Müssen muss man gar nichts, und passen tut's, wenn man
sich auf etwas geeinigt hat, womit alle Leben können. So in etwa läuft das ab,
wenn Somnifere ihre Musik schreiben. Wer sich einmal Audioporn angehört hat,
muss sicherlich eingestehen, dass die 6 Wormser konsequent ihre Vorstellungen
von moderner Metalmusik umsetzen, ohne sich dabei limitieren zu lassen, aber
auch ohne irgendwelche abgedrehten Spinnereien auf Teufel komm raus in die Musik
zu integrieren, nur um sich künstlich von anderen Bands abzuheben. Dass man als
Hörer vielleicht bei den ersten 3 Durchläufen von Audioporn etwas misstrauisch
durch die Gegend schaut, ist dabei durchaus verständlich und auch ok. Ein Grund
mehr, um Carsten Recht zu geben, wenn er sagt, dass es wohl nicht interessant
sein könne, einer Platte zuzuhören, die bereits nach dem zweiten Durchlauf
nichts Neues mehr zu bieten hat. Was der Schlagzeuger von Somnifere sonst noch
zu erzählen wusste, und wie sich 6 Leute auf der Bühne arrangieren, damit sie
sich nicht gegenseitig umrennen, könnt Ihr untenstehend nachlesen. Viel Spass
dabei.
Ihr stammt aus Worms. Das ist sogar uns Schweizern ein Begriff. Aber wo in
Deutschland liegt denn Worms genau?
Carsten: In Süddeutschland, ziemlich genau zwischen Mainz und Ludwigshafen,
Mannheim. Genau in der Mitte eigentlich. Mannheim, Ludwigshafen, BASF, das wird
Dir sicherlich auch ein Begriff sein. Kaiserslauten ist links von uns.
Euer Name ist ein wenig ungewöhnlich, aber schliesslich konntet Ihr Euch
nicht Grave-worms oder sowas taufen, das gibt's schon. Bezüglich des Wortes
Somnifere habe ich eigentlich nur eine englische Uebersetzung für das Adjektiv "somniferous"
gefunden, was soviel wie "einschläfernd" bedeutet. Aber das kann ja wohl nicht
damit gemeint sein.
Carsten: Nein, einschläfernd soll die Musik natürlich nicht wirken. Somniferum
kommt aus dem Lateinischen und steht für einen Hauptbestandteil von Opium. Ein
Rauschmittel also. Und genau das wollen wir mit unserer Musik auch erreichen -
einen Rauschzustand.
Ihr habt als Gothic Metal Band angefangen. Erzähl doch mal etwas über die
Anfangstage von Somnifere.
Carsten: Begonnen hat eigentlich alles mit unserem Gitarristen Alex und mir. Wir
haben die Band gegründet. Damals hatten wir noch einen Bassisten und Sänger, der
dann aber nach unserem ersten Auftritt gegangen ist.
Nach Eurem ersten Auftritt?
Carsten: Ja, das war damals mit Hate Squad. Da haben wir zum ersten Mal gemerkt,
was das eigentlich für ein Chaot ist, unter anderem wegen seinen rechten
Sprüchen auf der Bühne und sowas in der Art. Unser Gitarrist ist damals von der
Bühne gegangen. Ich selbst habe das nicht mal mitbekommen. Der war einfach
irgendwann weg. Aber diese Erfahrung hat uns schlussendlich auf den richtigen
Weg gebracht. Zu der Zeit waren unser heutiger Keyboarder und der zweite
Gitarrist schon mit dabei. Unser jetziger Sänger und der Bassist kamen dann
eigentlich direkt im Anschluss zu uns. Im Prinzip entstand Somnifere aus zwei
verschiedenen Bands, aus Abortion und Eyefore.
Ihr habt Eure Platte Audioporn genannt. Steht das Wort "porn" für das
hemmungslose Zusammenmischen verschiedener Stilarten oder wie soll man das
verstehen?
Carsten: So kann man es eigentlich treffend beschreiben. Der Begriff "porn" soll
für die Vielfältigkeit und auch die Unmöglichkeit, die wir in unsere Musik
teilweise packen, stehen. Und "audio" steht natürlich für die Musik selbst.
Macht Ihr Euch ab und zu Gedanken darüber, dass Ihr mit Eurer Vielfalt
eventuell auch eine Leute überfordern könntet?
