Der Frühling ist angebrochen, nur das Wetter dazu nicht.
Nieselregen, Kälte, starker Wind. Da liess sich Fräulein Influenza natürlich
nicht lange bitten und segnete zum Interviewtermin beide Gesprächspartner mit
leichten Anzeichen einer Grippe, was der Unterhaltung allerdings keinen Abbruch
tat. Nach einem kurzen 'wie geht's Dir, wie geht's mir' Begrüssungsteil wurde
dann zu Werke gegangen. Daraus resultierte ein äusserst interessantes Gespräch,
welches neben der bis dato längsten Erklärung eines Musikers zum Namen seiner
Band auch wieder Wissenswertes über das ELKS Syndicate zu Tage förderte.
Slaine haben mit Portal ein wirklich beachtliches Demo abgeliefert. Eine weitere
Hoffnung aus unseren Landen also, die wir hier bei the renewal natürlich gerne
präsentieren. Marco Huber klärt über Werdegang und Fortgang von Slaine auf,
erzählt uns, wie alles begonnen hat, warum Death Metal die genialste Musik
überhaupt ist und weshalb er die eigenen Songtexte nicht so gerne erklärt.
Erzähl doch mal, wie Slaine genau entstanden ist.
Marco: In Glattfelden, wo übrigens 4 der 5 Mitglieder von Slaine herkommen,
wurde damals gerade ein neues Schulhaus gebaut. Nachdem das Gebäude soweit
fertig war, wurde noch ein neuer Gesangssaal eingerichtet. Wir spielten dort ein
paar Songs, zu der Zeit noch mit unserem ehemaligen Gitarristen Raffi, der kurz
danach die Band verlassen hat. Es waren allesamt Coversongs von Slayer, Megadeth
und Paradise Lost. Als letzten Titel spielten wir Tales From The Shadows, den
ich damals noch gesungen habe, obwohl mir gar kein richtiger Text zur Verfügung
stand. Also habe ich ein paar Sätze, von denen ich dachte, dass sie zu dem Song
passten, einfach mehrfach wiederholt. Damals war das Stück noch 10 Minuten lang.
Geschrieben haben wir's in der Grundform übrigens auch in etwa 10 Minuten (hehe
- netter Bezug - Anm. d. Red.). Der Rhythmus ist ja ziemlich einfach. Tales From
The Shadows als Zugabe zu bringen war eine spontane Idee. Das ist eigentlich die
Gründungsgeschichte von Slaine.
Paradise Lost Covers ? Habt Ihr auch As I Die drauf?
Marco: Nein, As I Die nicht, aber Pity The Sadness. Die Shades Of God Platte ist
wirklich genial.
Ja, finde ich auch. Die beste Platte, die Paradise Lost jemals gemacht haben.
Woher kommt eigentlich der Name Slaine?
Marco: Das Wort ist altkeltisch. Das i wird dabei nicht so stark ausgesprochen.
Es war der Name von mystischen Königen, nicht Göttern. Es gibt übrigens ein
Comic, das auch Slaine heisst. Eine andere Bedeutung des Namens findet man in
der Geschichte von Thor, dessen Hammer bekanntlich nach jedem Wurf wieder zu ihm
zurückkam. Jemand hat mir mal erzählt, dass diese Kraft oder Verbindung, die den
Hammer jedes Mal zurückkommen liess, auch so genannt wurde. Was Slaine für uns
persönlich bedeutet, möchten wir eigentlich nicht erklären. Es gibt übrigens
noch eine dritte Geschichte zu diesem Namen. Du kennst doch sicher Asterix und
Obelix, die Gallier, die auch von den alten Kelten abstammen. Dieses Comic
basiert ja weitgehend auf wahren Begebenheiten und Bräuchen dieses Volkes, und
in 'Kampf der Häuptlinge' wird der Kampf selbst ganz ähnlich bezeichnet,
allerdings etwas anders ausgesprochen.
In Eurer Bandbiografie beschreibt Ihr Eure Musik wie folgt: geübte und
ungeübte Ohren würden beim ersten Hinhören einstimmig auf Death Metal plädieren.
Ihr seid also mit der Beschreibung Death Metal nicht ganz zufrieden.
Marco: Nun ja, wir mögen einfach das kategorisierte Denken nicht so. Wenn man
den Death Metal ein bisschen auseinandernimmt, dann passen wir vor allem vom
Bass her nicht so ganz in diese Kategorie, obwohl ich sagen muss, dass Death
Metal die genialste Musik überhaupt ist.
Es ist doch aber auch wichtig, dass man die Bands in der Masse der
Veröffentlichung irgendwo einteilen kann, oder nicht? Solange man nur den
musikalischen Teil und nicht die Ideologie oder Denkweise mit einbezieht, ist es
doch eine gute Sache, damit sich die Leute so in etwa vorstellen können, welche
Art von Musik Ihr macht. Diese Schubladisierungen sind ja im Allgemeinen nicht
böse gemeint, sondern stellen auch eine Orientierungshilfe für den Nichtkenner
der Band dar.
