Die Anfänge von Dark Fortress gehen zurück ins Jahr 1994. Seither folgten kleinere Erfolge in Form von Auftritten mit Lunar Auora, Nagelfar oder Desaster und eine stete Steigerung der Qualität der Alben. Der richtige Durchbruch...

Die Anfänge von Dark Fortress gehen zurück ins Jahr 1994. Seither folgten kleinere Erfolge in Form von Auftritten mit Lunar Auora, Nagelfar oder Desaster und eine stete Steigerung der Qualität der Alben. Der richtige Durchbruch gelang aber erst vor einem Jahr mit „Stab Wounds“. Dieses und das folgende Album „Séance“, welches bereits eingespielt ist und auf die Abmischung sowie das Mastering wartet, waren Themen einer interessanten Unterhaltung mit Sänger und Texter Azathoth.

Wenn wir 11 Jahre zurückblicken, was hat sich bei Dark Fortress getan, was ist musikalisch und bei euch persönlich gleich geblieben?

Azathoth: Ich denke, dass wir nüchterner an die Sache herangehen. Mittlerweiler haben wir erfasst, worum es geht. Früher war uns das Saufen wichtiger, heute schauen wir auch, dass wir etwas erreichen. Wir sind in der Band auch nicht unbedingt die besten Freunde. Aber wenn wir im Bandraum stehen, dann ist es eine Art von Einheit, die entsteht. Wir haben unser Ziel vor Augen, wissen, was wir erreichen wollen. Das kommt dann auch in unserer Musik zum Ausdruck. Auch die Einstellung gegenüber dem Black Metal, zu der Szene an sich hat sich verändert.

Was hat sich denn deiner Meinung nach in der Szene verändert seit damals?

Azathoth: Für mich persönlich sieht es so aus: Die Szene besteht ungefähr zu 80 % nur noch aus Image und 20 % ist Musik. Es sollte jedoch so sein, dass das Image nur dazu da ist, die Musik der Band zu untermalen. Heutzutage werden so viele Bands als Kultband angepriesen, wenn sie ihre erste CD herausbringen. Sie haben dann in irgendeinem Bandraum zwei Tage lang irgendetwas aufgenommen – der Sound muss schlecht sein, damit es kultig ist – Hauptsache das Image stimmt und irgendwelche rechten Sprüche kommen hinzu, denn durch Satanismus kann man nicht mehr provozieren. Rechte Sprüche schockieren halt immer noch. Für mich ist das Kindergarten. Darum geht es uns nicht. Wir haben immer unsere Einstellung gehabt: Wir haben noch nie etwas mit Satanismus zu tun gehabt, noch nie etwas mit diesem Kriegsimage angefangen, wir haben schon immer sehr persönliche Texte gehabt. Ich für meinen Teil habe die Band nur deswegen, weil ich etwas loswerden will, das in mir ist, was mich belastet. Dies drück ich durch meine Texte und die Musik aus. Bei uns ist das bei allen gleich in der Band und von dem her können wir behaupten, dass es tiefgründig und auch echt ist. Wir verstellen uns nicht. Es ist kein aufgesetztes Image.
Ich denke jeder Mensch hat zwei Seiten. Die eine, die negative drücken wir halt mit unserer Band aus. Meiner Meinung nach soll es so sein. Die meisten Bands im Black Metal können hingegen nicht über den Tellerrand hinausschauen. Sie haben dann diesen Tunnelblick und ihre zehn Gebote, wie Black Metal zu sein hat und das war es dann. Dafür bin ich mittlerweile zu alt.

Du hast vorher etwas angesprochen, was dich zum Black Metal gebracht hat. Das war ein ganz persönliches Erlebnis. Möchtest du darüber etwas erzählen?

Azathoth: Metal hab ich schon vorher gehört. Zum Black Metal kam ich dann erst etwa 1993 bis 1994. Das hat etwas mit einem Todesfall einer mir nahe stehender Person zu tun. Und seitdem denke ich auch sehr viel über den Tod an sich nach. Für mich ist es immer eine Frage des Kontrasts: Das Leben auf der einen Seite, der Tod auf der anderen. Die Gedanken gehen immer in eine etwas andere Richtung. Man weiss ja nicht, was nach dem Tod ist. Diese Thematik interessiert mich, so dass ich immer genug Stoff habe, den ich verarbeiten kann beziehungsweise muss.

