Wir hatten das Gefühl, wieder etwas machen zu müssen, dass die Leute nicht erwarten würden, auch um uns selbst zu überraschen.

Es müsste 1994 oder 1995 gewesen sein, als ich das erste Mal das Musikvideo von "Baphomet's Throne" auf dem Musiksender VIVA (in der Sendung Metalla) gesehen habe. Kurz danach hörte ich das Remake von "Into The Pentagram" auf einem Centruy Media Sampler (der Sampler hiess "Bloodlines") und von dem Moment an wanderte jede Samaël-CD in mein CD-Regal. 2009 veröffentlichten sie ein "Back to the Roots" Album, welches exakt in die Zeitspanne meiner Entdeckung der Band fiel. Es war also offensichtlich eine gute Gelegenheit, ein Vorph und XY ein paar Fragen zum neuen Album "Above" zu stellen.

Zum Zeitpunkt unseres Interviews seid ihr gerade in den USA. Seid ihr öfters da?

Wir sind schon früher ein paar Mal in den US gewesen, aber es gab immer lange Pausen und Unterbrechungen dazwischen. Unsere letzte Tour dort war im Oktober 2008, es ist also diesmal das erste Mal, dass wir nach so kurzer Zeit wieder dort sind. Momentan sind wir mit den wiedervereinigten Carcass unterwegs und alles läuft sehr gut.

Wie gross können wir Europäer uns Samaël in den USA vorstellen? Wie viele Fans kommen so im Schnitt zu euren Shows?

Ich denke Samaël sind in den US zwar bekannt, aber nicht gross genug um eine Headliner Tour zu machen. Mit Carcass kommen so zwischen 700 und 1'800 Leute zu unseren Shows, es ist also eine sehr gute Möglichkeit für uns, ein etwas grösseres Publikum dort zu erreichen.

Wenn wir schon von Shows sprechen, möchte ich euch ein paar Fragen zu den letzten Jahren stellen: Nach dem Album "Eternal" gab es eine 5-Jährige Pause vor "Reign Of Light" und ihr habt auch kaum Shows gespielt. Im Sommer 2002 habt ihr dann eine Comeback-Show als Headliner beim Summer Breeze Festival gespielt. Wie war es, nach einigen Jahren auf einmal wieder vor 10'000 Fans zu spielen?

Es war wirklich grossartig wieder zu spielen. Und es war auch erst die zweite Show, die wir mit Makro an der Gitarre gespielt haben (die Erste war im Z7/Pratteln). Und ich erinnere mich an das Festival als etwas spezielles zurück, deshalb haben wir es auch für unsere Black Trip DVD verwendet, die ja bereits 2003 veröffentlicht wurde.

Eure neueren Alben vor "Above" ("Reign Of Light" und "Solar Soul") sind ja nicht die allerhärtesten, aber trotzdem, immer wenn ich euch auf der Bühne sehe, habe ich mich gefragt, wie ihr es schafft, eine so hohe Energie an die Fans rüber zu bringen, wie das bei euch der Fall ist. Wo kommt diese Energie und, besonders bei XY, diese Aggression her? Er kommt mir jedes Mal wie ein Berserker vor, wenn er auf seine Drumkit-Teile eindrischt.

Es war uns immer wichtig, eine energiegeladene Show zu spielen und ich glaube, es sollte das Ziel sein, diese Energie mit den Leuten zu teilen. Einige Songs nehmen live auch ganz andere Dimensionen an und es ist für uns sehr interessant, zu sehen, dass bei unseren Konzerten Stücke aus den verschiedensten Äras der Band sehr gut zusammen passen.

OK, dann mal zum eigentlichen Grund dieses Interviews, euer neues Album "Above". Wie ihr sicherlich in jedem Interview zur Platte erklären müsst, will auch ich wissen, warum sie so stark zu euren Wurzeln zurück geht. Warum musstet ihr so ein Album machen?

Eigentlich war "Above" am Anfang als Projekt gedacht. Es war etwas, das wir schon eine Weile mit uns herumtragen. Letztes Jahr hatten wir dann endlich die Möglichkeit, es fertig zu stellen und wir bemerkten, dass es so verschieden von Samaël gar nicht war, einige unserer Wurzeln waren definitiv vorhanden. Und da wir einige dieser Stücke live spielen wollten, haben wir beschlossen, ein Samaël Album daraus zu machen.

Wie war denn der Kreativprozess? Und wann habt ihr bemerkt, dass ihr kein Album schreiben würdet, das "Reign of Light" und "Solar Soul" fortsetzen würde? Ich kann mir euch irgendwie nicht vorstellen, wie ihr beisammensitzt und sagt: "Hey, lasst uns diesmal ein Black Metal Album machen".

Der Erstellungsprozess war diesmal wirklich etwas anders als sonst, da die Songs diesmal von vornherein an der Gitarre geschrieben wurden. Das Keyboard kam erst später dazu, um etwas Hintergrundatmosphäre zu erzeugen. Die Stücke sind viel direkter und instinktiver entstanden.

Die Dankesliste im Booklet liest sich wie ein Who-is-Who der goldenen Heavy-Metal 80er. Einzig Saxon fehlt. Warum seid ihr nach Projekten wie "Era One", die ich persönlich auch sehr gelungen finde, wieder so stark am Heavy Metal fasziniert? Was passierte 2008, dass in den Jahren vorher nicht so vorhanden war? Ich beziehe mich mit dieser Frage nicht generell auf Samaël, auch auf viele andere Bands (wie z.B. Metallica).

