Macabre sind so eine von diesen Bands, die man eigentlich nur entweder total daneben oder total genial finden kann. Schon seit den 80ern zelebrieren sie ihren kaputten Musikstil, den man treffend wirklich nur mit "Murder Metal" beschreiben kann, und erst seit ihrem kürzlichen Comeback mit den Alben Dahmer und Unabomber wird ihnen von der Metalwelt der Respekt entgegengebracht, den sie verdienen.

Natürlich könnte man sich stundenlang darüber streiten, ob es akzeptabel ist, aus den realen Taten von Serienmördern eine Art Slapstick-Comedy zu machen. Man könnte sich fragen, ob es die Angehörigen und Freunde von Jeffrey Dahmers Opfern auch so furchtbar lustig finden, dass Macabre ein Konzeptalbum über das wohl schrecklichste Ereignis ihres Lebens geschrieben haben. Meiner Meinung nach ist Lachen als Bewältigungsstrategie aber wesentlich glaubwürdiger als irgendein heuchlerisches Betroffenheitsgetue, und bei näherer Betrachtung könnte man durchaus argumentieren, dass Macabre mit ihrem Humor den Finger auf eine groteske Unstimmigkeit in der modernen Gesellschaft legen. Aber ich erspar Euch jetzt den Vortrag. Nur soviel: Wären diese Geschichten nicht wirklich passiert, wären die Texte gar nicht lustig. Denkt mal drüber nach.

Wenden wir uns nach dem unvermeidlichen Vorgeplänkel also lieber der Musik zu. Die ist bei Macabre nämlich, anders als bei den meisten Bands, die vor allem von ihrem Image leben, nicht von schlechten Eltern. Bei "Gloom" haben wir es mit einer Neuveröffentlichung eines Klassikers der Band aus dem Jahre 1989 zu tun, der mit neuem Booklet und fünf Live- Bonustracks von 1986, laut Website die ältesten existierenden Macabre-Aufnahmen, aufgepeppt wurde. Die musikalischen Trademarks der Band waren schon damals im Wesentlichen alle vorhanden. Macabre spielen eine mehr oder weniger unbeschreibliche Mischung aus allem, was zwischen Country und Grindcore liegt, mal mit Grunz-, mal mit Kreisch-, mal mit melodischen Vocals, meistens schnell und immer voll in die Fresse. Inhaltlich gibt's auf "Gloom" neben den typischen Serienkiller-Lyrics gelegentlich auch Death Metal-Standardkost, die nichts mit realen Begebenheiten zu tun hat.

Produktionstechnisch und spielerisch ist die ganze Angelegenheit natürlich nicht gerade auf dem heutigen Standard. Man hat zwar den Eindruck, dass die drei Bekloppten schon damals ganz gut waren auf ihren Instrumenten, insbesondere das markante Nähmaschinendrumming war schon '89 vorhanden, aber offensichtlich haben sie sich keine besondere Mühe gegeben. Das Album wirkt schnell eingeprügelt, bei genauem Hinhören lassen sich etliche Unsauberkeiten und handfeste Spielfehler ausmachen. Bei dem chaotisch-anarchischen Musikstil von Macabre tut das dem Spass allerdings keinen Abbruch. Im Gegenteil. "Gloom" versprüht eine unwiderstehliche Authentizität und hat mit solch schreiend komischen Nummern wie "Holidays of Horror" oder "Dr Holmes" auch nach zwölf Jahren absolut nichts von seinem Charme verloren. Ich kriege jedenfalls Bauchweh vor Lachen, wenn ich mir das Ding anhöre.

Die Livetracks klingen natürlich noch einen Tick, ähem, authentischer, sind aber doch einigermassen hörbar ausgefallen. Jedenfalls war es mir trotz falschem Tracklisting auf dem Booklet problemlos möglich, die korrekte Songreihenfolge (siehe oben) herauszuhören.

Für Macabre-Fans, die "Gloom" noch nicht besitzen, ist dieser Rerelease ein absoluter Pflichtkauf. Bloss wegen der Livetracks würde ich mir das Ding nicht unbedingt kaufen. Wer Macabre ohnehin daneben findet, sollte natürlich die Finger von der CD lassen - Ihr kriegt hier im Wesentlichen dasselbe wie auf den andern Macabre-Scheiben, nur in asozialerem Soundgewand.

Albuminfo

Punkte

 

0/5

Label

Decomposed Records

Veröffentlichung

2/2002

Format

CD

Land

Genre

Metal