Diablerie sind keine leicht verdauliche Kost, aber das
waren sie noch nie. Schon mit dem Demo Astro hatten die Finnen gezeigt, dass sie
niemals versuchen würden, den gängigen Klischees einer Metal Band aus Finnland
gerecht zu werden. Mit Seraphyde betonen Diablerie dies noch
unmissverständlicher als mit Astro, was einerseits Originalität bedeutet,
andererseits aber auch den Effekt haben wird, dass viele Leute den Finnen nicht
uneingeschränkt in ihre düstere High-tech Metalwelt folgen werden können.
Dennoch gibt's an der Ausrichtung der Band keine Zweifel, jedenfalls nicht aus
der Sicht von Diablerie selbst, wie Euch bei den folgenden Anworten von Juha,
dem Keyboarder, klar werden wird.
Erzähl uns doch bitte etwas über Diablerie. Wo kommt Ihr her und wie hat
alles begonnen?
Juha: Zuerst muss man vielleicht sagen, dass wir eine junge Band sind. Gegründet
haben wir uns 1997, irgendwann in der zweiten Jahreshälfte. Der Start selbst
verlief erstaunlich unspektakulär. Henri und Kimmo suchten dringend eine Band,
in der sie spielen konnten, genau wie wir anderen auch. Henri rief mich einfach
an und schlug mir eine musikalische Zusammenarbeit vor. Wir kannten uns bereits
alle mehr oder weniger gut aus unserer gemeinsamen Schulzeit, begannen sofort,
eigenes Material zu schreiben und probten häufig. Das war's eigentlich schon.
Vielleicht solltest Du zuerst mal den Album Titel Seraphyde erklären, denn
ich glaube, dass ich nicht der einzige bin, der absolut keine Ahnung hat, was
dieser bedeuten soll. Hört sich an wie ein pharmazeutisches Produkt, hat aber
sicherlich nichts damit zu tun.
Juha: Er entstand eigentlich aus den Lyrics zu einem Song namens Seraph Hyde.
Diese beschrieben unser Gesamtkonzept so gut, dass wir den Titel dazu als
Albumtitel wählten. Um diesen etwas raffinierter zu gestalten, verbanden wir die
beiden Wörter miteinander. Wie dem auch sei. Wenn Du die Wörter Seraph und Hyde
getrennt betrachtest, wirst Du sehen, dass beide über einen starken Inhalt sowie
subtile Qualitäten verfügen, welche zudem verschiedenste Assoziationen zulassen.
Das Wort Hyde stammt natürlich ursprünglich aus dem bekannten Dr. Jekyll and Mr.
Hyde Stück von Stevenson. Einer der Gründe, warum mir dieser Titel so sehr
zugesagt hat, ist, dass er eine Art von Meta-Konzept bezüglich Diablerie
darstellt. Unsere Lyrics wie auch die Musik unterstützen sehr stark die Ideen
der postmodernen Philosophie, "inter-textuality" and "eclecticism" (das müsst
Ihr Euch irgendwie selbst übersetzen, Leute - Verf.), um ein paar zu nennen.
Dies ist das erste Album nach dem brillianten Demo Astro. Als wir das letzte
Mal zusammen sprachen, hast Du mir gesagt, dass Ihr eventuell einige der
Demosongs für das neue Album re-recorden werdet, was Ihr dann leider doch nicht
getan habt. Passten die alten Songs nicht dazu oder hattet Ihr einfach schon
genug neue?
Juha: Eigentlich haben wir zwei Songs des Demos re-recorded. Die Lyrics wurden
verändert und einige mehr oder weniger starke Aenderungen in den Arrangements
gemacht. Ich spreche von Dystopia Show und Weltschmerz. Es sieht so aus, als
hätten wir diese beiden Songs so stark verändert, dass sie nicht mehr
wiedererkannt werden können. Ausserdem haben wir die Möglichkeit, die anderen
Demosongs irgendwann in Zukunft neu aufzunehmen, nicht ausgeklammert.
