Also irgendwie haben sie uns schon ganz schön begeistert,
die Irländer namens Cruachan. Mit ihrem arg folklastigen The Middle Kingdom
passen sie eigentlich gar nicht so recht zur sonstigen Kundschaft von the
renewal, was ja aber wohl niemanden stören tut. Nur ... wie kann man auf einem
Photo so grimmig in die Weltgeschichte schauen, wenn man eine dermassen nette
Fronterin vor sich stehen hat? Es war übrigens die Idee unseres Redakteurs, die
Auflösung des Bildes herunterzuschrauben, damit Ihr Euch auf das Wesentliche,
nämlich das Interview, konzentrieren könnt (der Speicherplatz ... es ist wegen
dem Speicherplatz! - Anm. d. Red.). Aber wir wollen jetzt nicht länger Eure und
unsere Zeit vertrödeln, denn John O'Fathaigh hat Euch einiges zu sagen.
Gib uns doch kurz mal einen Ueberblick über Eure Bandgeschichte. Wo kommt Ihr
her und wie hat alles angefangen?
John: Wir sind aus Irland. Cruachan wurde aus Ueberresten anderer Bands, die
seit 1989 existierten, im Jahre 1992 gegründet. Eine dieser Bands war Minas
Tirith, wo auch die eigentlichen Wurzeln von Cruachan zu finden sind. Mein
Bruder Keith war der Gründer von Minas Tirith. Er nahm irgendwann John: Clohessy,
mich und noch ein paar andere Musiker mit an Bord, und schon war Cruachan
geboren.
Was bedeutet denn dieser Name, Cruachan?
John: Also eigentlich ist das ein Ort in Irland. Cruachan ist die alte
Hauptstadt von Connaught, welches heute zum Roscommon Landteil gehört und aus
zahlreichen Burgen und Festungen besteht. Aber es gibt auch noch eine Höhle
dort, die Höhle von Cruachan, die, wie man früher vermutete, den Eingang zur
heidnischen Unterwelt darstellte. Und als die Christen die Heiden konvertierten,
benannte man die Höhle in 'Eingang zur Hölle' um.
Ich hab im Review geschrieben, dass Ihr nicht Metal mit keltischer Musik
verbindet, sondern eher keltische Musik mit Metal. Würdest Du auch sagen, dass
Ihr mehr keltisch als 'metallisch' orientiert seid?
John: Ja, ich denke, das kann man so sagen, bei diesem Album sowieso. Die letzte
Platte, Tuatha na Gael, war sehr viel Metal orientierter. Aber dieses Mal
wollten wir einen kompletten Hybriden haben, ein 50/50 Gemisch. Tuatha na Gael
war damals eigenständig, aber es gibt immer mehr Bands, die diesen Folk/Metal
Mix machen. Da wir aber eigenständig bleiben wollten und auch bereit waren,
einige Risiken dafür einzugehen, kam das dabei heraus, was nun auf The Middle
Kingdom zu hören ist. Ich habe bis jetzt noch keine andere Band gehört, die
diese Art von Folk/Metal Kombination macht. Also denke ich, dass wir auch heute
noch als eigenständig bezeichnet werden können. Wir verleugnen unsere Black
Metal Roots nicht, und es gibt eigentlich nichts, was uns davon abhalten würde,
auf dem nächsten Album wieder eine Menge Blastparts einzuspielen ... wenn's
passiert, dann passiert's ... wir schreiben die Songs so, wie wir uns gerade
fühlen. Somit können wir nicht voraussagen, was wir als nächstes tun. Trotzdem,
wir werder IMMER Folk und Metal kombinieren!
Den Song Fuair An Chroi finde ich sehr interessant. Der Gitarrenriff erinnert
mich an Offspring oder andere Alternative Bands. Bei Unstabled habt Ihr sogar
einen kleinen Ska Part kombiniert mit geshouteten Backing Vocals eingebaut. Ihr
liebt es wohl, mit verschiedenen Musikstilen herzumzuspielen, oder?
