Es ist im Black Metal nicht unbedingt thematisches Neuland sich auch noch so episch mit den Jahreszeiten zu beschäftigen, um dem Konsumenten zwischen dem sterbenden Sommer und dem ewigen Winter in eine Ekstase aus Poesie und Emotion zu versetzen.
Dennnoch überfallen mich spontan positive Erwartungen, als ich "Herbstklagen", das erste Werk des süddeutschen Einzelkämpfers Winterherz, der hier unter dem Bandnamen Waldgeflüster fungiert, zur Rezension in Händen halte, denn ich fühle mich dem äusseren Eindruck wegen erinnert; zum einen an Alexander Suplie und Svafnir, der als Solist mit "The Heathen Chapters" die Naturthematik par Excellence aufgegriffen hat und aus trüber Eingebung auch an Nagelfar und "Hünengrab im Herbst"...
Auch die Tatsache, dass "Herbstklagen" unter dem Banner von Black Blood Records veröffentlicht wird, stimmt mich optimistisch...
Meine Erleichterung ist gross als ich feststellen darf, dass mich meine Vorahnungen nicht getrogen haben und ich es bei Waldgeflüster mit einem Newcomer der Oberklasse zu tun bekommen habe.

Los geht's mit dem Opener "Sommerabend", der aus garstigem Sturmgeheule, Rabengekrächze, Horn-, Pfeifen- und sanften Gitarrenklängen erstellt worden ist.
"Herbst befiel das Land" folgt übergangslos und fegt jeglichen Sanftmut rücksichtslos von der Platte.
Krachiger Schwarzmetall zieht auf, garniert mit Schreistimme der rabiaten Art - zwischen diese Tollwut schleichen sich letztlich aber doch einige zarte Rhythmen einer einsamen Akustikgitarre, was die Tobsucht etwas mildern kann.
Der dritte Track trägt den Namen "Wolfsgeheul" und wird erneut von der Akustikklampfe eingeleitet, ehe der erwartete Sturm losbricht und gewaltige Riffgewitter über den Hörer kommen lässt - hier finden sich auch die flexibelsten Bridges und Tempowechsel, die die recht eintönige Grundmelodie aufblühen lassen.
Nach demselben Prinzip funktioniert auch "Wotan sang", das in meinen Ohren erhabenste Stück der Platte.
"Herbststürme" hingegen lebt von seiner mittelschnellen, dem Titel gemäss von der Intensität her fetter werdenden, Instrumentierung und kommt ohne jeglichen Gesang aus - ein nettes Zwischenspiel.
Regenschauer und ein leises Piano tragen in das längste Kapitel, "Von Einsamkeit...".
Knapp elf Minuten lang steht hier die Vielschichtigkeit der Stimme im Vordergrund; der Gesang erfolgt zweistimmig.
In Kombination mit der erneut eingesetzten Akustikgitarre verrät die Vokalarbeit einen Hang zu Gothic-Kombos der Marke Lacrimosa, auch die melancholische Rhythmik deutet in diese Richtung - toll arrangiert und ein echter Höhepunkt von "Herbstklagen"!
Überraschend roh und ungeschliffen bricht dann "Herbstlich Wanderung" aus dem Unterholz und markiert den Zenit in Sachen Urwüchsigkeit - die elektronischen Saiten sägen minimale Melodien, die Schreistimme schreit, die alte Schule schwingt das Zepter.
Fast übermässig komplex gestaltet wurde das vorletzte Singspiel "Erster Schnee", das trotz aller schwarzmetallischen Aggression anfänglich auch doomige Einschläge enthält und eine gewisse getragene Souveränität symbolisiert - gefällt sicher nicht jedem, steht dem Gesamtbild "Herbstklagen" aber gut zu Gesicht.
Den krönenden Abschluss findet das Album letztlich in "Wintermorgen", einem tollen Instrumentalstück mit wenigen geflüsterten Worten, das den geforderten Hörer in die dumpfe Stille entlässt.

Auch wenn ich mit dem ersten und äusseren Vergleich zwischen Waldgeflüster und Svafnir beziehungsweise Nagelfar inhaltlich nicht unbedingt einen Volltreffer gelandet habe, so würde ich das Album "Herbstklagen" in jedem Falle als Volltreffer bezeichnen, denn wunschlos glücklicher als es Winterherz tut, kann ein Pagan Folk Black Metaller seine Fans nicht zurücklassen.
Er sticht mit umfassendem Songwriting aus der Masse und sorgt alleine dadurch bei Luftsprüngen seitens des Rezensenten.
Damit einher gehen die ansprechende Instrumentierung sowie eine ausgezeichnete Produktion, die besonders den Akustikparts greifbares Leben einhaucht.
Mir hat "Herbstklagen" nicht nur sehr gut gefallen, sondern auch meinen unerschütterlichen Glauben an den deutschen Pagan Black Metal fundiert.
Daher ist mir klar, dass kein Fan des Genres an diesem kleinen Meisterwerk vorbeikommt - unbedingt zugreifen!

Albuminfo

Punkte

 

5/5

Label

Black Blood Records

Veröffentlichung

5/2009

Format

CD

Land

Genre

Black Metal