Ihr habt Seraphyde in den Sundi Coop Studios aufgenommen, dem selben Ort
also, an dem Ihr schon das Demo gemacht hattet. Klar, es war der selbe Ort, aber
war es auch die selbe Atmosphäre? Dieses Mal wurde ja unter sehr professionellen
Bedingungen gearbeitet.
Juha: Unser Demo wurde in einem einzigen Tag aufgenommen, während das Album 15
Tage in Anspruch genommen hat. Das ist eigentlich der Hauptunterschied. Die
Atmosphäre war in der Tat ziemlich anders. Wir hatten eine sehr gute Zeit dort
und fühlten uns auch sehr wohl, was deshalb überraschend war, weil einige von
uns nicht unbedingt zu den "einfachsten" Menschen auf Gottes weiter Erde
gehören. Aber die Zeit im Studio gehört sicherlich zu einem der grossartigsten
Erlebnisse in meinem Leben. Was die Aufnahmen betrifft, so haben wir uns sehr
stark darum bemüht, schlussendlich auch soundtechnisch gut zu klingen. Wir
verbrachten einige Monate damit, einen passenden Gitarrensound zu finden,
kauften uns einen neuen Bass, ein neues Masterkeyboard und tonnenweise
Drumequipment. Alles in allem eine sauteure Angelegenheit! Auch das Set-Up im
Studio war, verglichen mit den Demo Recordings, ein bisschen komplexer. Wir
hatten zwei Computer, die über einen analogen Recorder synchronisiert wurden und
spielten das gesamte Album mit einem "Click" ein. Das war eine sehr stressige
Art zu arbeiten, vor allem wenn man bedenkt, dass wir nicht besonders erfahrene
Musiker sind. Dennoch hat es sich ausgezahlt.
Ist es immer noch Henri, der Sänger, der hauptsächlich die Songs für
Diablerie schreibt oder hat sich das seit Astro geändert?
Juha: Ja, er ist immer noch die treibende, kreative Kraft. Aber ich würde sagen,
dass wir mittlerweile eher "eine Band" also noch zu Astro Zeiten sind. Jeder
steuert etwas zu den Songs bei und fast alle von uns komponieren für die Band.
Was Henri am Anfang etwas isoliert hat, war die Tatsache, dass er seine Songs
mit starker Unterstützung von Software Mod-Trackers komponiert hat, einer
Methode, die keinem von uns anderen zusagte. Das hat so geendet, dass Henri die
Songs alleine schrieb und uns anschliessend eine fertige Version der Titel
präsentiert hat. Erfreulicherweise hat der die Tracker-Welt mittlerweile hinter
sich gelassen, denn nun arbeiten wir alle auf eine ähnliche Weise. Wenn wir
heutzutage etwas komponieren, verwenden wir das Real Audio Format dazu, im
Gegensatz zu den Samples in der Vergangenheit. Die Grundgerüste der Songs können
wir daher sogar per Email untereinander verschicken, wenn es nötig ist. Ein
Beispiel: Wenn ich einen Song schreibe, kann ich Henri die Files schicken. Er
schreibt die Lyrics dazu und nimmt die Vocals auf. Er schickt es mir zurück, und
anschliessend verbessern wir das Resultat, bis alle damit zufrieden sind. Die
heutige Arbeitsmethode ist daher unserer alten weit überlegen.
Wenn Ich Eure Musik beschreibe, gibt es immer ein ganz spezielles Wort, das
mir dabei in den Sinn kommt - exzentrisch. Würdest Du zustimmen, dass dieses
Wort Euch auch als Personen beschreibt oder seid Ihr eigentlich ganz normale
Jungs, die einfach ein bisschen ausflippen, wenn sie Musik machen?
Juha: Ja, da muss ich zustimmen. Das Exzentrische ist ein Bestandteil des ganzen
Konzepts. Aber über unsere Persönlichkeiten möchte ich eigentlich nicht so gerne
sprechen, sorry.
Ein sehr interessanter Song ist dieser Space-Blues Until Death Do Us Apart.
