Was einst einmal als eher klassischer Black Metal-Akt anfing, muss heutzutage kaum mehr etwas mit den damaligen Tagen zu tun haben. So haben es uns bereits viele der "klassischen" Bands vorgemacht und neuerdings frönen auch immer mehr junge Kappellen dem "Trend", ihren Sound heutigen klang- sowie kompositionstechnischen Massstäben anzupassen.

Semargl - aus der Ukraine, für unsere Geografiefetischisten – ist nun genau eine dieser Bands. Auch wenn ich nicht sehr ausführlich mit dem bisherigen Schaffen dieser Band betraut bin, lässt sich anhand des vorliegenden Tonträgers "Manifest" sagen, dass Semargl eine Band ist, der Weiterentwicklung nicht einerlei ist. Von mehrheitlich schnellem Black Metal mit krächzender Stimme sind sie nun an einem Punkt angelangt, wo hohes Tempo nur noch wenige hinter dem Ofen hervorlocken kann. Und was macht eine Band, die das erkennt? Natürlich drosselt sie das Tempo und lässt so mehr Platz für interessante Rhythmen und atmosphärische Passagen. So ist sehr vieles eher im Mid-Tempo anzusiedeln, während jedoch ab und an doch einmal der ungestüme Hochgeschwindigkeits-Black Metal hervor kommt um einen mit Blastbeats eine ordentliche Menge Aggression zu präsentieren.

Die genannten Rhythmen sind vielfach von einem gewissen Groove durchzogen, wobei Semargl es eindeutig vermeiden, simplen Black ’n’ Roll zu spielen, denn die Black Metal-Anleihen sind einfach zu präsent und machen darüber hinaus auch den grössten Teil aus, auch wenn sie allesamt sehr filigran ausgearbeitet sind. Was ich hier allerdings noch gesondert abhandeln möchte, ist die Stimme des Sängers Rutarp. Ich bin zwar überhaupt kein Freund von den ewigen Vergleichen in den Reviews, von denen die wenigsten etwas haben, wenn es sich bei der herangezogenen Band nicht gerade um eine äusserst bekannte handelt, aber hier möchte anmerken, dass seine Stimme der von Nergal von Behemoth - besonders im Hinblick auf 2004 erschienenes Album "Demigod" - gar nicht so unähnlich ist. Auch wurde diese wie auf früheren Alben nicht durch irgendwelche Effekte verfremdet und behält somit einen sehr authentischen Charakter, der die Atmosphäre der Musik perfekt unterstreicht.

Ein weiteres kleines Schmankerl sind die sporadisch eingesetzten elektronischen Spielereien, die sich wie oft üblich nicht nur auf unheimliche Geräuschkulissen beschränken sondern durch diverse Effekte einen ganz eigenen Charakter entwickeln. Besonders hervorzuheben ist hierbei "A lesson ‚S’", welches komplett aus jenen besteht und eine art rituellen Rhythmus beinhaltet, um den diverse andere elektronische Klänge umhertänzeln und damit eine nette Auflockerung nach über 20 Minuten Black Metal bieten.

Was ich dem ganzen aber leider ankreiden muss, ist die doch nicht unbeachtliche Spielzeit. Zwar bin ich immer froh, wenn eine Band eine CD mit über einer Stunde Musik füllt - so hat man wenigstens etwas für sein Geld - aber bei "Manifest" ist es teilweise einfach fast zu viel des Guten. Nicht, weil dieses Album über diese Strecke langweilig würde, aber Semargls Musik ist teilweise schon sehr komplex gestrickt und verlangt dem Hörer einiges ab, auch wenn sie in diesem Bereich nicht zur Spitze des unzugänglichen Black Metal gehören.

Nichtsdestotrotz ist "Manifest" eine runde Sache. Im Allgemeinen sind die Songs alle recht gut und abwechslungsreich und das Songwriting ist in sich geschlossen. Zwar würde ich nicht so weit gehen und dieses Album als Meilenstein oder Must-Have einstufen, aber dennoch ist es in der Punkteskala weit oben anzusiedeln und Fans von modernem Black Metal sehr ans Herz zu legen.

Albuminfo

Punkte

 

4/5

Label

Deathgasm Records

Veröffentlichung

7/2008

Format

CD

Land

Genre

Black Metal