John: Es hat uns krank gemacht, ständig Alben zu kaufen, die genau gleich
klangen wie die Vorgänger, oder solche, auf denen jeder Song wie der andere
klingt. Scheisslangweilig sowas! Ich mag es, wenn ein Album sehr variantenreich
ist, Du aber immer noch weisst, dass es die gleiche Band ist, die Du Dir da
anhörst. Das wollen wir mit unserer Band erreichen. Wir möchten, dass sich jedes
Album anders anhört, aber nicht so sehr anders, dass Du nicht mehr erkennen
könntest, dass das Cruachan ist. Was Du 'Ska'-Part genannt hast, haben wir
verwendet, da Unstabled von wilden Pferden handelt. Dieser Part soll den
Eindruck von galoppierenden Pferden vermitteln, und dieses 'Klimpern' passte
halt irgendwie zu dem Stück. Ach ja, wegen Offspring ... die mag ich ja
überhaupt nicht! (wir auch nicht - Anm. d. Red.) Fuair An Chroi ist einfach
anders als die restlichen Stücke auf der Platte, vielleicht, weil es ein älterer
Titel ist, den wir neu aufgenommen haben.
Wer von Euch kam denn mit dieser Idee, die Folk/Metal Kombination meine ich?
War es zu Beginn eine Art Sideprojekt oder stellte dies schon seit jeher die
Richtung dar, die Ihr als Musiker gehen wolltet?
John: Mein Bruder Keith und einige ältere Cruachan Mitglieder waren, wie ich ja
schon sagte, in Minas Tirith aktiv, und die hatte schon einige wenige
Folkelemente in den Songs. Zu dieser Zeit fing ich gerade an, das Spielen von
Folkinstrumenten zu erlernen. Also war es irgendwie normal, dass wir angefangen
haben, diese beiden Elemente zu kombinieren. The Fall Of Gondolin vom Tuatha na
Gael Album ist ein alter Minas Tirith Titel, der 1990 geschrieben wurde. Daran
merkst Du schon, dass sich unser Musikstil langsam dorthin entwickelt hat. Wir
haben immer den Folk geliebt, den Metal aber auch. Da wir in erster Linie die
Musik schreiben, die wir selbst gerne hören wollen, haben wir diese beiden
Stilrichtungen vermischt.
Ich finde es faszinierend, dass Ihr echte Folkinstrumente benutzt und die
auch noch selber spielt. Was sind denn das für welche?
John: Wir benutzen Blechpfeifen, was im Prinzip eine einfache Variante einer
Flöte ist. Eine irische Flöte ist anders als eine Konzertflöte. Sie ist aus Holz
gemacht und hat einen tieferen Sound. Uilleann- oder Ellbogenpfeifen, welche ich
übrigens gerade versuche zu erlernen, gehören mit zu den kompliziertesten
Instrumenten, die es gibt, was die saubere und exakte Spielweise betrifft. Du
kannst sie mit einem Dudelsack vergleichen. Der Unterschied ist, dass Du die
Luft in den Sack pumpst, Du bläst sie nicht rein. Der Vorgang ist technischer
als derjenige beim Spielen eines Dudelsacks. Die Bouzouki ist eine Art von
akustischer Gitarre, die ursprünglich aus Griechenland stammt, mittlerweile aber
in die irische Folksmusik integriert wurde. Das Bodhran, gesprochen 'Bowron',
ist ein kleines Drum mit Ziegenlederbespannung, welches man entweder mit
Drumstik oder der blossen Hand spielen kann.
Der Titel Euers neuen Album lautet The Middle Kingdom. Was bedeutet das?
John: The Middle Kingdom ist das Königreich des Faerie, welches nicht
vollständig in dieser Welt existiert, aber auch nicht vollständig in einer
anderen, eine Art Zwischenwelt also, so wie Cruachan. Wir sind nicht nur Folk
und auch nicht nur Metal. Wir haben eine Vorliebe für Faerie Iore und die
keltische Mythologie. Somit passt das gut zu unserer Musik.
Von was handeln Eure Lyrics? Von den Naturreligionen? Von der Geschichte
Eures Landes?
John: Wir sehen uns eigentlich mehr als Geschichtenerzähler oder moderne Barden,
die keltische Mythen und Legenden einer vergangenen Zeit besingen. Wir haben das
auch auf diesem Album beibehalten, ausser auf 2 Songs, da singen wir über den
momentanen Zustand der Welt und all die Dinge, die wir für die Zivilisation
zerstört haben oder noch zerstören. Oro se do bheatha abhaile handelt von einem
wichtigen Ereignis für meine Leute. Es ist in den Linernotes des Albums erklärt,
also gehe ich hier nicht näher darauf ein. Wir versuchen nicht, die Menschen zu
Religion oder Heidentum zu bekehren. Wir sehen unsere Musik nicht als Plattform
dafür. Es ist jedem selbst überlassen, was er für richtig oder für falsch
befindet.
