Verheerer sind noch völlig unbekannt, haben aber nach sieben Jahren Bandgeschichte ihr geniales Debüt veröffentlicht und damit einen Überraschungserfolg gelandet. Ihr roher Schwarzstahl geht unter die Haut. Doch im Netz sind Verheerer geizig mit Informationen. Deshalb hat Schwermetall die beiden Macher hinter Verheerer I und II zur Truppe befragt.
Bei den meisten Truppen ist eine Diskussion über die Entstehung kaum interessant. Denn alles ist irgendwo bereits niedergeschrieben und nachlesbar. Über euch gibt es kaum Informationen, ausser, dass ihr aus Flensburg kommt und dass es Verheerer bereits seit 2008 gibt. Gibt es dazu noch mehr zu sagen? Womit habt ihr euch bis zur Debut EP beschäftigt?
I: Moin erstmal.
Wir haben in der Zeit von 2008 bis jetzt genug Material zusammen geschrieben, um locker ein Album zu füllen, jedoch immer etwas abgewartet und es mal liegen lassen und an anderer Stelle weiter gemacht. Entsprechend lang hat es gedauert, bis wir dann "unseren" Stil gefunden haben.
Der nächste Zeitfresser war der Plan, als reguläre Band Musik zu machen. Mit Proberaum, festem Line-Up usw. Wir merkten dann aber nach der x-ten verschobenen, abgesagten oder nicht zufriedenstellenden Probe, dass es schwierig wird, unsere Vorstellung mit mehr als 2 Leuten zu verwirklichen. Entsprechend haben wir dann schlussendlich den Stecker gezogen und uns wieder auf uns konzentriert.
Eurer musikalischen Qualität und der Produktionsgüte ist abzulesen, dass ihr wohl mit Verheerer nicht euer erstes musikalisches Projekt in Angriff genommen hat. Wer steckt hinter Verheerer, woher könnte man die Mitstreiter kennen?
I: In Schleswig-Holstein gibt es zwar nur eine Handvoll Black Metal-Bands, dennoch stehen wir mit keinen der bekannten Namen in Verbindung. Einzig unseren Session-Drummer Sören kennt man vielleicht von seiner Ex-Band Buried in Black oder der Heavy Metal Band Paragon. Aber er war eben nicht am Songwriting-Prozess beteiligt. Ansonsten haben wir vor Verheerer Musik eigentlich nur im Proberaum gemacht.
Umso erstaunlicher ist euer Debüt "Archar" damit! Warum habt ihr euch entschieden, diese als EP zu veröffentlichen? Bei selbiger Spieldauer haben andere auch schon von einem vollen Album gesprochen.
Ich habe eure Musik mit Funeral Procession oder Der Weg einer Freiheit verglichen. Könnt ihr mit diesem Vergleich leben oder eine bessere Beschreibung auf Lager? I: Mit Funeral Procession kann ich leben, auch wenn ich jetzt nicht so der Kenner der Band bin. Der Weg einer Freiheit ist vollkommen an mir vorbeigerauscht. Wir haben an anderer Stelle was von alten Mayhem oder Watain gelesen... Aber wie jeder anderer Musiker sage ich jetzt natürlich, dass wir unsere Musik nicht vergleichen und wir uns in keine Schublade stecken. Wobei: Bands wie Bloodbath sprechen evtl. auch offen darüber, schon mal was von Entombed gehört zu haben... II: Der Weg einer Freiheit ist mir definitiv neu, auch weil ich die Jungs musikalisch nicht so verfolgt habe... Nun, eine bessere Beschreibung würden wir gern liefern, aber da haben selbst wir leider keinen Konsens gefunden. I: Ehrlich - wir haben da sogar mal drüber gesprochen! II: Wir lassen uns einfach mal überaschen, was die verschiedenen Rezensenten so heraus hören... ;-) Würd mich aber wundern, wenn nicht die ein oder andere skandinavische Truppe drunter ist... Eure Debut EP "Archar" lockert die Atmosphäre immer wieder mit Samples auf. Stammen diese von Filmen? Wenn ja, wie ist es zur Wahl der Samples gekommen? Ihr seid noch ohne Label unterwegs. Macht ihr den Vertrieb und die Vermarktung bewusst selber oder ist euer Ziel irgendwann mit einer Plattenfirma zusammenzuarbeiten? Worauf kommt es in einer digitalen Welt an, wenn man in der Masse an Veröffentlichungen noch vermarktbar sein will? I: Von einem Vertrieb kann nicht wirklich die Rede sein, wenn wir unsere EP zum freien Download anbieten. Aber ich glaube ich weiss, worauf du hinauswillst:
Wir haben nicht den Plattenvertrag bei Nuclear Blast vor Augen - wir haben unsere Vorstellung die stimmig sein muss. Wenn ein Label uns dabei unterstützen möchte und beide Parteien voneinander profitieren wäre das natürlich ein Glücksgriff. Bis es soweit ist, machen wir weiter wie gehabt. Schön wäre zum Beispiel mal eine wertige Aufmachung. Das wurde jetzt aus Kostengründen erstmal eingespart. Aus den Textpassagen glaube ich Gesellschaftshass herauszuhören. Andererseits ist "Archar" ein Fluss in Bulgarien. Könnt ihr das Rätsel um eure Texte etwas entwirren? Nachlesen konnte ich sie leider in der Digitalversion des Albums nirgends. II: Erst einmal Danke für die Erweiterung meines Horizontes. Dass es sich bei der Archar auch um einen Fluss handelt, war mir bisher nicht bekannt.