Deine Texte befassen sich dann ja auch mit Selbstmord, Tod und ähnlichem. Hast du selber schon einmal an Selbstmord gedacht?

Azathoth: Ja. Des Öfteren. Es ist nichts, wofür man sich schämen müsste. Es ist für mich kein Zeichen für Schwäche. Denn wenn man an dem Punkt ist, ist es ein endgültiger Punkt, diese Entscheidung zu treffen. Kein Mensch weiss, was danach ist und keiner wird es je ergründen können. Und dann diese Entscheidung zu treffen „Ich mach das jetzt!“, ist für mich kein Zeichen für Schwäche, es ist eine Mischung aus Verzweiflung und Stärke. An sich ist dies zwar widersprüchlich, aber diese Kombination ist für mich nichts Falsches.
Ich denke, jeder hat schon einmal daran gedacht. Ich habe es sogar schon einmal versucht, war deshalb auch schon in psychiatrischer Behandlung in einer geschlossenen Anstalt. Das ist allerdings schon über vier Jahre her. Auch viele Erlebnisse, die ich in dieser Anstalt gemacht habe, die ganzen Gedanken, die man sich macht, habe ich auf „Stab Wounds“ verarbeitet. Ich habe mir überlegt, ob ich die Texte überhaupt abdrucken soll, weil sie halt einfach super intim sind. Es ist halt wirklich so, dass die meisten Leute sich nicht für die Texte interessieren. Und wenn sie sie durchlesen, dann verstehen sie diese meist nicht, weil sie halt einfach sehr persönlich sind.

Du hast Dark Fortress einmal als eine Art Autokatharsis für dich selbst, also eine Art Möglichkeit zur Selbstheilung, bezeichnet. Ist es das, was du mit den vorherigen Ausführungen meinst?

Azathoth: Ja genau. Ich musste das irgendwie verarbeiten. Denn wenn man jahrelang so etwas in sich hineinfrisst, diesen seelischen Schmerz, diese negativen Gedanken, kann das nicht gut sein. Es gibt natürlich verschiedene Möglichkeiten, dies herauszulassen. Andere Leute suchen Stress, hauen anderen eine aufs Maul, die überhaupt nichts dafür können. Ich mache es halt auf diese Art und Weise: Niemand anderes hat damit etwas zu tun und deshalb muss ich es auch mit mir selber ausmachen, mit der Musik.
Es ist für mich auch nicht so, dass mir die Musik einfach Spass machen würde. Ich muss das ganz einfach tun. Wenn ich irgendwann an dem Punkt bin, an dem ich merke, dass ich das nicht mehr machen muss, würde ich damit aufhören.

Aber Spass macht es trotzdem irgendwodurch?

Azathoth: Klar gefällt mir die Musik auch. Aber es ist für mich in erster Linie diese Eigentherapie. Ich muss das loswerden. Das ist das, was für mich oberste Priorität hat.

Lass uns noch einmal auf „Stab Wounds“ zurückkommen. Mittlerweile ist einiges an Zeit verstrichen seit der Veröffentlichung. Wie lautet deine Schlussbilanz?

Azathoth: Die Bilanz ist absolut positiv. Es war zum ersten Mal in der Bandgeschichte, dass wir 100 % zufrieden waren. Das Feedback der Leute war gigantisch. Wir hätten niemals damit gerechnet. Als wir die Produktion von „Stab Wounds“ gemacht haben, waren wir uns klar, dass es ein super Album ist, aber dass wir so gut ankommen bei den Leuten, hätten wir nicht gedacht. Das spricht für uns, dass das, was wir machen, auch ehrlich und aufrichtig ist.

Ihr wart ja damals noch bei Black Attakk, welche euch als einzige ein ehrlich gemeintes Angebot gemacht haben. Warum habt ihr euch von Black Attakk getrennt?

