Die Apokalyptischen Reiter gehören sicherlich zu den
schillerndsten Figuren im deutschen, harten Metalbereich. Auf den ersten Blick
scheint bei dieser Truppe nichts zusammenzupassen. Das Outfit passt nicht zur
Musik, die Musik nicht zum Plattentitel, der Plattentitel nicht zu den Songs und
die Songs nicht zum Bandnamen. Wurscht, denn "All You Need Is Love", und
deswegen haben Euch die Reiter ihre gesamte Weltuntergangsliebe auf eine neue CD
gepresst, für die sie hier und heute Rede und Antwort stehen sollen. Ironie und
Sarkasmus gehört bei den Apokalyptischen Reitern einfach mit dazu, aber
spätestens dann, wenn man den neuen Songs einmal zugehört hat, wird einem klar,
dass hier keine Freizeitblödler am Werk sind sondern ernstzunehmede Künstler,
die das Talent besitzen, aus jeder metallischen Stilrichtung die besten Elemente
zu extrahieren, um sie in ihre eigene Musik zu integrieren. Volk-Man, der auf
den bürgerlichen Namen Volkmar hört, hatte dazu einiges zu sagen. Doch lest
selbst.
Wie kommt man denn zu einem Namen wie "Die Apokalyptischen Reiter?"
Volkmar: Das haben wir uns neulich selber mal gefragt. 1995 haben Eumel, der
Gitarrist, und unser alter Schlagzeuger, Skel, einfach ein bisschen gejammt. Die
Beiden waren zu der Zeit noch in einer anderen Band aktiv, aber da kam wohl
einer nie zur Probe. Und weil Eumel und Skel Langeweile bekamen, haben sie
einfach mal was gemacht. Als dann zur Debatte stand, sich für einen Bandnamen zu
entscheiden, meinte Eumel: "Ach, wir könnten uns doch einfach Die
Apokalyptischen Reiter nennen." Wie gesagt, zu diesem Zeitpunkt waren die Beiden
noch zu zweit. Da waren Pest und ich noch gar nicht dabei. Aus einem
ursprünglichen Arbeitstitel wurden dann für uns einfach "die Reiter" daraus, und
dabei ist es dann auch geblieben. Im Nachhinein muss ich sagen, dass der Name
recht treffend gewählt ist, da er zu Themen wie Weltuntergang oder der Zerfall
der Menschheit gut passt.
Passiert es Euch eigentlich nicht oft, dass Ihr wegen des Namens falsch
eingeschätzt werdet? Als Funpunk oder Neue Deutsche Härte vielleicht?
Volkmar: Ja, da gab's anfänglich querbeet alle möglichen Vermutungen. Letztens
hat einer gedacht, wir wären eine Gothic Band, und weil wir auf der neuen Platte
teilweise auch deutsche Texte haben, kam es schon vor, dass einige dachten, wir
würden aus dieser Neuen Deutschen Metalecke stammen.
Habt Ihr zum erstem Mal deutsche Texte in den Songs verwendet?
Volkmar: Ja. Wir haben früher die Texte immer ins Englische reingepresst, weil
wir dachten, wir müssten international sein. Aber eigentlich ist es ziemlich
ärgerlich, wenn man dann sieht, was die Uebersetzungen aus den Texten machen,
weil diese im Deutschen sehr viel poetischer wirken. Ausserdem hatten wir dieses
Mal bei gewissen Liedern gar keine Lust, Uebersetzungen zu machen, und dachten,
wir probieren's einfach mal aus. Wir haben auch sehr sehr gute Reaktionen auf
die deutschen Texte gekriegt.
Euer erster Output hatte den Titel Firestorm, und Eure neue Platte trägt den
Namen All You Need Is Love. Während Firestorm noch sehr metallisch klingt, hat
das aktuelle Album doch eher einen "Hippietitel". Wie kommt man auf sowas?
Volkmar: Das war eigentlich eine ziemlich coole Begebenheit. Wir waren während
eines Sturms im Bus unterwegs, und dieser Bus hat deswegen ziemlich geschaukelt.
Plötzlich taten sich die Wolken auf und die Sonne kam heraus. Uns war so, als
würde plötzlich etwas ganz Liebes und Nettes auf uns hereinströmen. Dabei kam
All You Need Is Love zum ersten Mal zur Sprache. Und wenn man diesen Titel in
der Kombination mit dem Cover sieht, wirkt er fast schon wieder ironisch, was
wir ja auch mögen, da unsere Liebe, also die Liebe der Apokalyptischen Reiter,
etwas anders ist als die Liebe, die man so kennt.
