Ich muss gestehen, dass ich Runemagick bisher nur flüchtig kannte. Das neue Album der Schweden hat mich aber schon nach den ersten Minuten bekehrt: So hat Doom Metal zu klingen! Wer auch nur im Entferntesten etwas mit diesem Stil anzufangen weiss, sollte sich auf diese Veröffentlichung stürzen wie ein Veganer auf den einzigen Blattsalat im Catering. Dass ich die letzten sieben (!) Veröffentlichungen dieser Meister mehr oder weniger ignorierte, werde ich mir wohl lange nicht verzeihen können!

Vier der fünf Lieder sind über elf Minuten lang, was den einen oder die andere vielleicht abschrecken mag, aber Runemagick sind definitiv keine Langweiler. Zum nebenbei hören eignet sich "Envenom" natürlich nicht, denn diese Scheibe ist fordernd und schwer zu verdauen! Ich habe in letzter Zeit selten ein Werk mit solch einem Tiefgang erlebt! Noch konsequenter als sämtliche Genrekollegen spielen Runemagick ihren bleischweren "Extreme Doom Metal" so schleppend, dass der Schlagzeuger sich zwischen den Snareschlägen wirklich öfters einen Schluck Bier genehmigen könnte. Da die Gitarren selbstverständlich massiv runtergestimmt sind, wirkt das ohnehin schon sehr düstere Material umso bedrohlicher. Wo My Dying Bride und Konsorten gerne etwas romantisch werden, sind Runemagick einfach abgrundtief dunkel, dabei aber auch schwermütig und erdrückend. Dissonanzen und mehrstimmige Arrangements erschaffen eine unglaublich dichte Atmosphäre. Auf Keys wird gänzlich verzichtet. Dass die extrem zähflüssigen Songs dabei trotz ihrer Überlänge zu keinem Zeitpunkt uninteressant werden, ist eine wirkliche Meisterleistung! Der unheilvolle Death Metal-Gesang wurde relativ sparsam eingesetzt, ist aber über jeden Zweifel erhaben und passt mit seiner sehr finsteren Ausrichtung perfekt ins Geschehen. Ein Gänsehautgarant. Hin und wieder stösst man auch kurz in Midtempo-Gefilde vor und man arbeitet gekonnt mit verschiedenen Verzerrungsgraden, was der Dynamik äusserst dienlich ist. Die Kompositionen sind linear aufgebaut, eindeutige Wiederholungen vernimmt man also selten. Dies ist sicher nicht Jedermanns Sache.

Produziert ist "Envenom" für diese Art von Musik einfach perfekt! Die Gitarren sind tonnenschwer, punkten mit variablen Sounds und Effekten und fügen sich einwandfrei ins homogene Klangbild ein. Das Schlagzeug wurde endlich mal wieder so natürlich aufgenommen, dass es eine Freude ist! Das Booklet ist ziemlich minimalistisch, aber gelungen.

Ich weiss nicht, wie viele Male ich dieses Werk jetzt schon durchgehört habe, aber ich bin nach jedem Durchlauf begeisterter! Diese Scheibe ist dunkler als der grösste Teil der imageorientierten Black Metal-Veröffentlichungen, härter als die meisten Hochgeschwindigkeits-Alben von Brutal Death-Bands, dabei aber ergreifend und erhaben! Kaufen!

Albuminfo

Punkte

 

5/5

Label

Aftermath Music

Veröffentlichung

5/2005

Format

CD

Land

Genre

Doom Metal