Über den Titel möchte ich den Mantel des Schweigens hüllen und überlasse dies dem interessierten Hörer. Mit ein wenig linguistischem "um die Ecke denken" kommt man aber vielleicht auf die Idee dahinter... I: Eventuell gibt es für uns mal ein reizvolles Format unsere Texte zu veröffentlichen. Der Gesang ist ja nun nicht zu extrem, als dass es ausgeschlossen ist, zu verstehen was gesungen wird - da kann man die Texte entsprechend auch veröffentlichen. I: Wir sind Menschen innerhalb einer Gesellschaft, haben Freunde, haben Familie und haben Arbeit. Ich bin nicht so borniert, zu glauben, dass ich was besseres bin, weil ich evtl. etwas reflektierter auf gesellschaftliche Prozesse, Normen und Konventionen blicke. In sofern ist Hass auf die Gesellschaft nicht so mein Thema, da ich unweigerlich ein Teil des Ganzen bin. Schwarzstahl ist immer wieder ideologisch und dogmatisch geprägt. Eurer musikalisch traditionellen Ausrichtung entsprechend, vermute ich, dass ihr hier in eine ähnliche Kerbe schlägt. Spielen Satanismus, Menschenhass oder Nihilismus für euch im Alltag eine Rolle? II: Nun, die Idee, dass jeder wahre Black Metaller 24/7 im Wald die Bäume tothasst, hat sich wohl mittlerweile als überholt heraus gestellt. I: Im Prinzip ist es hier wie mit unserer Musik. Ich denke nicht darüber nach, wo dieses Weltbild, das ich habe, denn nun einzuordnen ist. Musik ist für mich zwar mehr als Hintergrundrauschen, aber ich hole nicht den "Black Metal 101" raus und schaue nach, ob meine Meinung denn in das Schema passt. Wie geht es in Zukunft mit Verheerer weiter? Sind Liveauftritte ein Thema für euch? Wann segnet ihr den Planeten mit einem Volllängewerk? I: Live-Auftritte sind nicht ausgeschlossen. Da diese Frage schon mal in anderem Zusammenhang aufgetaucht ist, haben wir mittlerweile Musiker gesucht (und gefunden), die uns als Session-Musiker zumindest auf der Bühne zum Status "Band" verhelfen können. Allerbester Dank gilt hier nochmal Sören für die Schlagzeugarbeit auf Archar.
Gegenwärtig schreiben wir am Material und dem Rahmen für die Nachfolge-EP. Wenn wir nicht die nächsten 6 Monate wieder nur Reign in Blood und Panzerdivision hören stehen die Chancen aber nicht schlecht, dass auch diesmal eine Spielzeit um die halbe Stunde erreicht wird. Ein Album ist noch nicht geplant - mal sehen was 2016 bringt. Vielen Dank für die aufschlussreichen Antworten!
Was die Vermarktbarkeit angeht: ich kann da jetzt ja nicht so aus Erfahrung sprechen, weil der nicht abreissende Erfolg uns nicht niedergewalzt hat, aber ich glaube, dass eine gesunde Selbstkritik und ein stimmiges Gesamtbild sicher nicht schadet.
Durch den Titel und die Lyrics zieht sich ein roter Faden, der sich im Falle dieser ersten EP noch recht "locker" verwoben darstellt. Grundsätzlich entstehen die Texte um eine gewisse Kernidee herum, sei es ein Ereignis, eine Idee oder These, und was dann daraus wird, entsteht meist erst im Verlauf des "Schaffensprozesses"; teilweise ähnelt das Ergebnis dem geplanten Inhalt dann nur noch in seiner Kernaussage.
Als Musik-Konsument empfinde ich es jedoch als geistig deutlich erfrischender, mir meine eigene Deutung der Texte zurechtzulegen, und mehr als einmal erlebt habe, wie ein Musiker seine Texte erklärt hat und diese Deutung mir ganz einfach gesagt, deutlich "stumpfer" als meine Auslegung erschien.
Ich bin der Meinung, dass jede Form spiritueller Abhängigkeit den Menschen nur an der Entfaltung seiner eigenen geistigen Möglichkeiten hindert und allzuoft als Rechtfertigung dient, sein Hirn an der Garderobe abzugeben.