Für Schwermetall habe ich mir bereits einige Splits reingezogen. Aus dem Stehgreif könnte ich mich aber nicht daran erinnern, dass mich eine davon nennenswert aus den Socken gehauen hätte. Nicht, dass nach diesem Vorwort schon eine Menge vorweggenommen wäre – ich belasse es mal dabei.

Beide Kapellen steuern je zwei Songs bei, interessanterweise ist davon wiederum jeweils eines gelinde gesagt instrumentell grobschlächtig und überlang, das andere balladesk gehalten. Waldgeflüster machen den Anfang und liefern mit "Der Traumschänder" genau das ab, was man von ihnen erwarten würde. Den raubeinigen Sound ihres ersten Albums hat das Quintett schon lange hinter sich gelassen. Auch die direkte Lyrik ist etwas mehr Träumerei gewichen – übrig geblieben ist ein Hang zur Naturromantik und die obligatorische Affinität zur dunkleren Seite der menschlichen Gefühlswelt.
Waldgeflüster bemühen in ihrem Aufmacher ein Wechselspiel aus rasanten Walzpassagen, ruhigen Violinen und variablen Vocals. Man bewegt sich dabei in einem Dunstkreis mit Mondstille. Die Herrschaften haben es nicht erst auf dieser Split vollbracht, einen gewissen Wiedererkennungswert um ihr Schaffen zu hüllen. "Norwegian Nights" ist eine Akustikballade, ein wenig im Stile von Agalloch. Es ist wohlgemerkt Jammern auf sehr hohem Niveau, wenn ich anmerken möchte, dass dieser Track das Schwächste Viertel des Tonträgers ausmacht.

Panopticons Austin Lunn legt mit "Håkan’s Song" nach. Ein grossartiges Stück, dass die musikalische Vielseitigkeit seines künstlerischen Schaffens zutreffend zusammenfasst. Donnernde Blastbeats, dazu Gitarrenarbeit wie sie eher im melodischen Todesstahl oder klassischen Schwermetall zu erwarten wäre. Zweigeteilt wird das Stück relativ mittig durch ein besinnliches Zwischenspiel einer klaren Stromgitarre und Samples, die entweder spielende Kinder, eine weinende Frau oder einen Hentai Anime andeuten. Nun – besinnlich eben. Nach diesem Zwischenspiel mündet das Stück in einer panoptikanischen Hommage an das, was weitgehend Post-Black Metal genannt wird. Wenn direkte Zusammenhänge auch zufällig sein mögen, erinnert das Dargebotene an Alcest, Lantlos und Konsorten. Kino. Verdammt grosses Kino.
"Trauerweide II" erhält seinen Rhythmus durch eine Akustikgitarre, während ein Banjo für eingängige Riffs sorgt. Dazu ein nahezu Everlast-iger Gesang – Mr. Lunn lehnt sich hier, nicht zum ersten Mal, an Folk und Country an. Ein Song, wie er auf einer Metal-Veröffentlichung nicht zu erwarten ist; umso bemerkenswerter ist wie grandios er hineinpasst. Kenner von Panopticon wird das jedoch nicht überraschen.

Ich mache es offiziell – das ist die erste Split-Veröffentlichung die ich je gehört habe, die nicht mit Songs gefüllt ist die sich anhören / anfühlen als wären sie von der Restpostenpyramide der teilnehmenden Bands gefallen. Das Hörmaterial ist mehr als hochwertig, die Kompositionen und ihre Umsetzungen sind intensiv und mitreissend. Viel des Charmes dieser Scheibe lässt sich zweifellos auf den Einsatz (mittlerweile gar nicht mehr so) ungewöhnlicher Instrumente zurückführen, durch die beide Kapellen sich sehr weit abseits stellen vom gängigen, traditionell minimalistischen Schwarzstahl.

 

Albuminfo

Punkte

 

5/5

Label

 

Nordvis Produktion

Veröffentlichung

 

6/2016

Format

 

CD

Land

   

Genre

 

Black Metal