Zuverlässiger als eine Schweizer Uhr wuchtet der helvetische Megalith in jährlicher Dynamik ein frisches Gebilde auf die Tanzbühne. In exakt gleicher Verlässlichkeit garantiert Eluveitie für einen Ohrenschmaus der Extraklasse mit einer gesunden Portion Weiterentwicklung, ohne dabei von ihrem eigensinnigen Death Pagan Metal zu weit abzuweichen.

Mit "Helvetios" ist Eluveitie Eluveitie geblieben: einhundert Prozent Melodic Death Metal plus einhundert Prozent rasende Folklore ergibt immer noch zweihundert Prozent Eluveitie. Von wilden Granaten wie dem Titelsong bis hin zu melancholisch-epischen Schmachtfetzen wie "Scorched Earth" durchdringt das aktuelle Werk alle seelischen Nuancen. Mitsinghymnen wie das bretonisch anmutende "Luxtos" oder mittelschnelle Gassenhauer "Santonian Shores" werden die Fanatiker vor den Bühnen dieser Welt zum Toben bringen. Wie gewohnt schachteln sich Drehleier, Fiedel, Harfe, Flötenklänge und Sackpfeifen virtuos um die elchtöterischen Gitarrenwände.
Gesanglich setzt Eluveite wie immer auf Chrigels kreischiges Grunzen, ab und an auf Chöre, teilweise orientalisch anmutenden gallischem Wehgesang, aber bisweilen auch vermehrt auf Annas Klargesang, der insbesondere im Duett bei "Neverland" oder im brillant eingesungenen "A Rose For Epona" besonders wohltuend daher kommt. Die Helvetier haben deshalb aber weder an Schlagkraft verloren, noch an melodischen Ideen nachgelassen. Einzig ein dezent moderneres Klanggewand und einige sehr poppige Ideen wie "A Rose For Epona" haben sich gegenüber der letzten Veröffentlichung eingeschlichen.

Nach fünf Machwerken in den letzten acht Jahren schnauzt uns der flotte Achter erstmals mit einem Konzeptalbum an. Nicht dass die anderen Alben ohne Konzept daher kamen – die Verbindung aus alten Instrumenten und modernem Todesstahl sowie keltischer Thematik war immerhin Konzept genug, um Eluveitie verdientermassen zur bekanntesten Schweizer Extremmetalformation zu machen. Vielmehr umfasst das Album erstmals eine einzige Geschichte in siebzehn Akten rund um den gallischen Krieg. Erzählt werden die Ereignisse aus der Sicht unserer Urahnen: dem Keltenstamm der Helvetier. In Zusammenarbeit mit Historikern hat der Trupp versucht, dieses fast unmögliche Unterfangen umzusetzen, ohne sich der römischen Subjektivität hinzugeben und von Cäsars lateinischen Propagandaschrift "de bello gallico" beirren zu lassen. Initiiert wird die Geschichte von Alexander Morton, dem Schauspieler aus Valhalla Rising, welcher im "Prologue" mit seinem charismatisch schottischen Dialekt in die Vergangenheit hinüberführt. Der alte Mann erzählt mit seiner sonoren Stimme von den Schrecken des gallischen Krieges und lässt dabei die fürchterlichen Bilder der Schlachtfelder vor dem inneren Auge erneut entstehen. Immer mit passender musikalischer Unterlegung bewegt sich die Geschichte im inneren und äusseren Kampf zwischen Flucht und Konfrontation, zwischen Mut und Melancholie. Die Historie bleibt ohne Happy End. Das einzige was bleibt sind die Klänge aus der damaligen Zeit.

Eluveitie hat ein wahrlich epochales Wunderwerk konstruiert und einen emotional-epischen Soundtrack zu den gallischen Kriegen intoniert, indem sie Geschichte und Mythos gekonnt lyrisch vermischen. Damit präsentieren sich die acht Musikanten nicht nur stückschreiberisch in einer Sonderliga, sondern wissen auch konzeptionell und inhaltlich zu überwältigen. Pflichtkauf.

Albuminfo

Punkte

 

5/5

Label

Nuclear Blast

Veröffentlichung

1/2012

Format

CD

Land

Genre

Pagan Metal