Interessant, dass du dieses Projekt erwähnst, ich sehe "Above" als Gegenstück zu "Era One". Die Idee dahinter war, etwas langsames und auf Elektronik basierendes zu erschaffen. Danach mussten wir uns erstmal unsere eigene Balance wiederfinden, indem wir etwas viel Gradlinigeres und vor allem reinen Metal machen.

Als ihr den ersten Leuten erzählt habt, dass ihr wieder ein Black Metal Album machen würdet, wie waren da die Reaktionen? Und was gebt ihr überhaupt darauf, was andere Leute über eure Musik denken?

Bisher sind die Reaktionen positiv gewesen. Ich meine "Reign Of Light" und "Solar Soul" waren sich recht ähnlich und wir hatten das Gefühl, wieder etwas zu machen, das die Leute nicht erwarten würden, auch um uns selbst zu überraschen. Es ist auch für uns noch interessant, zu wissen, was andere über unsere Musik denken und beeinflusst uns doch, ob wir wollen, oder nicht.

Und wie waren die Reaktionen der Musikpresse soweit? Was ist "Volkes Meinung" zu "Above"?

Bisher ist es gut gelaufen, man kann ja auch unmöglich jeden zufriedenstellen. Das wird natürlich genauso sein, wenn wir eine Setlist für unsere Konzerte machen müssen, da wir viele Songs zum Auswählen haben.

Ich denke, es ist sehr mutig von euch, ein Album wie "Above" zu machen, speziell, wenn man finanziell abhängig von Albumverkäufen ist. Wie ist das bei euch? Geht das bei euch überhaupt, mehrmals im Jahr auf Tour zu sein und "normal" zu arbeiten?

Vermutlich war es etwas riskant, ein Album wie "Above" heraus zu bringen, aber wir sind froh über diese Entscheidung. Wir haben davon auch schon etwas live gespielt und es bringt eine Veränderung in unser Set. Natürlich ist es wichtig für uns, zu verkaufen, denn davon finanzieren wir das nächste Album, aber Verkäufe sollten nicht das sein, was dich zum Musizieren bringt.

Wie ist es denn mit euch persönlich, seid ihr glücklich mit dem Album?

Persönlich bin ich mit allem, was wir bisher gemacht haben, zufrieden. Mit "Above" wollten wir etwas stärkeres und Aggressiveres machen, als in der Vergangenheit.

Wie ihr in der Einleitung zu diesem Interview gelesen habt, bin ich mit den Alben aufgewachsen, die ihr musikalisch am nächsten mit "Above" verwandt seht und daher gefallen mir die Stücke auf dem Album auch sehr. Es hat in meinem Review 10 von 13 Punkten bekommen und ich hätte auch gerne 11 oder 12 Punkte gegeben. Davon abgehalten hat mich jedoch der Sound der Aufnahmen. Was eigentlich komisch ist, denn ich war erst sehr begeistert, als ich die Namen Fredrik Nordström und Fredman Studios gelesen habe. Nordström hat immerhin einige grandiose Produktionen im Melodic Death Metal gemacht und eigentlich immer sehr transparente Mixe hinbekommen. Bei "Above" konnte ich zwei Dinge bemerken, die anders sind: Erstens ist die Produktion sehr dicht und überkomprimiert, sie hat das gleiche Problem, wie andere neue Alben, z.B. "Death Magnetic". Zweitens erschaffen Schlagzeug, Gitarren und Keys eine so dicke Sonudwand, dass es unmöglich ist, den Gesang so richtig zu hören. Meiner Meinung nach krankt "Above" am "loudest recording on earth" Syndrom. Was für ein Album ich danach auch immer in meinen CD-Player lege: ich muss lauter drehen, habe dafür aber einen transparenteren Sound.

Was meint ihr zu diesen Vorwürfen und in wie fern wart ihr selbst noch im Misch- und Masteringprozess beteiligt?

"Above" sollte gezielt so extrem ausfallen. Ich stimme dir zu, dass wir im Mix alles bis zum Limit aufgedreht haben, aber wir haben den ganzen Prozess in 3 Tagen abgeschlossen, während wir bei "Solar Soul" 3 Wochen dafür benötigt haben. Es ist ein anderer Ansatz, aber wir wollten eine Produktion, die zu dem passt, was wir erreichen wollten.

Am Ende des Interviews würde ich gerne noch einen Satz von euch zu jedem eurer Alben hören:

Worship Him:

Das war der Anfang; alle Stücke, die wir mit der Band bis dahin geschrieben hatten, waren darauf.

Blood Ritual:

Das erste Mal, dass wir in Deutschland aufgenommen und eine komplette Europatour gemacht haben.

Ceremony Of Opposites:

Das erste Album mit durchgehenden Keyboards und unsere erste US-Tour.

Passage:

Wir haben mit Drum-Programmierung gearbeitet und unseren Sound weiter in die heutige Richtung gebracht.

Eternal:

Eternal war experimenteller und scheint ein einzigartiger Teil unserer Discografie zu sein.

Reign Of Light:

Mit diesem Album haben wir wieder etwas Neues entwickelt, indem wir orientalische und klassische Eninflüsse verarbeitet haben

Era One:

Elektronisch und sehr dunkel. Wir haben es gemacht, als wir kein richtiges Line-Up hatten, deshalb sehen wir es eher als ein Side-Projekt.

Solar Soul:

War als Weiterführung von Samaël gedacht, indem wir den Sound von "Reign Of Light" mit dem klassischerem Ansatz von "Passage" verbunden haben. Die Idee zu dem Song "Ave" kommt ursprünglich aus der "Passage" Zeit