Ich muss zugeben, ich geniesse es jedesmal von Neuem eine Band zu hören, die ihren Ursprung in geografischen Gefilden hat, die fürs Genre Metal eher unscheinbar sind. Genauso verhält es sich bei der georgischen Truppe Im Nebel, die es effektiv seit zwei Jahren gibt. Lange haben sie am Debut gearbeitet, haben die ehemals aus drei Mitgliedern bestehende Kapelle um zwei weitere Mitspieler erweitert – und da ist es. Das Debut "Vitriol".

Jetzt hat die Scheibe auch die Redaktion von Schwermetall erreicht und wartet auf Rezensionsarbeit. Na dann mal los.
Wir haben es hier mit überaus progressivem Flattermetal zu tun. Das Flattern basiert auf ständig variierender Schlagzeugspur, auf einer stark durch Dämpfen geprägten Gitarrentechnik und einem oft in den Vordergrund tretenden Bass. Fräulein Helen spielt ihr Keyboard je nach Stück in sehr verschiedenen Einstellungen, mal tritt es als Piano auf, mal beschränkt es sich auf undefinierbaren, atmosphärischen Elektronebel, bleibt dabei aber immer auf einem anspruchsvollen Niveau und erweist sich als unerlässlich für Im Nebel. Komplexe Strukturen schmeisst man hier durch die Gegend, symphonisch und düster.
Interessant ist vor allem die Gesangsebene. Die dafür zuständigen Organinstrumentalisten Vasil und Michael schenken uns durchschnittliche Growls in einem herkömmlichen, schon oft gehörten Schema. Als überraschend erweist sich aber der klare Gesang aus der Kehle des Letzteren, der unheimlich starke Ähnlichkeiten zur Clear-Legende ICS Vortex (Dimmu Borgir, Borknagar) aufweist. Ich spreche hier von wirklich überzeugender Ähnlichkeit, wenn nicht mindestens genauso gut wie das Original, dann sogar besser. Ganz klar, ein Stempel der nur auf Im Nebel gehauen werden darf und "Vitriol" extrem prägt.
Die wechselnden Strukturen verschliessen die Pforten für den guten alten Ohrwurm. Auf dem Debut aus Georgien ruht eher eine kurzlebige Momentmusik. Sie wirkt im Verhältnis Sinneswahrnehmung und emotionale Reaktion 1:1, gerne schmeisst man die CD nochmal ein um das Spektakel wieder auf sich wirken zu lassen. Denn ausser der markanten Stimme bleibt nur wenig im Kopf hängen, was in diesem Fall aber keinen Punktabzug gibt.

Textlich befasst man sich mit der Auseinandersetzung des Menschen mit sich selbst. Eine seltsame Reise durch Selbstfindung und Konflikten im Inneren. Meist hektisch und extrem konfus, ohne das ein endgültiger Kompromiss gefunden wird.
Hier gibt’s Symphonic Black Metal der ausgefeilten Sorte, fern vom musikalischen Verschleiss der Neuzeit, hervorragend produziert und glasklar aufgenommen. Wer sich für altes Dimmu Borgir begeistert, auch Borknagar mag und sich mitunter mal eine kleine Ladung moderner Vintersorg reinpfeift, sollte auch "Vitriol" von Im Nebel Aufmerksamkeit schenken. Es lohnt sich.

Albuminfo

Punkte

 

3/5

Label

Haarbn Productions

Veröffentlichung

12/2008

Format

CD

Land

Genre

Black Metal