Das musst Du jetzt genauer erklären. Wie sieht denn Eure Art von Liebe aus?
Volkmar: Unsere Liebe ist "die Liebe zum Weltuntergang", weil wir denken, dass
dies auch eine gute Möglichkeit ist, den aktuellen Problemen auf der Welt zu
entfliehen.
Das hört sich doch sehr nachdenklich an. Ihr macht Euch ansonsten eigentlich
über viele Dinge lustig oder begegnet ihnen mit Ironie und Sarkasmus. Aber ich
habe mir schon gedacht, dass die Songs nicht durch irgendwelche Blödeleien
entstehen. Ihr seid in dieser Beziehung wohl schon eher gewissenhafte Arbeiter,
oder?
Volkmar: Das sind wir auf alle Fälle. Wir arbeiten akribisch an den Songs, die
übrigens alle im Proberaum entstehen. Wir versuchen dabei auch, alle vier
Meinungen unter einen Hut zu bringen, weil wir das Bandfeeling mögen und uns
dementsprechend präsentieren wollen. Was unsere Ironie und den Sarkasmus
betrifft: So sind wir eben. Wir zwängen uns da in kein Korsett. Manche Leute
verstehen das teilweise falsch, was wir in Interviews dann halt manchmal wieder
geradebiegen müssen. Es ist nicht so, dass wir uns nun über alles und jeden
lustig machen wollen, sondern es soll eher bedeuten, dass vieles, was auf der
Welt passiert, mit einem Augenzwinkern zu sehen ist.
Was bei Euch sehr stark auffällt ist die Vermischung von Stilarten. Das sieht
dann so aus, als würdet Ihr verschiedene Parts im Fischertechnik System
zusammenbauen. Wie schreibt Ihr aber effektiv solche Titel? Am Stück?
Volkmar: Das hängt wohl damit zusammen, dass jeder von uns zuhause komponiert.
Im Proberaum werfen wir dann alles zusamnmen. Die härteren Gitarrenriffs stammen
hauptsächlich von Eumel und mir, während der Keyboarder eher mit melodischen
Sachen ankommt. Wir versuchen, diese Elemente miteinander zu verbinden.
Ausserdem ist es eine ziemlich aufregende Sache, einen harten Riff mit einer
schönen Pianobegleitung zu hören. Die verschiedenen Einflüsse in der Musik
kommen sicherlich auch durch unsere verschiedenen Backgrounds zustande. Der
Keyboarder kommt eher eher aus der "normalen" Ecke, beispielsweise Pink Floyd
oder sowas, während wir Anderen mehr aus dem Grindcore und Death Metal Bereich
stammen.
Ihr seid für die Aufnahmen im Studio One gewesen, wo sicherlich sehr
professionell gearbeitet wird. Steht man in einem solchen Studio permanent unter
Druck oder läuft das doch eher ziemlich locker ab?
Volkmar: Es war schon ein sehr konzentriertes Arbeiten, und wir mussten uns
sputen, da wir teilweise sehr viele Spuren aufgenommen haben, gerade in Bezug
auf das Keyboard. Wenn ich da an unsere alten Alben denke, die wir hier in einem
lokalen Studio in unserer Heimatstadt aufgenommen haben, und wo das Geld nun
wirklich keine Rolle gespielt hat, weil es einfach so billig war ... In diesem
Falle konnte man auch immer noch etwas ausprobieren. Beim neuen Album war es so,
dass wir sehr gut vorbereitet ins Studio gegangen sind, damit wir in der Lage
waren, alles ohne Zeitdruck aufzunehmen. Es blieb dann halt zum Schluss keine
Zeit mehr, irgendwelche anderen Mixes oder sowas zu versuchen. Aber der Andy hat
sich voll reingekniet und stand permanent mit uns in Kontakt. Wir haben
eigentlich eine sehr schöne Zeit im Studio gehabt.
Ihr seid die erste Band, die einen Hund im Line-Up hat, den Abbath. Natürlich
ist er nicht wirklich im Line-Up. Erzähl mal, was ist denn das für ein Hund?
