Wenn der Genrebegriff "technischer Death Metal" fällt,
denkt sicherlich kein Mensch zuerst mal an die Schweiz - an das zweisprachige
Biel sowieso nicht. Dennoch gibt es dort eine Band namens Scathing, welche sich
diesen Stil zur Hauptaufgabe gemacht hat. Die Bandgeschichte ist zwar noch jung,
aber das Demo Scars Of The Past lässt dennoch aufhorchen.
Bald sollen weitere Songs aufgenommen werden. Doch bis es soweit ist, sollen
Euch Scathing erst mal erklären, was es mit ihnen so auf sich hat, warum sie
ihre Freizeit in einer Tierstallung verbringen und ob es denn ein Vorteil ist,
wenn man als "bi-lingue" Act in Richtung Metal loswandert.
Scathing bedeutet soviel wie "ätzend". Wie kommt man denn auf einen solchen
Bandnamen? Beim "Lösungsmittelschnüffeln"?
Pieric: Nein, nicht ganz. Es ist ja immer schwierig für eine Band, einen Namen
zu finden. Wir hatten ein paar zur Auswahl, aber schlussendlich haben wir uns
für Scathing entschieden. Der Name hat eigentlich keine grosse Bedeutung. Wenn
überhaupt, dann steht er für "ätzend" in einem kritischen Sinne, wie er in
unseren Texten teilweise vertreten ist.
Erzähl doch etwas über die Bandhistory.
Pieric: Tobi, der Drummer, und ich spielen schon lange zusammen. Wir hatten
anfangs versuchsweise auch einen Bassisten, aber der interessierte sich nicht so
sehr für Metal. Im Oktober 2000 kam Oli zu uns, den wir schon länger kannten und
der uns schon öfters gefragt hatte, ob er bei uns mitmachen könne. Danach fingen
wir an, eigene Songs zu schreiben, die wir dann ein halbes Jahr später auch
aufgenommen haben.
Euer Texte handeln von Hass, Verzweiflung, Wut, Schmerz etc., sagen aber
eigentlich nichts Konkretes aus.
Pieric: Wir wollen auch keine Message rüberbringen. Meine Texte beinhalten
persönliche Ansichten und Erfahrungen, und es geht mir eigentlich nicht darum,
diese unbedingt jemandem mitzuteilen. Es gibt sicherlich ein paar Texte, mit
denen man sich selbst identifizieren kann, wenn man mal etwas ähnliches erlebt
hat. Darüber hinaus können sie natürlich auch frei interpretiert werden.
Ihr spielt ziemlich technischen Death Metal, was in der Schweiz nicht so sehr
verbreitet ist und auch nicht unbedingt nahe liegt, wenn man bedenkt, dass Ihr
mal mit Metallica und Sepultura Covers angefangen habt. Woher kam denn dieser
stilistische Umschwung?
Pieric: Das war eigentlich gar kein grosser, stilistischer Umschwung, da wir ja
auch andere Sachen wie beispielsweise Fear Factory oder Meshuggah mögen. Dazu
kommt, dass wir eher "rhythmisch begabt" sind und uns Melodien nicht so liegen.
Ursprünglich war auch ich Drummer, und daher bauen sich unsere Songs
hauptsächlich auf Rhythmen auf.
Man kann sich ja nicht einfach so ohne weiteres entscheiden, technischen
Death Metal zu spielen. Dazu gehört auch sehr viel Übung und Arbeit.
Pieric: Arbeit in dem Sinne, dass man einfach viel spielen muss, was Tobi und
ich praktisch jeden Tag tun, weil wir auch nah beieinander wohnen. Oli studiert
in Zürich und kommt dementsprechend nur am Wochenende zu den Proben. Wenn Tobi
und ich eine Songidee haben, bauen wir sie aus, und wenn Oli dann am Wochenende
dazu kommt, legt er noch seine Basslines darunter. So entstehen unsere Songs.
Es gibt nicht viele schweizerische Bands, die technischen Death Metal machen,
und zudem ist diese Stilrichtung sicher noch weniger populär als der straighte
Death. Fühlt Ihr Euch dadurch manchmal etwas verloren oder exotisch?
Pieric: Eigentlich sammeln wir ja erst noch unsere Erfahrungen, aber es ist
schon so, dass nicht besonders viele Leute auf diesen Stil "abfahren". Dennoch
wollen wir Musik machen, die speziell für uns anspruchsvoll ist, und wir haben
auch eine kleine Fangemeinde, was uns erst mal genügt. Es geht uns darum, von
anderen Leuten eine Beurteilung oder Referenz zu erhalten. Wir möchten wissen,
was diejenigen Leute von uns denken, von denen auch WIR etwas halten, vor allem
in technischer Hinsicht. Wir haben viele Bekannte aus anderen Musikbereichen wie
beispielsweise dem Funk- oder Jazzsektor, und es ist uns auch wichtig, aus
dieser Ecke Feedback zu erhalten, nicht nur von den Metallern. Um Erfolg geht es
dabei erst mal nicht.
