Elektronische Töne, die einem an Ausserirdische denken lassen, sind das Erste, was man auf dem Erstling von Aquilon zu hören bekommt. Glücklicherweise erklingt aber schon bald eine Stimme, die wiederum deutlich einem menschlichen Wesen zuzuordnen ist. Das Einzige, was jetzt noch eher fremdartig ist, ist die Sprache: im Metal selten verwendetes Französisch überrascht die Lauscher auf überaus positive Weise. Der Gesang ist aggressiv, deutlich und sehr am Rhythmus orientiert. Ganz leise Erinnerungen an Nu Metal oder französischen Hip Hop lassen sich nicht vertreiben. Doch das Ganze ist einfach sehr mitreissend und kraftvoll. Man ist verleitet, den Opener wegen seiner Modernität in eine neue Sparte wie z.B. Metalcore einzuteilen zu versuchen. Doch diese Mühe muss man sich erst gar nicht machen, denn schon beim nächsten Lied kommt eh alles ganz anders: Der Monsieur Chanteur ist nun fürs Grunzen zuständig und wird dafür von einer seiner Band-Kolleginnen in höherer Stimmlage begleitet. Prinzipiell wäre das Ganze auch gut, bloss wäre es noch besser, würde sich die Träller-Tante nur noch auf ihr Keyboard konzentrieren – ihre Stimme ist nicht überwältigend und stört das ganze Klang-Bild eher, als dass sie es bereichert. Mit der Spieldauer des Albums verbessert sich aber genau dieses weibliche Element und man kann immer mehr von einem harmonischen Zusammenspiel der zwei Gesänge sprechen. Das führt schlussendlich dahin, dass man gewisse Lieder der Franzosen stark mit solchen der Gothic-Metaller Lacuna Coil vergleichen kann. Aquilon sind einfach einen Zacken aggressiver und moderner, was aber nicht bedeutet, dass sie deswegen weniger zugänglich sind. Der Wiedererkennungseffekt der Lieder ist gross und sie prägen sich einem so sehr ein, dass man am liebsten mitsingen würde. Tolle Leistung!
Spätestens nach der Hälfte der Scheibe sollte allen klar sein, dass es kaum möglich ist, diese Musik genau zu benennen: Elemente aus Death Metal, Dark Metal, Metalcore und Gothic Metal finden sich auf "Intramedia". Dieser Mix wird manchmal, aber zum Glück nicht allzu oft, mit unnötigem Keyboard-Geklimper garniert.
Mit dem letzten Lied (Bonus), eine nur von Akustik-Gitarren begleitete Ballade, darf Sängerin Anne schliesslich noch den Beweis antreten, dass sie eigentlich doch etwas drauf hat.
Dieses letzte Lied ist für mich symbolisch für das ganze Album: ein bisschen mehr Schlichtheit würde den sechs Musikern ganz gut stehen. Sonst aber beeindrucken sie durch Originalität und eine stilistisch grosse Spannbreite. Wer also für so etwas offen ist, für den ist Aquilon die diesjährige Neu-Entdeckung aus Frankreich.
Albuminfo
Punkte
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3/5
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Label
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Adipocere Records
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Veröffentlichung
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10/2004
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Format
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CD
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Land
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Genre
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Death Metal
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