Marco: Ja stimmt schon, darum haben wir auch dazugeschrieben, dass man uns beim
ersten Hören wohl als Death Metal Band einstufen wird.
Ihr sagt, dass Eure Musik frei von politischen oder religiösen Statements
ist. Ihr fühlt Euch von der Mystik, der Natur und dem eigenen Ich beeinflusst.
Wie seht Ihr Euch selbst? Als Atheisten?
Marco: Also wenn Du mit Atheisten meinst, dass wir nicht an einen kollektiven
Gott glauben, so stimmt das sicher, was aber nicht bedeutet, dass wir an gar
nichts glauben würden. Ich persönlich glaube ganz klar an den Menschen selbst,
an den Individualisten und auch an die Kraft der Natur, wobei es hier auch
keinen religiösen Bezug dazu gibt.
Im November 1998 habt Ihr Eure Demo CD Portal aufgenommen. Es war Euer erster
Studioaufenthalt. Die Erfahrungen, die Ihr dort gemacht habt, waren
offensichtlich nicht alle positiver Natur. Erzähl doch mal.
Marco: Vorweg ist zu sagen, dass Dani (guitars - Anm. d. Red) schon mal
Aufnahmen mit Der Eremit gemacht hat. Die anderen Bandmitglieder hatten zu
diesem Zeitpunkt noch keine Erfahrungen damit. Das Problem war, dass wir sehr
hohe Vorstellungen aber ein nur kleines Budget hatten haha. Na ja, Du kannst Dir
vorstellen, dass sich diese beiden Punkte irgendwann nicht mehr gedeckt haben.
Ich selbst war in diesen beiden Wochen sowieso nicht so fit. Ausserdem hockten
wir den ganzen Tag in diesem Bunker herum, hatten kein Tageslicht und arbeiteten
bis spät in die Nacht. Dazu mussten wir noch eine weite Autostrecke fahren. Wir
hatten einfach mehr erwartet. Wir dachten auch zuerst, dass wir die Platte in 40
Stunden einspielen könnten. Schlussendlich sind daraus aber 83 Stunden geworden.
Eigentlich hatten wir uns ja stark auf die Aufnahmen vorbereitet, aber leider
nur jeder für sich anstatt alle zusammen. Dani hat das mal gut formuliert. Jeder
für sich konnte seine Sache perfekt, aber zusammen hat es dann nicht mehr so
gepasst. Andererseits waren das auch sehr wertvolle Erfahrungen, und solange man
diese nicht allzu negativ aufnimmt und konstruktiv darauf aufbaut, hat sich die
ganze Sache gelohnt.
Ihr erklärt Eure Texte nicht gerne. An einem bin ich aber speziell lange
hängen geblieben, an Ashes Of A Brave Man. Ich weiss nicht, warum mich dieser
Text so fasziniert hat, aber ich habe ihn mehrfach durchgelesen. Ich hab immer
gedacht, dass dieser Song wohl nicht von einer fiktiven Person handelt, sondern
jemanden darstellen soll, bin allerdings nicht drauf genommen, von wem da die
Rede ist. Machst Du mal eine Ausnahme und sagst was über diesen Titel?
Marco: Dieser Song ist von den Texten her sowieso sehr speziell, da die Lyrics
von unserem Sänger This mit ein wenig Hilfe von Adi (drums - Anm. d. Red.)
geschrieben wurden. This schreibt ansonsten keine Texte, und das hat auch seinen
Grund, denn er ist sehr heikel bezüglich der Inhalte. Für eine genaue Erklärung
von Ashes Of A Brave Man müsstest Du einen echten Insider befragen. Es geht in
die Highlander Richtung, ein Unsterblicher, der einen ewigen Kampf bestreitet
und alles an sich vorbeiziehen sieht. Ashes Of A Brave Man ist jedenfalls ein
sehr persönlicher Text von This.
Du bist der Hauptsongwriter und der Mann für's Organisatorische bei Slaine.
Gleichzeitig bist Du auch derjenige, der seine Mitarbeiter ab und zu beim Proben
zur Disziplin aufruft. Bist Du 'der Chef', den Typen, den alle hassen, der
'Kantenschleifer'?