Volkmar: Abbath ist eigentlich zu unserem Hund geworden, als wir im Studio
waren. Das Studio liegt in einem kleinen Dorf mit vielleicht 500 Einwohnern.
Dieser Hund lief den ganzen Tag durch's Dorf und kam auch immer wieder an der
Musikerwohnung vorbei, um sich das Treiben darin anzuschauen. Wir haben ihm dann
natürlich immer etwas zu Essen gegeben. Das war richtig schön, also dachten wir,
photographieren wir ihn, um ihn irgendwo ins Booklet zu bringen. Es ist halt
auch eine schöne Erinnerung.
Habt IHR ihn Abbath getauft?
Volkmar: Ja. Wir haben ihn deswegen so getauft, weil er auch so aussieht.
Haha ... also wie der von Immortal?
Volkmar: Ja. Ich habe neulich ein Interview für eine französische Zeitung
gegeben, bei der offensichtlich auch der Osmose-Promoter mitarbeitet. Der war
natürlich ganz erpicht darauf, diese Geschichte zu hören, weil er dachte, dass
wir etwas gegen Immortal hätten. Aber ich glaube, er hat dann schon verstanden,
dass diese Geschichte nicht böse gemeint war.
Ich habe gelesen, dass Ihr einen Film drehen wollt, aber ich kann mir nicht
so richtig vorstellen, dass dabei etwas kulturell Wertvolles herauskommt.
Volkmar: Nee. Also ich denke, es wird dabei vor allem pures Chaos herauskommen.
Wir haben keinerlei Budget für den Film, nur eine Idee. Ich kenne ein paar
Leute, die an einer Filmakademie arbeiten. Da können wir relativ preiswert
Kameras und Filmmaterial herbekommen. Im Moment schreiben wir gerade das
Drehbuch. Wir werden dann wohl nach der Tour dieses Drehbuch ausarbeiten. Man
kann da auch noch nichts planen. Das Ganze soll spontan entstehen. Die Grundidee
ist die, dass wir uns selbst spielen, und der Film soll den Rahmen eines
Spielfilms bekommen, aber einer, der ungewohnte Wege geht.
Du hast erwähnt, dass Ihr auf Tour gehen werdet. Erzähl doch mal, wo geht's
hin?
Volkmar: Die Tour ist im Januar und dauert zweieinhalb Wochen, vom 5. bis zum
22. genauer gesagt. Es geht nach Holland, Belgien, Italien, Oesterreich,
Schweiz, Deutschland und nach Tschechien.
Und wann werdet Ihr genug Geld haben, um Sir G. endlich eine schöne Brille
kaufen zu können? Die ist wirklich grauenhaft.
Volkmar: Haha. Das ist eigentlich nur so eine Autofahrerbrille für die Nacht,
damit man besser sieht. Die Brille hat er eigentlich nur bei der Photosession
aufgehabt. Aber wir können natürlich gerne auch ein Spendenkonto für ihn
einrichten.
Ihr habt ziemlich komische Künstlernamen. Eumel beispielsweise bedeutet bei
uns ungefähr soviel wie "liebenswerter Idiot".
Volkmar: Ja, ich weiss, den Ausdruck gibt's hier auch. Eumel hat auch schon
gesagt: "Verdammt, ich hab solch ein blödes Pseudonym!" Aber jeder spricht ihn
halt so an.
Bei Dir weiss ich ja jetzt, woher der Name kommt. Was ist mir Dr. Pest? Hat
er was mit dem Dr. Best aus der Colgate Forschung zu tun?
Volkmar: Nein. Auf unseren alten Platten hiess der Dr. Pest nur Pest und ich
noch Volkmar. Und als wir dann beim Verlag antrabten, mussten wir uns
Künstlernamen ausdenken. Leider ist es so, dass man den eigenen Namen nicht als
Künstlernamen verwenden darf. Und da es Pest schon gab, musste eine Lösung
gefunden werden. Er hat dann halt in Midi-Ologie promoviert, da er der Meister
im Tönverändern und Spezialist der Computertechnik ist!
Die Apokalyptischen Reiter - eine Brille für Sir G.
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- Geschrieben von Skoddete
- Kategorie: Interview
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Die Apokalyptischen Reiter gehören sicherlich zu den schillerndsten Figuren im deutschen, harten Metalbereich. Auf den ersten Blick scheint bei dieser Truppe nichts zusammenzupassen...