Kannst Du uns etwas über die Idee zu diesem Song erzählen? Ich denke, er zeigt
dieses "Diablerie-Exzentrische" sehr gut, denn dieser Titel ist sicherlich kein
typischer Song, nicht mal für Diablerie.
Juha: Das ist einer der Songs, den wir vor dem Gang ins Studio niemals geprobt
haben, eine mehr oder weniger spontane Sache also. Sogar die Frau, die einige
Parts in diesem Song singt, ist völlig überraschend im Studio aufgetaucht. Die
Lyrics und der Song selbst sind total abgedreht und richtig düster! Ich mag ihn
sehr. Aber es stimmt, das ist kein typischer Song für uns. Er war nur ein cooles
Experiment.
Ein grosser Teil der Diablerie Musik sind die elektronischen Elemente, für
die Du Dich verantwortlich zeigst, wie ich mir vorstellen kann. Neben den
zahlreichen Keyboard Sounds findet man eine grosse Auswahl von verschiedenen
Stilelementen vor. Dinge wie Dancebeats, Trip Hop Elemente, Industrial Sounds
und so weiter. Manchmal denke ich: "Ja, ziemlich viele Effekte, aber wenn sie
denn Juha machen lassen würden, wie er wollte, wären noch viel mehr davon zu
hören." Bist Du die musikalische Verbindung zu anderen Stilarten und Genres?
Juha: Die Verwendung von elektronischen Elementen ist eine einheitliche
Entscheidung der ganzen Band. Es war von Anfang an klar, dass wir eine Art
Hybrid zwischen Electronics und Metal sein würden, sogar schon zu der Zeit, also
wir weder eine konkrete Vorstellung davon noch die musikalische Fähigkeit
hatten, dies professionell umzusetzen. Heute sind wir allerdings weitgehend in
der Lage das zu tun, was wir möchten. Der Grad der elektronischen Elemente in
unserer Musik entscheidet sich durch das allgemeine Gesamtbild eines
spezifischen Songs. Es ist nicht so, dass ich hinter meinen Stapeln von
Computern und Keyboards sitze und versuche, uns in ein Trip Hop Orchester zu
verwandeln. Ich überlege viel mehr, was gut und vernünftig klingen würde. Wie
ich schon sagte, das Elektronische ist ein lebenswichtiges Element für unsere
Band. Ich hebe mich da nicht von den anderen ab. Wir sind alle sehr "open-minded"
und hören uns Musik aus den verschiedensten Genres an. Es mag sein, dass die
Einbindung anderer Genres in unsere Musik oft durch keyboard- und
samplesorientierte Elemente entsteht, aber ich kann keinesfalls sagen, dass ich
alleine dafür verantwortlich wäre.
Auf zwei Songs des Albums kann man eine weibliche Sängerin hören. Wer ist
sie?
Juha: Ihr Name ist Karoliina Kallio, und soviel ich weiss ist sie eine
halb-professionelle Sängerin. Sie kam eigentlich eher zufällig auf das Album. Im
Studio meinte Henri, dass ein gewisser Songpart von einer Frau mitgesungen
werden könnte, und zufälligerweise hörte jemand, der Karo kannte, was Henri im
Studio sagte. Schliesslich kündigte uns unser Soundengineer eines Morgens an,
dass Karo in ein paar Stunden im Studio auftauchen würde. Sie kam, lernte ihre
Gesangslinien, nahm ihre Parts auf, und das war's dann auch schon. Keiner von
uns kennt die Frau. Es ist also keiner dieser klassischen "Möchtegernfreundin
eines Sängers"-Angelegenheiten.
Noch ein letztes Wort?
Juha: Danke für den Support!
war uns ein Vergnügen ...
Diablerie - Exzentriker mit postmoderner Philosophie
- Details
- Geschrieben von Skoddete
- Kategorie: Interview
- Zugriffe: 7167
Diablerie sind keine leicht verdauliche Kost, aber das waren sie noch nie. Schon mit dem Demo Astro hatten die Finnen gezeigt, dass sie niemals versuchen würden, den gängigen Klischees einer Metal Band aus Finnland gerecht zu werden...