Ihr habt ein paar Auftritte in der Vergangenheit gemacht, mit keltischen
Kleidern bekleidet. Ist der visuelle Aspekt Eurer Musik für Euch sehr wichtig?
John: Der ganze Charakter von Cruachan war uns sehr wichtig. Wir sangen,
schrieben Musik und trugen die Kleider unserer Vorfahren. Das war einzigartig
und weckte auch das Interesse der Leute für unsere Live Shows. Wir wollen das
wieder machen, aber vielleicht nicht in gleichem Masse wie früher, weil wir das
Gefühl hatten, dass es ein wenig zu sehr nach Werbegag aussah, und wir wollen
nicht, dass die Leute uns für genau das halten.
Ihr habt mal fast bei Century Media unterschrieben, es aber dann
schlussendlich doch nicht getan. Was passierte danach? Ich habe gelesen, dass
Ihr die Bandaktivitäten einstellen wolltet. Ist das wahr?
John: Wie haben damals bei Century Media nicht unterschriebn, weil wir das
Gefühl hatten, dass man uns dort nur wenig künstlerlische Freiheiten einräumen
würde. Ich habe persönlich nichts gegen das Label. Das ist eine ziemlich
professionelle Organisation, aber es war einfach nichts für uns zu dieser Zeit.
Wir haben danach die Bandaktivitäten zwar nicht eingestellt, aber ich musste
Cruachan aufgrund persönlicher Probleme verlassen. Nach einer Weile verlor mein
Bruder Keith das Interesse daran, bei einem Label zu signen, und so hörte die
Band quasi auf zu existieren. Wir schrieben noch Songs und spielten sie auch.
Aber nach aussen hin sah es natürlich so aus, als ob wir entgültig weg wären. Es
war wie ein Verstecken vor der Oeffentlichkeit. Im Januar 1999 beschlossen wir,
wieder zurückzukehren, nachdem viele Leute ihr Interesse an einem neuen Album
bekundet hatten. Ich hatte meinen persönlichen Kram geregelt und Cruachan
bereits neue Leute an Bord. Dann kam der Vertrag mit Hammerheart. Und nun sind
wir zurück, und zwar um zu bleiben!
Kürzlich ist ein Album von einer anderen, irischen Band herausgekommen,
Primordial, die ja auch Folkelemente in ihre Musik einbinden, allerdings sehr
viel Metal orientierter sind. Kennst Du das Material und was denkst Du über
deren Interpretation der Metal/Folk Kombination?
John: Ja, wir kennen Primordial gut. Wir sind schon seit Jahren mit Alan und
Ciaran befreundet. Ehrlich gesagt dache ich bis jetzt, dass ihr Demo das beste
war, was sie bis The Burning Season herausgebracht hatten. Ich höre mir zur Zeit
gerade Spirit The Earth Aflame an. Es ist exzellent, ihr bestes Werk bis anhin.
Sie benutzen subtile Folkinterpretationen in ihrer Musik und machen meiner
Meinung nach etwas total anderes als wir, was gut ist, denn welche Band will
schon 100 Clones von sich selbst hören. Sie sind sehr eigenständig, und das ist
einer der grössten Pluspunkte, denn dies zu sein, ist heutzutage eine schwierige
Sache.
Was sind Eure nächsten Pläne für die Band?
John: Wir wollen gegen Ende des Jahres oder Anfang des nächsten Jahres ein neues
Album aufnehmen und hoffen, dass wir auch im Ausland touren können, was wir bis
jetzt noch nicht gemacht haben. Hoffentlich sehen wir Euch alle bei einem Gig
irgendwann in naher Zukunft. (da kannst Du Deinen Buzouki oder wie das Ding
heisst drauf verwetten - Anm. d. Red.) Danke für das Interview und ein mächtiges
HAIL an alle, die uns über die Jahre unterstützt haben. Ihr seid die wahren
Seelen der Ahnen! Slan, a chara.
Cruachan - Kelten im Hybridenrausch
- Details
- Geschrieben von Skoddete
- Kategorie: Interview
- Zugriffe: 7334
Also irgendwie haben sie uns schon ganz schön begeistert, die Irländer namens Cruachan. Mit ihrem arg folklastigen The Middle Kingdom passen sie eigentlich gar nicht so recht zur sonstigen Kundschaft von the renewal...