Carsten: Ja, das kann durchaus sein. Allerdings versuchen wir schon, unsere
Lieder so aufzubauen, dass man sie bereits im ersten Durchgang verstehen kann.
Ich denke, dass es heutzutage schon schwer genug ist, nur einfach richtig Musik
zu hören, da die Leute keine Zeit haben. Ich mag es aber selbst nicht, wenn ich
mir eine Platte anhöre, bei der ich schon nach dem zweiten Durchgang feststellen
muss, dass ich darin nichts mehr Neues entdecken kann. Ich denke aber nicht,
dass wir ZU sehr überfordern. Eine gewisse Geradlinigkeit und entsprechende
Songstrukturen kann man sicherlich schon noch erkennen.
Ihr kommt in den Songs auch immer wieder zu Eurem groovigen Metal zurück, an
dem man sich dann notfalls zurückorientieren kann.
Carsten: Ja. Neben dem Groove versuchen wir auch, Refrains zu schreiben, die ins
Ohr gehen, wie beispielsweise bei Nevermore oder Demon. Diese Titel sind vom
Songaufbau her eigentlich typische Lieder. Wir versuchen aber auch hier, die
Stücke mit einer gewissen Spannung aufzubauen und etwas hineinzumixen, damit sie
sich dann eben doch nicht ganz so normal anhören.
Gibt es auch irgendwelche Grenzen, die Ihr Euch selbst setzt? Etwas, von dem
Ihr sagt: "Nein, das kommt nicht in unsere Musik rein?" Trotz aller Kreativität?
Carsten: Das gibt es schon. Ich denke nicht, dass wir irgendwann mal ein Black
Metal Lied schreiben werden. Wir probieren ziemlich viel aus, aber einen
Reggae-Part wird man bei uns beispielsweise sicherlich nicht finden. Ein solches
Stück haben wir übrigens bereits schon mal verworfen.
Besonders gefallen haben mir gewisse Keyboard Sounds, die mich etwas an die
80er Jahre Popsounds erinnern. Interpretiere ich da nur etwas hinein oder ist
Euer Keyboarder ein Fan von solchen Klängen?
Carsten: Unser Produzent hatte eine Groovebox im Studio stehen, die uns sehr
gereizt hat, vor allem auch unseren Keyboarder. Daraufhin haben wir natürlich
ziemlich viel damit ausprobiert. Bei Stücken, wo das Keyboard sehr dominant
auftritt, zum Beispiel bei Shock Inside, kannst Du den typischen Sound unseres
Keyboarders hören, der uns allen gut gefallen hat, weil dieser eben keiner der
normalen Sounds ist, die im Metal normalerweise verwendet werden.
Bei aller Freundschaft und Harmonie. Mit 6 Leuten in der Band wird es wohl
nicht immer so einfach sein, sich untereinander zu einigen.
Carsten: Ja, man braucht viel Nerven. Es gibt immer wieder heisse Diskussionen
im Proberaum, aber ich denke, wir haben mittlerweile einen Weg gefunden, uns
untereinander zu einigen. Wir spielen jetzt seit 6 Jahren zusammen, und das mit
einem konstanten Line-Up. Man entwickelt dabei nicht nur die Musik weiter
sondern auch das Verständnis füreinander. Wenn jetzt jemand neu in die Band
käme, würde er aber wahrscheinlich durchdrehen. Klar gehen wir da auch
Kompromisse ein. Aber wenn uns etwas nicht gefällt, verwerfen wir meist die
ganze Idee. Wir probieren zuerst daran herum, bis wirklich jeder damit
einverstanden ist und damit Leben kann.
Ein Liveauftritt mit 6 Leuten ist auf kleinen Bühnen sicherlich ein Problem.
6 Leute ist ja nicht unbedingt eine Normalbesetzung für eine Metalband. Rennt
Ihr Euch dabei nicht manchmal gegenseitig um? Ok, Du nicht, Du sitzt ja.
Carsten: Haha. Das ist meistens schon ein Problem, aber bis jetzt haben wir es
immer lösen können, zumal Keyboard und Schlagzeug ganz gut nebeneinander
aufgestellt werden können. Die Jungs vorne müssen sich halt arrangieren. Aber es
ist auch schon vorgekommen, dass unser Sänger in der Gitarre unseres Gitarristen
gehangen hat.
Das ist schlecht für Euren Gitarristen, denn Ralf ist ja ein "ziemliches
Tier".