Marco: Ich probiere, es nicht zu sein haha. Früher war ich es jedenfalls mehr
als heute. Ich sagte dann oft: "Das machen wir jetzt erst mal so, und wenn Ihr
dann noch Ideen habt, könnt Ihr sie anschliessend einbringen." Davon bin ich
weggekommen. Es ist die Musik von uns 5, und es wäre falsch, wenn ich dominieren
würde. Aber es gibt einige Charaktere bei uns, die man als faul bezeichnen
könnte haha. An Motivation fehlt es allerdings keinem von uns. Ich muss halt
manchmal den Leuten sagen, was sie machen sollen, und vor allem, dass sie's
machen sollen. Da ich den administrativen Teil steure und auch die Homepage
mache, gebe ich natürlich schon die minimalen Standards vor, sage dann aber
immer, dass ich für alle Vorschläge offen bin. Aber sich nur beschweren und
nichts bringen, das gibt's bei mir nicht.
Du bist ja auch einer der Organisatoren des ELKS Syndicate, über das ich mit
Mike von eyes see red schon gesprochen habe (siehe Interview mit 'walking-talking'
Mike - Anm. d. Red.). Er erklärte damals, welche Idee hinter der ganzen Sache
steht. Wie läuft das nun praktisch ab, wenn eine schweizerische Band Euch um
Unterstützung bittet?
Marco: Nun, über den Sinn und Zweck des ELKS Syndicate hat ja Mike schon was
erzählt. Der Metal Underground in der Schweiz ist eigentlich ziemlich gut
organisiert. Klar, er ist sehr klein. Aber nehmen wir mal ein, eine Band denkt
sich: "Hey, wir könnten im Raum Zürich doch mal ein Konzert geben" ... und die
Band stammt aus Lausanne, Fribourg oder sonstwo, dann können sie über unsere
Homepage an uns gelangen oder sich direkt an uns wenden. Wir sorgen dann für die
Location, machen die ganze Administration, suchen eventuelle Mitbands und
organisieren die Promotion. Die Band, die sich bei uns gemeldet hat, kann dann
auf diesem Konzert spielen. Es kostet sie nichts. Sie erhalten sogar einen Teil
der Reineinnahmen, müssen uns aber im Gegenzug eine Dienstleistung
bereitstellen. Mit Dienstleistung ist beispielsweise gemeint, dass diese Band
bei sich zuhause mal ein Konzert organisiert und eine Gruppe aus unserer Gegend
einlädt oder spezielle Connections zu einem Grafiker hat, was uns ermöglicht,
günstigere Plakate drucken zu lassen.
Einer Deiner Lieblingsplatten ist Amok von Sentenced, ein Album, das auch zu
meinen Favoriten gehört. Eigentlich schade, dass sie in den progressiven Bereich
abgewandert sind. Nicht, weil ich ein Problem damit hätte, aber die neueren
Platten von Sentenced gefallen mir einfach nicht mehr. Wenigstens verdienen sie
gutes Geld damit. Wenn man das jetzt auf Slaine bezieht, fragt man sich, woher
Ihr die Motivation für die Band nehmt. Geld und Erfolg kann's nicht sein,
solange Ihr diese Art von Musik spielt.
Marco: Nun, es ist einfach ein schönes Hobby. Beim Death Metal kommt dazu, dass
er Dich auch im Umgang mit Deinen Instrumenten fordert. Beim Pop musst Du kein
Instrument spielen können. Im Death Metal findest Du noch Herausforderungen. Es
macht uns einfach auch sehr viel Spass, und die Szene, wenn man überhaupt von
einer reden kann, ist ziemlich cool. Die meisten Leute sind sehr gut drauf und
bei den Konzerten herrscht immer Partystimmung. Ferner ist es ein guter
Ausgleich zum Beruf.
Wie sieht die Zukunft von Slaine aus?
Marco: Wir werden noch ein Abschlusskonzert geben. Danach geht unser Drummer ein
halbes Jahr nach Südamerika, um dort die Leute zu ... ehm ... verunsichern hehe.
In der Zwischenzeit werden wir natürlich neue Songs schreiben oder die alten
bearbeiten. Ferner wollen wir noch den Proberaum ausbauen. Wir haben eine
relativen grossen Raum, für unsere Verhältnisse jedenfalls. Da kommt noch ein
Aufenthalts-, ein Regie- und ein Aufnahmeraum hin. Wir wollen sicher auch wieder
Aufnahmen machen, aber bestimmt nicht mehr in diesem Jahr. Dazu fehlt einigen
von uns momentan auch noch das Geld. Portal war zu der Zeit, als wir das Album
aufgenommen haben, gut. Aber für die nächste Platte wollen wir einfach etwas
Besseres und Grösseres haben.
Slaine - no slaine, no gain
- Details
- Geschrieben von Skoddete
- Kategorie: Interview
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Der Frühling ist angebrochen, nur das Wetter dazu nicht. Nieselregen, Kälte, starker Wind. Da liess sich Fräulein Influenza natürlich nicht lange bitten und segnete zum Interviewtermin beide Gesprächspartner mit leichten Anzeichen einer Grippe...