyr, deren Existenz sich bislang meiner Kenntnis entzog. Toller melodischer Black Metal der Appetit auf mehr macht und eine geeignete Visitenkarte für zukünftige Live-Gigs dieser Mannschaft.
Gardens of Gehenna: Für Abwechslung sorgen diese Herren nebst mitgebrachter Dame, die sich durch interessanten da sehr tiefen Gesang hervortut und dem präsentierten Death Doom Metal einen ausgefallenen Anstrich verpasst. Gegen Ende der Aufführung verlasse ich kurz den Ort des Geschehens.
Elexorien: Die Niederländer verstärken sich ebenfalls mit einer weiblichen Stimme und representieren mit ihrem Epic Fantasy Battle Metal eine auf den wenigsten Festivals vertretene Nische der metallischen Musik. Die Dämmerung lockt nach und nach die Leute aus ihren Zelten und im Hinblick auf die folgende Prime Time wird es auf dem Gelände nun zunehmend geselliger.
Final Breath: Die Lokalmatadoren bringen mit ihrer aggressiven Mixtur aus Death und Thrash Metal die grosse Fanschar vor der Bühne zum Kochen und sind der ideale Einheizer für den später folgenden Headliner Eisregen. Zwar fehlt ein Gitarrist und der Basser spielt trotz Erkältung, dennoch ein bärenstarker Auftritt der Unterfranken.
Dorn: Hier wird melodischer Standard-Black Metal geboten. Allmählich strömt der Grossteil der Besucher an die Bühne und erwartet ungeduldig und den Auftritt Dorns eher uninteressiert verfolgend die Hauptband Eisregen.
Eisregen: Der absolute Höhepunkt des Festivals. Gebannt verfolgen die Fans schon den Aufbau vor dem Auftritt. Ab dem ersten Ton kontrolliert Michael Roth die Masse wie ein Magier. Die Thüringer spielen einen Querschnitt ihrer nicht indizierten Alben, darunter Stücke wie "Mein Eichensarg", "Blutgeil" und"Elektrohexe" und sorgen für imposante Stimmung. Nach drei Zugaben verabschieden sich Eisregen und hinterlassen beeindruckte und zufriedene Gesichter.
Death Court: Den ortsansässigen Kameraden von Death Court obliegt das Vergnügen, das nach Ende des Eisregen-Auftrittes ohnehin beinahe vollständig verlassene Festivalgelände leerzuspielen. Da auch ich nach wenigen Takten den Heimweg antrete, entgeht mir die eigenwillige Interpretation des hier servierten Todesmetalls.
Rückblickend auf zwei Tage Eisenwahn 2006 in Obersinn bleibt die Gewissheit, ein gut organisiertes, tolles und lohnenswertes Metal-Festival miterlebt zu haben, welches angesichts der Besucherzahl von geschätzten 2000 Personen auf einen noch erfolgreicheren vierten Teil im kommenden Jahr zusteuert.
Betrachtet man die Liste der teilnehmenden Bands des diesjährigen Festivals, so fällt auf, dass die Veranstalter unter Einbindung einiger Knalleracts verstärkt auf Untergrundkombos setzen, was auf dem Papier womöglich unspektakulär aussehen mag, die Qualität der Darbietungen allerdings keinesfalls schmälert - im Gegenteil. So war es augenscheinlich, dass die Formationen aus dem Untergeschoss den Stars Eisregen und Equilibrium spielerisch nicht nachstehen und teilweise sogar eine Extraschippe Einsatz ins Feuer warfen, um den Fans eine tolle Show zu bieten. Diese Zusammensetzung des Billings sollte auch für 2007 beibehalten werden, wobei man nicht nur Death und Pagan Metal sondern auch die eine oder andere Band aus dem Bereich des Schwarzmetalls anbieten sollte.
Bis zum nächsten Mal beim Eisenwahn-Festival in Obersinn!