Die 2007er Ausgabe des Meh Suff wurde damals skandalös abgesagt. Dem Veranstalter wurden sowohl von schlechtbürgerlicher als auch von gutmenschlicher Seite tonnenschwere Steine in den Weg gewuchtet. Das Festival stand vor dem Aus. Der Kampftrupp liess sich allerdings nicht unter kriegen. Was das Festival heute darstellt, ist definitiv ein Frontalschlag ins Gesicht all der Schweinegeburten, die das Festival aus miesen Gründen töten wollten.
Die 2012er Ausgabe ist der eindeutige Beweis, dass sich die Kampfhaltung der Organisationsformation gelohnt hat. Nach zahlreichen meteorologischen und mentalen Niederschlägen ist das Festival nur festen Institution gewachsen und definitiv einer der wenigen Lichtblicke am Schweizer Extrem Metal Horizont.
Mit dem wolkenlosen Wetter war der Kampf zwischen Death, Thrash und Black Metal bereits eröffnet. Spiga von Cremation trat mit dem Eröffnungsplädoyer den Krieg los: "zum Glück kein Meh-Sumpf-Festival!". Der schwarzmetallische Gegenentwurf des optimalen Wetters folgte aber bereits bei Unlight, als Blaspherion mit "Scheiss Wetter!" die Menge begrüsste. Ob sich Death, Thrash oder Black Metal durchsetzen würde, machten dann jedoch die Gewaltsbolzen von Entombed, Kampfar, Sodom und Kataklysm unter sich aus. Andere Formationen bewahrheiteten sich hingegen in ihrer Beckenrandschwimmerqualität. Doch bevor der eindeutige Gewinner erkoren ist ein Resümee in selektiv chronologischer Sequenz. Selektiv gilt darum, weil der Freitag der Landesverteidigungspflicht wegen meinerseits nur aus der Drittpersons-Perspektive wiedergegeben wird. Es seien insbesondere Censored, Triptykon und Thyrfing mit höllisch guten Auftritten in den Wettbewerb eingestiegen. Doch Gewonnen habe die Schlacht ganz eindeutig Entombed mit einem Schlachtfeuerwerk, das seines Gleichens suchte. Natürlich war dem Festivalnamen entsprechend das Alkoholmaschinengewehr schon mächtig leer geschossen, so dass die Stimmung auf dem Festgelände undenkbare rasante Ausmasse angenommen hatte.
Am Samstag knallte die brasilohelvetische Schlachtbombe von Omophagia nach Deninal endgültig alle Alkoholiker des Vortages aus den Federn. Für Fettwänste haben sie zwar kein Merchandise, ihre musikalische Todesgranate werfen sie aber ohne zu zögern ins Publikum. Mit Cremation knallten uns die Veranstalter Walliser Alpenmetall oder vielmehr wuchtigen Gebirgsstahl ins Gesicht. Den Zuschauern gefiel es ganz offensichtlich, kam doch zum ersten Mal die Stagediving-Variante "light" zum Einsatz, in der sich die Trägerkolonne mit dem Tauchenden mitbewegt. Mit Unlight setzte es die erste Enttäuschung ab. Was früher herrlicher Schwarzstahl mit Marduk Trommeln war, wirkt heute eins zu eins wie eine Blackgrind-Formation mit Koordinationsschwierigkeiten. Der meisten Lieblingslied war das letzte.
Mit Kampfar standen dann die vier Mannen auf dem Schlachtfeld, auf die ich schon Ewigkeiten gewartet hatte. Sänger Dolk fand im wahrsten Sinne zurück zu seinen Wurzeln – seine Eltern haben in Zürich verweilt, als er vier war. Doch auch musikalisch wurde eine historisch brillanter Auftritt vorgezeigt. Für Hühnerhaut war bereits nach dem Intro gesorgt und die "Hoi"-Schreie liessen sich bei helllichtem Tag nicht lange auf sich warten. Eine gute Schwarzstahl-Band lässt dich bei ihrem Auftritt glauben, die Welt geht unter. Kampfar liess an diesem Nachmittag das Universum implodieren und setzte es rückwärts wieder zusammen. Ein Auftritt, der kaum mehr zu toppen war. Naglfar scheiterte auf alle Fälle am Duell. Trotz bemühter Stimmungsmache, einem ordentlichen Klang packte der Trupp das Publikum lange nicht. Es gab zwar keine massiven Bergstürze, aber ausser bei "I Am Vengeance" blieben die Augen trocken. Höchst bedauerlich, dass "Vittra" komplett zu kurz kam. Als Lebender Dissection Ersatz hält Naglfar trotz Zugabe-Rufe so nicht stand.
Den Kampf um die Thrash-Krone mussten Tankard und Sodom unter sich ausmachen. Die ständige Nummer vier machte auch dieses Mal keinen Platz gut und konnte mit ihrem Bier-Thrash zwar für gute Laune sorgen, liess allerdings die meisten Hühner im Stall. Sodom hatte mit viel zu leisem Gesang und überkompensierendem Bass allerdings auch keinen leichten Stand. Das Publikum erwies sich jedoch als dankbar und liess trotz ein paar bösen Blicken zum Mischpult bereits nach dem ersten Stück "Sodom"-Rufe erschallen. Bei "M16" gab es dann auch erstmals die Vollversion des Stagedivings und mit dem meistgecoverten "Blasphemer" knallten die letzten Korken. Sodom legte einen sauberen Auftritt hin und verwiesen Tankard auf ihren Traditionsplatz.