Ich habe über den ersten Titel der CD geschrieben, dass er etwas überladen
sei. Ist das etwas, worauf Ihr ab und zu achten resp. Euch selbst bremsen müsst?
Pieric: Wir haben ja lange Zeit ohne Gesang Musik gemacht. Die Gesangslinien
sind erst im Nachhinein entstanden. Uns ist der musikalische Teil auch eindeutig
wichtiger als der Gesang, der im Endeffekt nur eine Ergänzung darstellt. Daher
besteht ein grosser Teil unserer Songs aus instrumentalen Parts. Der Gesang wird
schlussendlich den Songs angepasst. Was das erste Stück betrifft, das Du erwähnt
hast: Wir empfinden ihn nicht als zu überladen, wenn wir ihn selbst spielen,
aber es ist gut möglich, dass er nach aussen hin so klingt.
Auf Eurer CD gibt es einen Song, bei dem ein gewisser "Darkmark" die Vocals
übernommen hat. Wer ist er?
Pieric: Das ist ein alter Freund von uns, der einfach mal bei uns mitmachen
wollte. Sein Kritikpunkt war, dass unsere einzelnen Songteile immer viel zu
schnell zu Ende sind. Daraufhin haben wir einen Riff geschrieben, der etwas
länger dauert und auch einfach ist, damit der Gesang im Song auch seinen Platz
finden konnte. Dadurch fällt dieser Titel natürlich etwas aus dem Rahmen.
Erzähl doch mal etwas über die Produktion Euer Demo CD. Ich nehme an, es ist
die erste, die ihr gemacht habt.
Pieric: Wir haben diese CD im Übungsraum mit einem 8-Spur Recorder
"zusammengeflickt". Die Aufnahmen waren natürlich sehr anstrengend, aber im
Endeffekt hat es trotzdem viel Spass gemacht.
Wie sieht denn so ein "Bieler Übungsraum" aus?
Pieric: Das ist ein ehemaliger Schweinestall, der mittlerweile zu einem Zimmer
umgebaut wurde. Das Zimmer ist sehr klein, aber gemütlich. Wir müssen halt immer
viel lüften, haha.
Ich habe gelesen, dass Ihr fünf weitere Songs aufnehmen wollt. Wie werden
diese klingen? Gibt es etwas, auf das Ihr speziell Wert legen werdet?
Pieric: Ja, wir werden mehr Wert auf die Produktion legen, damit die neue CD
einen verbesserten Sound bekommt. Die neuen Songs werden spielerisch auch
anspruchsvoller sein. Wir spielen jetzt bereits wieder ein halbes Jahr länger
zusammen, und das wird man am Schluss sicherlich auch hören.
Per Ende Oktober habt Ihr selbst ein Death Metal Festival organisiert. Hilfe
zur Selbsthilfe?
Pieric: Auch, aber nicht nur. Der Grundgedanke war, dass wir hier in Biel
relativ schlecht mit Metalkonzerten versorgt werden. Wir wollten etwas
organisieren, damit die Bieler Fangemeinde nicht immer nach Pratteln rennen
muss, wenn sie ein Konzert sehen will. Selbstverständlich treten wir selbst dort
auch auf, sowie drei weitere Bands aus Biel, Darkmoon aus Basel und Voracity,
eine Thrashband aus dem Kanton Uri.
Biel ist ja eine "zweigeteilte" Stadt, halb französisch- und halb
deutschsprechend - eine Art von "Bindegliedstadt". Bringt Euch das Vorteile, da
ihr dadurch auch Kontakte ins Welschland knüpfen könnt?
Pieric: Bisher haben wir diesen Vorteil noch nicht gespürt, aber es mag schon
sein, dass sich diese Tatsache irgendwann mal vorteilhaft für uns auswirken
wird. Biel ist allerdings nicht so sehr "bi-lingue", wie alle meinen. Wir
sprechen hier zwar beide Sprachen, aber die Einwohner sind untereinander nicht
so besonders einig. Da gibt es auf der einen Seite die Romands und auf der
anderen die Deutschschweizer. Von einer gesamthaften Kommune kann man nicht
sprechen.
Scathing - Rhythmen aus dem Schweinestall
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- Geschrieben von Skoddete
- Kategorie: Interview
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Wenn der Genrebegriff "technischer Death Metal" fällt, denkt sicherlich kein Mensch zuerst mal an die Schweiz - an das zweisprachige Biel sowieso nicht. Dennoch gibt es dort eine Band namens Scathing