Carsten: Auch dem tut es weh, wenn plötzlich ein Büschel Haare fehlt, haha.
Outfitmässig habt Ihr ebenfalls keine klaren Strukturen. Da kommt jeder ein
daher, wie er gerade will, was auch ok ist. Seht Ihr Euch in Bezug auf Eure
Musik und auch auf Euch selbst als typische Metalband oder würdet Ihr Euch
anders definieren?
Carsten: Wir sehen uns als Metalband, auf jeden Fall, denn unsere Roots liegen
auch dort. Ich persönlich höre seit etwa 9 Jahren Musik der härteren Gangart.
Ich habe mit Obituary und Anthrax angefangen. Unser Sänger ist jetzt 30 (alte
Säcke wo man geht und steht - Anm. eines Leidensgenossen) und dürfte in Sachen
Metal mittlerweile etwa 15 Jahre auf dem Buckel haben. Durch den Metal haben wir
uns auch kennengelernt. Wir mischen hauptsächlich Metalstilrichtungen zusammen.
Dabei kommen eben auch noch metaluntypische Sachen mit hinein. Aber ich würde
uns, wie schon gesagt, definitiv als Metalband bezeichnen.
Wie seid Ihr denn bei Massacre ohne Aexte, Kriegerrüstungen und Hairstylisten
untergekommen? Massacre haben ja nicht viele Bands wie die Eure unter Vertrag.
Carsten: Das mit dem Deal an sich ging relativ schnell. Innerhalb von 2 Wochen
haben wir im Studio gestanden. Als die CD fertig war, schienen Massacre
allerdings nicht mehr so begeistert davon zu sein. Dazu kam halt noch, dass
während des letzten Jahres ziemlich viele Bands von Massacre weggegangen sind,
Theatre Of Tragedy oder Atrocity beispielsweise. Daher hatten sich die Leute von
Massacre wohl ein wenig angepisst gefühlt. Unsere CD ist eigentlich schon im
Januar 2000 fertig gewesen, und deshalb haben wir ein bisschen auf glühenden
Kohlen gesessen. Anfänglich war das Verhältnis zwischen uns und Massacre nicht
das beste, aber mittlerweile hat sich das eingespielt, denn Massacre werden auch
erkannt haben, dass unser Stil ein wenig mehr up to date ist als derjenige
dieser Powermetal Bands. Nichts gegen Powermetal Bands, aber ich denke, das hat
man alles schon 1000 Mal gehört.
Es ist eigentlich nicht typisch, dass ein Drummer die Interviews gibt.
Carsten: Der Markus von Crematory macht das ja auch. Ich gebe schon seit unserem
ersten Demo die Interviews. Ich kümmere mich um die Sachen ausserhalb der Band,
daher habe ich das einfach mal beibehalten. Sicherlich gebe ich auch Interviews
an die anderen Jungs in der Band ab. Aber zur Hauptsache mache ich sie selbst.
Du darfst ja während den Konzerten auch nicht sprechen. So gesehen ist das ok.
Carsten: Genau, aber ich habe ja noch die Background Vocals, haha. Wie gesagt,
einen speziellen Grund hat das Ganze eigentlich nicht. Es gibt schliesslich
keinen Anlass, den Anderen in der Band irgendwie den Mund zu verbieten .... oh,
der Sänger schaut mich jetzt ein bisschen böse an, haha.
Wenn Du an die vergangenen Jahre mit der Band zurückdenkst. Was würdest Du
ganz sicher wieder tun und was ganz sicher nicht mehr?
Carsten: Ich würde mir auf jeden Fall wieder genau gleich den Arsch aufreissen
wie ich es in der Vergangenheit getan habe, auch wenn mir manchmal die
Unterstützung meiner Mitmusiker ein bisschen gefehlt hat. Was ich nicht mehr tun
würde, ist, mich teilweise so sehr aufzuregen, wenn gewisse Dinge nicht so
laufen, wie ich sie mir vorgestellt habe.
Somnifere - Platzmangel aufgrund hohen Personalaufkommens
- Details
- Geschrieben von Skoddete
- Kategorie: Interview
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Müssen muss man gar nichts, und passen tut's, wenn man sich auf etwas geeinigt hat, womit alle Leben können. So in etwa läuft das ab, wenn Somnifere ihre Musik schreiben. Wer sich einmal Audioporn angehört hat, muss sicherlich eingestehen...