Einen fulminanten Schlussknall lieferte Kataklysm. Nach langer Umbauzeit setzten sie sich im Wettbewerb direkt hinter Kampfar auf den würdigen zweiten Platz und waren ein absolut würdiger Headliner. Nach anfänglichen Regulationsschwierigkeiten war der Klang astrein und glasklar. Bei "In Words of Desperation" war das Publikum komplett bei der Sache und liess die Köpfe kreisen. Auf Aufforderung von Maurizio Iacono frasen sich die Menschen zu " The Night They Returned" sogar gegenseitig auf. Und immer wieder half Iacono mit einem Fingerzeig auf den Kopf vor bangbaren Passagen nach: "Now it’s time to use it!" Und das Publikum gehorchte unverzüglich.
Von der Bandseite hat Kampfar abgeräumt und verwies Kataklysm auf den guten zweiten Platz. Doch ein Festival mit nur Bands ist nur die halbe Miete. Bei 20 Bands und mehr als 1000 Zuschauern steht doch auch das Publikum im Vordergrund. Gerade beim Meh Suff ist uns ein Heer an skurrilen Gestalten begegnet, die das Festival zu dem machen, was es ist. Es sei es uns gegönnt eine Typologie in Form von selektiven Beobachtungen mit Kurzbeschreibung wieder zu geben. Wer sich erkennt, darf sich gerne bei uns melden.
Der gemeine Fettwanst: Kriegt von Omophagia kein Shirt, trinkt aber frisch fröhlich weiter, um seinen Bauch weiter zu züchten.
Der fröhliche Wiesenschläfer: Hat am Vorabend zu viel getrunken und sein Obdach dezent verpasst.
Die verbissene Metaltussi: Raucht, versucht ihren Bauch zu kaschieren und quatscht jeden an, dessen Umfang noch nicht Fassgrösse erreicht hat und dessen Mähne die Überlänge der ihren noch übertrifft.
Die Gehandikapten: Mit viel Metal im Blut trifft sich Herr Blind und Herr Rollstuhlfahrer auf der Festivalwiese!
Die Hosenscheisser-Fraktion: Galoppiert mit brandneuem Pentagramm-Tattoo durch die Menge, johlt dank erstem Suff mit Stimmbruchstimme in der Gegen herum und sorgt dafür, dass Metal auch in den nächsten zehn Jahren genauso Anhänger-trächtig bleibt.
Der antike Trinkhornträger: Hat sich komplett der Vergangenheit gewidmet.
Die Falschstrapsträgerin: Als Strapse getarnte Strümpfe triumphieren unterhalb des nagelneuen Kataklysm-Shirts, das sie gestern gekauft hat, weil ihr das Logo auf dem Flyer gefallen hat.
Der Milchbartträger: Eifert verzweifelt Abath und Co nach, erntet aber mit seinen zwei Gesichtshaaren höchstens müde Lächeln.
Die gemeine Wanne im Gothiclaken: Hat sich im Festival geirrt oder läuft ihrem viel härteren Freund hinterher. Auch möglich: Alle anderen Kleider passen nicht mehr.
Der Greismetaller: Hat alles schon gesehen, schwingt in seiner Post-Midlifcrisis die graue Matte aber mehr als manch junger Schnaufer. Der Kerl wäre ideal passend für die Metaltussi, hat aber bei näherer Betrachtung doch zu viele Runzeln.
Der Torkelphilipp: Liegt schon vor 18:00 Uhr bei den Toiletten am Boden und versucht sich in seiner Doppelsichtigkeit verzweifelt aufzurichten.
Die Ausdruckstänzering: Ist blond, gross und kurzhaarig. Bringt sich selbst und ihren ähnlich strukturierten Freund mit runden Bewegungen zur Ekstase.
Der Kopf-im-Teller-esser: Ist zu betrunken und müde, um den Kopf mehr als 2cm über dem Teller zu halten und muss trotzdem essen. David Hasselhoff lässt grüssen.
Der Haarnetzträger: Ist aus dem Militärdienst entwischt, hat ein blaues Beautycase im Hosensack und eine Pumucklfrisurfreundin. Mit seinem Haarnetz macht er alle Stolz.
Schliesslich waren da auch noch die Plastiklederjackenträgerin, der Dummschwätzer (hiess er Rüdiger?), der Schottenrock-mit-Kutte-Träger, der Krawatte-mit-Militärhose-kombinierer und der Unterhosen-sichtbar-Träger, der Metaltieger, der Bankschläfer und ganz zu letzt...
...der arrogante Schreiberling!
In Ordnung, die Abrechnung war fies. Es sei mir gegönnt.
Ans nächste Meh Suff muss man nicht zu Letzt wegen dieser Leute gehen. Das Ambiente ist perfekt, die Organisation einwandfrei – wo sonst gibt es an einem Festival mitten in der Nacht noch saubere Toiletten, wo sonst gibt es gemütliche Lagerfeuer und Kubb-Wettkämpfe a gogo? Das Meh Suff Festival hat sich vom beschaulichen Trinkfestival zu einen herzhaften Ganzwochenendvergnügen gemausert und auch wenn die günstigen Alkoholpreise nicht mehr so günstig wie früher sind: Am Sinn des Knüppelwochenendes hat sich kein bisschen etwas geändert: Spass, Metal und dumm Quatschen!