Man hasst sie oder man liebt sie. Die Rede ist von Mystic Circle, einer Band, die aus dem anfänglichen deutschen melodic Black Metal Sumpf der Orientierungslosigkeit heraus ihren eigenen Stil entwickelt hat...

Man hasst sie oder man liebt sie. Die Rede ist von Mystic Circle, einer Band, die aus dem anfänglichen deutschen melodic Black Metal Sumpf der Orientierungslosigkeit heraus ihren eigenen Stil entwickelt hat. Während es heutzutage nicht mehr viele dieser Formationen gibt, weder in Deutschland noch anderswo, haben Mystic Circle durchgehalten, sich weiterentwickelt und Jahr für Jahr ein Album veröffentlicht. Für die Musik gab es eigentlich meistens recht gute Kritiken, aber wenn es um das Image der Band ging, wurde von der Presse schon mal das eine oder andere harsche Wort über Mystic Circle in Druck gebracht.

Mit The Great Beast präsentieren sich Mystic Circle nicht nur visuell erwachsener und selbstbewusster denn je. Auch auf die Musik hat diese Entwicklung einen Einfluss gehabt, denn das straighte und für Mystic Circle Verhältnisse fast schon unkomplizierte The Great Beast ist gleichzeitig ein klares Statement zur alten melodic Black Metal Vergangenheit, den persönlichen Musikgeschichten und Vorlieben der Akteure sowie zu einem modernen Sound, der dem heutigen Standard der Band entspricht. Aber lassen wir Ezpharess selbst erklären ...

Mit The Great Beast habt Ihr wieder einmal pünktlich wie die Maler und wie jedes Jahr ein neues Album abgeliefert, obwohl nach Infernal Satanic Verses zwei langjährige Mitstreiter der Band den Rücken gekehrt haben, Aaarrrgon und Isternos. Hat Euch das nicht zurückgeworfen?

Ezpharess Das war für uns schon ein Umbruch, für mich speziell wegen Aaarrrgon, der mich ja 1998 in die Band geholt hat, quasi am 1.1., was gleichzeitig ein diabolisches Datum für mich darstellte, denn es war gerade 7 Jahre her, dass ich angefangen hatte, professionell Musik zu machen, und es war toll, endlich bei einer "richtigen" Band zu sein. Daher stimmte mich der Weggang von Aaarrrgon schon etwas traurig, aber er wollte eben härteren Black Metal spielen. Da musste man natürlich einiges neu aufbauen. Zwischenzeitlich habe ich die Band in gewissen Dingen wieder mehr auf Vordermann bringen können. Ich habe diesbezüglich von Aaarrrgon eigentlich alles übernommen, beispielsweise die Layouterjobs, die er gemacht hat. Wir bekommen diesen Umbruch aber natürlich noch immer zu spüren, da es schwierig ist, einen neuen Drummer zu finden, der es wirklich drauf hat und zudem auch menschlich in Ordnung ist.

Ihr seid dann bei der Suche nach einem Drummer gleich auf zwei Leute gestossen, Raziel und Blizzard. Wer hat das Rennen gemacht?

Ezpharess Raziel ist der neue Drummer der Band, und er hätte eigentlich auch die folgende Tour spielen sollen. Allerdings studiert er noch und hat zur Zeit wichtige Klausuren. Da die Tour ziemlich lange dauern wird, sollte nun Blizzard den Part übernehmen. Der wurde aber mittlerweile von der Bundeswehr eingezogen. Daher haben wir momentan einen Ersatzdrummer aus Berlin.

Isternos ist ebenfalls weggegangen. Nach Kriegsgötter II, oder?

Ezpharess Aaarrrgon und Isternos sind gleichzeitig weggegangen, im Oktober 1999, nach dem Release von Infernal Satanic Verses. Kriegsgötter II war eigentlich ein Abschiedsgeschenk gewesen, auch an die alte Plattenfirma Last Episode. Die Idee dazu stammte von Aaarrrgon.

Ohne Isternos bist Du ja alleine als Gitarrist. Werdet Ihr in dieser Besetzung die Tour durchziehen? Seht Ihr Euch für die Zukunft nach einem Neuen um?

Ezpharess Wir haben überlegt, ob Baalsulgoor die zweite Gitarren übernehmen soll, da er dieses Instrument auch gut spielen kann, und ob wir dazu einen Keyboarder suchen sollen. Vielleicht aber auch einen zweiten Gitarristen. Das ist halt auch etwas stimmungsabhängig. Gerade die neuen Songs haben einen fetteren Gitarrensound bekommen, weil ich wieder vermehrt diesen klassischen Metalanschlag spiele, das heisst, dabei mit der Hand die Saiten abzudämpfen, da mich diese Spielart ohnehin schon immer fasziniert hat. Hinter The Great Beast stand auch die Idee, die Scheibe wieder ein bisschen mehr in die Richtung des klassischen Metalbereiches zu schieben. Wir schauen jetzt halt mal, wie das live mit einer Gitarre rüberkommt. Klar, mit zwei Gitarren klingt das natürlich immer besser. Damit erzeugst Du mehr Druck. Aber es kommt eben auch auf den Soundmixer an. Wenn der etwas von seinem Job versteht, kommt eine Band auch mit nur einem Gitarristen super rüber. Wenn ich die Solos spiele, fehlt sicherlich die Rhythmusgitarre. Die wird dann allerdings aber wieder durch den fetten Bass und das Keyboard ersetzt.

