Die Magisterarbeit von Philip Akoto wurde vom Telos Verlag aufgegriffen und veröffentlicht, dementsprechend wissenschaftlich gibt sich die Arbeit...
Die Magisterarbeit von Philip Akoto wurde vom Telos Verlag aufgegriffen und veröffentlicht, dementsprechend wissenschaftlich gibt sich die Arbeit. Ziel seiner Untersuchung ist es, herauszufinden, welche Rolle die thematische und ästhetische Todesfokussierung als ein tragendes Hauptmotiv von Gothic, Industrial und in gewissen Subgenres des Heavy Metal tatsächlich dort spielt, wo szeneintern von gegenkultureller Praxis die Rede sein kann, sowie, wofür und wogegen mittels der Ästhetisierung von Gewalt, Tod und Sterben protestiert wird. Dazu werden insbesondere die Musiker als geistige Leitfiguren ihrer Genres auf ihre Kompatibilität mit dem Profil eines Subkulturalisten untersucht.
In einem ersten Schritt wird in einem überblickenden Teil aufgezeigt, inwiefern in der Medienlandschaft die Todesfaszination abgebildet wird. Akoto bleibt hier oberflächlich und zeigt nur exemplarisch auf, in welchen Bereichen (Film, Literatur, Bildkunst), die Todesfaszination eine Rolle spielt, nicht aber wie sich diese im Detail manifestiert. Insbesondere die meines Erachtens willkürliche Beispielwahl zeigt, dass eine tiefer gehende Untersuchung zu einem vollständigeren Bild geführt hätte. Trotzdem zeigt Akoto auf wenigen Seiten einen passablen Einblick in die Geschichte der Todesfaszination in der Kunst und Kulturwelt.
In einer zweiten Phase untersucht der Soziologe den Subkultur-Begriff und kommt vereinfacht gesagt in einem argumentativen Diskurs zum Schluss, dass insbesondere die Subversion einen konstitutiven Charakter für eine Subkultur bildet. Zu Deutsch: Erst wenn ein Musikgenre und die umliegende Lebenswelt umstürzlerische Tendenzen aufweist, kann von einer Subkultur geredet werden.
Gerade diese subversiven Elemente sucht Akoto nun in den Genres Gothic/Industrial sowie in den extremen Metalspielarten. In seinem kleinen Genreguide wagt er sich meines Erachtens zu weit aus dem Fenster hinaus und vertut sich des Öfteren bei der Auflistung wichtiger Bands eines Genres. Auch bei der Gewichtung und Nennung von wichtigen Bands zeigt sich, dass er sich nicht in jedem Stil ganz zu Hause fühlt. Nichtsdestotrotz gibt es für jeden interessierten Metaller, der sich noch nicht mit der Geschichte seiner Musikkultur befasst hat, einen schnellen Überblick, der jedoch von anderen Autoren schon besser, vollständiger und akkurater vollzogen worden ist.
Der Hauptteil des Buches ist zugleich derjenige, der am meisten neue wissenschaftliche Erkenntnisse bringt. Akoto untersucht die Gothic Band Thanateros, die Industrial Band The Grey Wolves, die Thrash Metal Formation Sacred Reich, die Death / Grind Formation Misery Index, die Todesmetaller Cattle Decapitation sowie Dissection auf ihren subversiven Gehalt. Die Bandauswahl scheint mir zu unbegründet, gar willkürlich. Es stellt sich die Frage der Repräsentativität der Bands.
Akoto kommt zum Schluss, dass diese Subversivität in den genannten Genres zwar einen Platz findet, jedoch Gothic, Industrial und die extremen Metalspielarten nicht a priori subkulturell geprägt sind. Dennoch erkennt er die subversiven Geister innerhalb der Szene, die in ihrem Ansatz mittels konsequenter Kritik an den herrschenden Verhältnissen Veränderungen anregen wollen. Dennoch würden erst Konsumenten, die sich intensiv mit dieser Musik beschäftigen mit dieser Subversivität in Kontakt kommen, währenddem komplett Aussenstehende, diese Potentiale kaum wahrnehmen.
Insgesamt liegt die Schwäche des Buches in der fehlenden Tiefe, die sich in einer mageren Seitenzahl manifestiert sowie in der scheinbaren Willkürlichkeit der Beispielauswahl. Erstaunlich ist auch, dass ein Genre wie der Pagan Metal gänzlich ausgeschlossen wurde, obwohl dessen Subversivcharakter wohl noch am offensichtlichsten wäre. Zudem fehlt eine Analyse der Subversivkräfte aus dem rechtsradikalen Bereich im Metal fast gänzlich. Besonders kritische Geister könnten Akoto eine Verharmlosung des revolutionären Charakters der behandelten Stile vorwerfen. Dennoch liest sich das Buch gut und bringt interessante Einzelanalysen, die insbesondere für Fans dieser Bands von Belang sein dürften.