Scythe standen mir für ein Interview zur Verfügung! Was würdet ihr zu folgendem Zitat anmerken? "Toleranz ist gut. Aber nicht gegenüber Intoleranten."  (Wilhelm Busch, dt. Zeichner u. Dichter, 1832-1908)

Hallo Morgenstern, das Zitat würden wir so unterstreichen. Wenn man alles tolerieren würde, so liesse man auch Diktaturen, Faschismus, Rassismus usw. geschehen.
Dieses Zitat ist natürlich sehr politisch. Ein anderes Zitat möchte ich in diesem Zusammenhang bringen, welches lautet „Demokratie ist schwach“, das heisst nichts weiter, als dass die Demokratie jedem Menschen grösstmöglichen Freiraum geben möchte, sich dadurch aber auch angreifbar macht gegen Tendenzen, die ihr entgegenwirken. Betrachtet man einmal das Ende der Weimarer Republik in Deutschland um 1930, so ist dies ein Beispiel dafür, dass Demokratie durch Extremismus sehr gefährdet war und ist. Deshalb muss man auch Intolerant denen gegenüber sein können, welche versuchen die Rechte anderer zu beschneiden. Man wäre doch anderenfalls nur unmündig.

Wie habt ihr mit kulturellen Alternativen zum Death Metal? Geht ihr viel ins Theater oder hat für euch Literatur eine spezielle Bedeutung?

Nun, ins Theater gehen wir so gut wie gar nicht, was nicht heissen soll, dass wir uns nicht für Literatur interessieren.
Ich bevorzuge Schriftsteller wie Jurek Becker oder Hermann Hesse. Von letzterem haben wir mit „Vergänglichkeit“ ein Gedicht auf unserer neuesten Scheibe vertont. Ich persönlich habe zwar die grossen Meister,  wie Goethe oder Thomas Mann grösstenteils gelesen, aber es ist eher die modernere Literatur, die mich interessiert. Z. Zt. Lese ich z.B. ein Buch von Hellmuth Karasek (ehem. Spiegel) . Norman bevorzugt Literatur in die Richtung von Stephen King.
Wie mit der Weimarer Republik schon angedeutet beschäftigen wir uns auch viel mit Geschichte und Politik, jedoch nicht in unseren Songs.

Seid ihr schon einmal in der Schweiz gewesen? Wenn nicht: Was für Vorstellungen habt ihr von unserem kleinen Land, das sich gegen Euro und EU strebt und noch nicht einmal in der UNO ist? Wenn ja, wie war's?

Ich war vor ca. 10 Jahren zuletzt in der Schweiz. Nun muss man aber natürlich unterscheiden zwischen dem Land, d.h. der Natur, Landschaft usw. und der Form wie es regiert bzw. verwaltet wird. Das Land gefällt mir sehr gut, nur muss ich ganz ehrlich sagen, das die Erinnerungen an früher langsam verblassen. Es ist schon eine starke Impression vorm Eiger zu stehen, soviel ist klar. Sowas gibt’s bei uns in Norddeutschland natürlich nicht !
Das mit dem Euro ist eine Entscheidung, die ich nicht ganz nachvollziehen kann, aber als „Exot“ betrachte ich die Schweiz deshalb noch lange nicht. Ich schliesse mich nur der ganzen Europhobie (auch hierzulande) nicht an. Es gibt gute Argumente dafür, allerdings kommt es auch nicht von ungefähr, dass sich die reichsten Länder Europas (z.B. Schweiz und Norwegen) dem Euro, bzw. der EU nicht anschliessen. Ich denke eine Analyse der Sache sprengt hier den Rahmen he he he..... Allerdings verwundert es mich sehr stark, das es mit dem Frauenwahlrecht in der Schweiz so lange gedauert hat!
Wir hoffen, durch zukünftige musikalische Kontakte öfter mal die Schweiz zu besuchen.

Auf www.Scythe-Metal.de seid ihr auch online und für die ganze Welt zu erreichen. Welche Bedeutung hat für euch das Internet im Bezug auf euer Weiterkommen?