The Great Beast bietet wieder die typischen Mystic Circle Qualitäten, aber die Songs wirken dieses Mal sehr viel einfacher gestrickt. Habt Ihr das bewusst forciert?

Ezpharess Ja, das war schon bewusst, denn wir wollten kompakte Songs schreiben. Morgenröte war ebenfalls relativ einfach aufgebaut, aber bei Drachenblut ging's dann schon mehr los in Richtung Tiefgang, da wir auf diesem Album die Nibelungen Sage musikalisch umgesetzt haben. Dabei haben wir pro Songs ungefähr 12 Riffs verbraten, und das endete am Schluss gesamthaft bei 75 bis 80 Riffs. Besonders am Anfang war es schwierig für mich, mir diese alle zu merken, obwohl sie sehr einfach zu spielen waren. Infernal Satanic Verses ging mehr in die satanische Ecke, war aber auch als Konzeptalbum gedacht. Dort haben wir aber auch schon vermehrt die metaltypischen Abschläge bei den Gitarren eingebaut. Doch unterm Strich hat diese Platte immer noch sehr viel Tiefgang gehabt. So jedenfalls habe ich das von vielen Fans gehört. Man musste sich das Album sehr oft anhören, damit überhaupt etwas hängen blieb. Bei The Great Beast dachten wir uns, hey, wenn wir diesen kommerzielleren ... dieses Wort hasse ich zwar ... ich sage mal "hörbareren" Weg einschlagen, können wir ein richtig straightes Album machen. Wir haben auch ein wenig diese Blastbeats weggelassen, was aber nicht heissen soll, dass wir diese in Zukunft nicht mehr spielen werden. Die Gitarren klingen zudem fetter, und es sind auch nicht mehr so viele Keyboardläufe wie auf Drachenblut oder Infernal Satanic Verses dabei. Wir haben die Musik mehr gefächert, von Death, Gothic, Black bishin zu traditionellem Metal. Darum haben wir das Ganze auch Dark Satanic Metal genannt. Das passt besser als Black Metal. Früher habe ich gerne Venom oder auch Darkthrone gehört, die eher diesen "kalten" Black Metal darstellten. Wir hingegen klangen anfänglich eher nach Cradle Of Filth oder Dimmu Borgir. Daher hat der Begriff eh nicht auf uns gepasst.

Nach drei vorzeigbaren Alben fangen viele Bands an, stark zu experimentieren. Bei Euch scheint das auf The Great Beast kein Thema gewesen zu sein, oder? Ihr habt sicherlich gewisse Elemente abgeändert, aber eigentlich hören sich die Songs immer noch ganz typisch nach Mystic Circle an.

Ezpharess Ja, das denke ich ebenfalls, auch wenn die Arrangements sehr viel straighter sind. Wir haben pro Song vielleicht 4 oder 5 Riffs gebraucht, und die einzelnen Stücke weisen die typischen Strophe-Refrain-Strophe-Solopart Strukturen auf, sauber aufgegliedert, sodass es schön im Ohr hängenbleibt.

Outfitmässig habt Ihr Euch ebenfalls ein wenig verändert. Ihr seid nicht mehr so stark geschminkt wie früher. Das gibt Euch einen "erwachseneren" Touch, auch wenn das jetzt ein bisschen blöd klingt.

Ezpharess Nein, man könnte diese Veränderung durchaus mit dem Ausdruck "erwachsen werden" umschreiben. Wir haben dieses Warpaint abgelegt, weil wir ohnehin einen neuen Weg mit unserer Musik gehen wollten. Ich wollte aber dieses Mystische nicht ganz weglassen. Darum verwende ich immer noch diese schwarze Schminke um die Augen. Ich finde, das passt ganz gut. Man kann jetzt wenigstens mal die Gesichter sehen, ohne die erwähnte Mystik ganz ablegen zu müssen. Und zudem haben wir damit diese Black Metal Schublade ein wenig geschlossen ... oder erweitert, je nachdem, wie man es sehen will.

Bei Infernal Satanic Verses hat Sarah Jezebel Deva die female Vocals eingesungen. Bei The Great Beast hattet Ihr eine neue Vokalistin, und die Einsätze sind auch weniger geworden.

Ezpharess Die neue Sängerin heisst Ruth, und Ihr Künstlername lautet Ophelia. Sie hat schon bei Agathodaimon und Asaru gesungen. Auf diesem Wege lernten wir sie kennen. Ich habe Ruth einmal live gesehen, und zwar mit Agathodaimon in Darmstadt. Als ich gerade auf Schlagzeugersuche war und das Konzert von Asaru in Heidelberg besuchte, traf ich auf Raziel, und er hat mich dann auch gleich gefragt, ob wir nicht Lust hätten, ein bisschen mit ihm zu jammen. Ophelia ist übrigens die Freundin von Raziel.