Das Internet hat einen unschätzbaren Wert.
Ich kann die Skepsis vieler Bands aber auch nachvollziehen, die sagen, wenn man von Wäldern und Natur singt, dann passt das Internet am wenigsten dazu.
Nur: Wir bekennen uns zum Netz, weil wir Leute damit erreichen, die wir sonst nie erreicht hätten. Das hat ja nichts mit Kommerz zu tun, verdienen tun wir eh nichts damit, freuen uns aber halt, wenn jemand übers Internet (oder auch sonst!) auf uns aufmerksam wird und unsere Musik liebt ...
Wir wollen ja, dass viele Leute ihre eigenen Erinnerungen mit unserer Musik verbinden. Gerade Leute aus dem Ausland kann man ja sonst nicht mal eben kontaktieren und fragen, ob man mal n Gig in z.B. Lissabon spielen kann, damit die Leute mal was von Scythe hören. Da ist das Internet schon sehr dienlich.

Eure neuste CD ist heisst ja "On My Way Home". Zuvor habt ihr neben frühen Demos auch "Last Eclipse" und "Silent is the future" eingespielt. Warum habt ihr euch entschieden noch einmal eine Eigenproduktion anzuhängen? Gab es Kontakte zu Labels?

Wir werden Eigenproduktionen machen, solange uns noch nicht das richtige Angebot unterbreitet wurde. Hier geht es nicht darum einfach ein Label zu finden. Wir werden unsere Alben bis dahin selbst produzieren. „On my way home“ haben wir ausschliesslich mit Unterstützung von Martin Schmidtke (besten Dank!!!) im Toneworx Synchronstudio und Gentle Art Studio in Hamburg aufgenommen und das Teil klingt im grossen und ganzen so denke ich wie n „richtiges“ Album. Wir sind nichts desto trotz auf der Suche nach einem Label und hatten schon ein paar Kontakte. Aufpassen muss man halt, dass man nicht gleich alles unterschreibt! Wir warten mal ab, was sich tut, nachdem wir im nächsten Eternity-Magazin bzw. Arising Realm u.a. auf der CD compilation zu hören sind .

"On My Way Home". Tönt ja sehr friedlich, ganz im Gegensatz zu eurer Musik, die sich zwischen brutal und atmosphärisch bewegt. Was bedeutet der Titel für euch?

Der Titel sagt aus, dass wir uns auf den Weg machen in eine Zeit, die uns in der Vergangenheit viel gegeben hat. Jeder hat denke ich seine traurig, melancholischen Erinnerungen und würde zum Teil, das Vergangene wiederbeleben. Dieses ist halt sehr persönlich, aber es kann auch irgendwo jeder was damit anfangen.
Das Titelstück beschreibt dieses Gefühl sehr gut. Aber es ist sozusagen auch der rote Faden des Albums, wenn Du bedenkst, dass Titel wie „Vergänglichkeit“ oder „Passing through the days of life“ darauf zu finden sind. Dass der Name nicht brutal klingt ist klar und es gab schon im Voraus viel Kritik daran, aber der Titel erfordert nun mal, wie auch das ganze Album, viel Zeit, um sich damit auseinanderzusetzen. Dann ist denke ich auch klar was wir meinen. 

Wenn wir gerade bei Bedeutungen sind: Was sind eure lyrischen Inhalte?

Die Texte sind alle sehr persönlich, sie beschreiben Sehnsucht, Melancholie aber ebenso auch Wut. Das eben, was in einem wirklich vorgeht. Das sind teilweise Dinge, die sonst nicht unbedingt nach aussen dringen. Wichtig ist dabei, das viele Texte so gestaltet sind, dass sie nicht entmutigen. Das soll uns und anderen als Anstoss dienen auch in schweren Tagen die Kraft aufzubringen, die mache Situationen von uns abverlangen.

Hattet ihr genug Zeit zum Aufnehmen eurer Songs und wie war es bei den Aufnahmen von "On My Way Home"?

Was die Aufnahmen an sich angeht, so hatten wir mehr als genug Zeit diesmal. Wir hatten die Möglichkeit in den Hamburger Toneworx Synchronstudios professionell aufzunehmen. Dies haben wir unserem langjährigen Weggefährten Martin Schmidke zu verdanken, der seines Zeichens Tontechniker ist und bisher alle Scythe Produktionen realisiert hat. Ausserdem ist er es, der Scythe im letzten Jahr live am Bass unterstützt hat, um das Line up Problem vorübergehend zu lösen.  
Die Aufnahmen haben insgesamt 2 Monate gedauert. Wir gingen im November 2001 ins Gentle Art Studio, um dort die Drums aufzunehmen. Das zwei Mann Line up hat bei den Aufnahmen seine Vorteile. Es macht das Ganze sehr unkompliziert, da man schnell Kompromisse findet. Ausserdem ist es sehr gemütlich.  
Nachdem die Drums vorgemixt waren, gingen wir ins Toneworx, wo ich dann die Gitarren-, Bass und Vocal Tracks aufgenommen habe. Teilweise sind auch Songs bei mir zu Hause aufgenommen worden, die wir dann nur noch mastern mussten.  
Ich denke, dass sich die Arbeit diesmal sehr gelohnt hat.  