Dann bleibt ja alles in der Familie. Ruth singt auch etwas dezenter, finde ich.

Ezpharess Genau, nicht so opernmässig. Sie singt halt einfach anders als Sarah.

Wir haben es vorher schon mal kurz angesprochen. Mit Morgenröte habt Ihr das Vampirthema behandelt, mit Drachenblut die Nibelungen Sage und mit Infernal Satanic Verses die satanische Schiene. Um was geht es bei The Great Beast?

Ezpharess The Great Beast ist nicht weit von Infernal Satanic Verses entfernt. Es geht dabei auch um Satanismus, wobei auf Infernal Satanic Verses die jahrtausend alte Geschichte der Höllenlegion behandelt wird, die gegen die Engel des Himmels kämpft. Im Booklet sieht man dann auch diese biblischen Szenen, die wir ein bisschen auf "satanisch" getrimmt haben.

Das hat Euch nicht nur Freunde gebracht.

Ezpharess Ja natürlich, aber wir haben eigentlich keine Probleme aus dem christlichen Bereich bekommen. Doch die Photos kamen bei den True Black Metal Fans nicht so an. Wir sahen sie als Kunst, die True Black Metal Fans als Verarschung. The Great Beast richtet sich konkret gegen die Kirche, ein Angriff auf deren Heuchlerei, also Texte, die eigentlich mehr in das Arrangement einer True Black Metal Band passen würden.

Die Texte sind also realitätsbezogener.

Ezpharess Ja. Ich kann Dir vielleicht etwas zu den neuen Songs auf The Great Beast sagen. Hate beispielsweise handelt von der Lüge einer jahrtausend alten Legende namens Kirche, die in der Neuzeit einfach nicht mehr existieren kann, weil sie nicht mehr wie früher ihren Schindluder treiben kann. Spirits In Black ist ein Song über die schwarzen Seelen auf dem gesamten Erdball, welche satanische Musik hören. Er soll auch für mehr Toleranz und Szenenzusammenhalt stehen. Lucifers Angel, ein Track, der auf ein paar Compilation CDs war, erzählt über einen schwarzen Engel in Form einer erotischen Frau, ein Text der auch stark mit sexuellen Aspekten spielt. Aber alle Texte hier und jetzt zu erklären, würde wohl zu weit führen.

Auf der letzten Tour hattet Ihr eine ziemlich visuell ausgelegte Bühnenshow. Gibt es auf der nächsten Tour ein ähnliches Spektakel oder geht es aufgrund der neuen Musikausrichtung ein wenig zurückhaltender zu?

Ezpharess Nun, bei der Drachenblut Tour waren wir vollbepackt mit Nieten, und bei der Infernal Satanic Verses war sicherlich der Höhepunkt, dass Beelezbub am Kreuz auf die Bühne kam. Das war vielleicht etwas ZU albern ...

Man muss es halt auch nicht so ernst nehmen, sondern mehr als Show im Sinne eines Alice Cooper Konzertes oder sowas sehen.

Ezpharess Das war auch genau so gemeint. Beelzebub ist ein Alice Cooper Fan, und daher wollte er eine amerikanisch Bühnenshow machen, was allerdings beim europäischen Publikum nicht so ankam. Die Meisten sahen es wohl eher als Verarschung, das war das Problem. Die Effekte mit den Pyros waren schon toll, man konnte es fast schon Pyromania nennen, aber wir sind davon abgekommen. Du glaubst gar nicht, wie teuer das ist, jedesmal solche Raketen abzuschiessen. Die ganze Gage ging dafür drauf. Dieses Mal wird die Bühnenshow schlichter sein. Wir wollen wieder die Musik mehr in den Vordergrund stellen. Es ist auch ein grösserer Druck da als früher, denn damals war Mystic Circle mehr eine Showband. Jetzt sollen wir ja auch musikalisch etwas zeigen.

Und wie fühlt Ihr Euch bei Massacre? Dort gibt es eigentlich fast nur Powermetal Bands.

Ezpharess Ich komme ja auch mehr aus dieser "Liga". Ich habe mir früher viel Priest und Maiden angehört. Ich find's nicht mal so schlecht. Da kristallisieren wir uns ein bisschen raus, zwischen den ganzen Powermetal Bands, mein ich.

Ich habe im Review geschrieben, dass Isegrim wenigstens nicht mehr alleine Mittagessen gehen müssen, wenn Ihr jetzt da seid.

Ezpharess Haha. Eigentlich waren Catamenia die erste dieser Art von Bands bei Massacre. Dann kamen wir und anschliessend Isegrim ...

... und da sind sie auch heute alle noch. Wie erwähnt, gehen Mystic Circle demnächst wieder auf Tour. Wer deren Musik mag, dem sei ein Gang zu einem der Gigs unbedingt empfohlen, denn live sind Mystic Circle ein echter Dampfhammer.