Bei meinem Review habe ich geschrieben: "Immer wieder sorgt die naturnahe, wäldliche Stimmung (die auch auf dem Cover wiedergegeben wird) durch geschickt eingesetzte Samples von Naturgeräuschen wie Regen, Wind und weiteres für Abwechslung und für einen roten Faden durch die sonst so grosse Bandbreite der Songs." Welche Beziehung zur Natur habt ihr, wo doch Hamburg nicht gerade auf dem Lande liegt?

Wir geben meistens Hamburg als grobe Bandherkunft an, da ansonsten niemand in Österreich, Schweiz oder wo auch immer überhaupt einordnen kann, wo wir herkommen. Genau genommen kommen wir aus Buchholz (in der Nordheide), das ist 25 km von Hamburg entfernt. Wir haben beide lange in Hamburg gearbeitet, aber leben tun wir auf dem Land. Hier in der Heide gibt es viele Wälder, überhaupt viel ursprüngliche Natur. Hier sind wir aufgewachsen und das hat uns sehr geprägt. Eben diese Möglichkeit sich zurückzuziehen schätzen wir sehr. Wir werden hier auch nicht wegziehen. Wir machen die Bandfotos z.B. an solchen Orten, da dort z.T. unglaublich Eindrucksvolle Lichtverhältnisse herrschen. Gerade in den weiten Heideflächen. Wir können der Grossstadt nicht viel abgewinnen.

Apropos Hamburg: Wie sieht es mit Auftrittsmöglichkeiten in eurer Umgebung aus? Gibt es eine richtige Szene oder ist alles recht zerrüttelt und es gibt nur wenige Bands?

In Hamburg gilt als zentrale Anlaufstelle das „Headbangers Ballroom“. Wir haben dort Ende letzten Jahres gespielt. Sonst verstreut sich das leider sehr stark. Wenn ich mal betrachte, wie es in anderen Regionen ausschaut, so ist das doch leider etwas wenig Aktivität hier. Aber natürlich fühlen wir uns auch verantwortlich dafür, dass sich das Ganze mal wieder stärker belebt. Die besten Metalkonzerte gibt es aber in der Markthalle in Hamburg. Dazu sagen muss man aber, dass es kleinen Bands nur schwer möglich ist da mal als Support aufzutreten oder mit anderen kleinen Bands. 
Schade ist das schon...

So und jetzt doch noch ein paar Worte zu eurer Bandhistory: Was waren die schönsten beziehungsweise die schlimmsten Ereignisse, die ihr zusammen mit der Band erlebt habt?

Die Frage möchte ich vielleicht weniger anhand konkreter Ereignisse beantworten. Vielmehr ist die Tatsache für Scythe wichtig, dass die Band schon seit 1994 besteht. Es gibt mittlerweile Songs, die 8 Jahre alt sind und die uns an längst vergangene Tage erinnern. Wir sind ohnehin der Vergangenheit sehr stark verbunden. Schöne Ereignisse sind somit Abende, an denen Du die alten Songs mit Kumpels hörst, die sie auch noch kennen und schön Bier dazu zu picheln !
Das, was uns am schwersten Gefallen ist, ist die Entscheidung unseren Basser, ehem. Drummer und Gründungsmitglied Olli zu entlassen. Aber ich denke, dass er sich mit „Sufferage“ auch ausleben kann. Wir haben ja noch Kontakt zu ihm.

Das Schlusswort soll selbstverständlich euer sein:

Besten Dank für das Interview. Wir hoffen, Du wirst auch in Zukunft genug Zeit für Schwermetall haben. Auf  www.scythe-metal.de  gibt’s mehr von uns zu hören, zu sehen und zu lesen. Einen metallischen Gruss aus Norddeutschland.

Ja das hoffe ich auch! Vielen Dank euch beiden und alles Gute!