Azathoth: Weil einige Sachen nicht so gelaufen sind, wie das sein sollte. Die Promotion, die er gemacht hat, war sehr gut. Man kriegt wohl nirgendwo anders eine so gute Promotion wie wir sie da gekriegt haben. Es wurden jedoch auch Versprechungen gemacht, die in keinster Weise eingehalten worden sind.

Konkret?

Azathoth: Es waren beispielsweise Tourangebote, die überhaupt nicht existierten und so weiter. Es waren verschiedene Dinge, die dann Summa Summarum zu viel wurden und keine Basis mehr bot zum Weiterarbeiten. Wir hatten auch das Gefühl, er übernimmt sich. Es scheint, er nimmt jede Band unter Vertrag, die er in die Finger kriegt und kann sich dann nicht mehr auf die einzelne Band konzentrieren, weil es zu viel wird. Da wussten wir, wir müssen da raus.

Und jetzt seid ihr schon mit neuen Labels in Kontakt?

Azathoth: In Kontakt schon, ja. Das wird sich aber erst in den nächsten drei, vier Wochen entscheiden. Es sind drei verschiedene Labels, alle aus Deutschland. Wir werden sehen. Zwei der Labels sind etwa in der Grösse von Black Attakk, eines ist grösser. Es ist aber nicht Nuclear Blast, aber Namen kann ich noch keine nennen.

Euer neues Album wird „Séance“ heissen. Ist es fertig eingespielt?

Azathoth: Das ist jetzt fertig aufgenommen. Es ist auch sehr, sehr gut gelaufen und es wird ein Hammeralbum. „Stab Wounds“ wird definitiv getoppt. Das sagt zwar jede Band über ihr neustes Werk, aber es ist tatsächlich so. Wir haben uns nach „Stab Wounds“ selber gedacht, wie sollen wir dies nur verbessern können? Doch jetzt nach den Aufnahmen haben wir gemerkt, es ist unglaublich, was wir da geschaffen haben. Nächste Woche geht dann der Mix los. Mitte Oktober wird es dann bei Alex Krull in den Mastersound Studios gemastert. Und dann, je nach dem, was wir dann für ein Label haben, darf man mit einer Veröffentlichung spätestens im März rechnen.

Aufgenommen habt ihr das Ganze selber?

Azathoth: Ja. Aufgenommen haben wir selber. Unser Gitarrist ist Tontechniker. Bei der „Stab Wounds“ haben wir uns in einem Studio eingemietet, da mussten wir nur die Studiomiete bezahlen, den Techniker logischerweise nicht, weil dies unser Gitarrist gemacht hat. Diesmal haben wir es noch unabhängiger gemacht. Wir haben nur das Schlagzeug im Studio aufgenommen, den Rest in unserem Bandraum. Es klingt vom Sound her noch besser als „Stab Wounds“. Wenn man das Album hört, könnte man meinen, es wäre in einem riesigen Studio aufgenommen worden. Man merkt auf keinen Fall, dass es in einem Bandraum aufgenommen wurde.

Und musikalisch geht es mehr in die Dimmu Borgir Richtung?

Azathoth: Nein, auf keinen Fall. Wir haben ein ziemlich eigenständiges Album geschaffen. Wir stehen natürlich zu unseren musikalischen Wurzeln: Emperor, Satyricon, ein bisschen Darkthrone, Burzum, Mayhem. Doch die Mixtur ist ziemlich eigenständig. Man merkt sofort: Es ist Dark Fortress. Wir haben dennoch ein bisschen experimentiert auf dem Album. Es ist natürlich nicht so, dass jetzt irgendwelcher Industrial oder so ein Zeug drauf wäre. Aber es geht uns darum, dass wir das lyrische perfekt Vertonen. Deshalb hatte „Stab Wounds“ einen klinischen und sterilen Sound und auch dementsprechende Songs. Bei der „Séance“ ist es halt so, dass es mehr um diese Nachtod-Thematik geht, wie der Titel schon verrät. Es geht mehr um dieses Geistwesen. Deshalb haben wir musikalisch auch geschaut, dass wir ein ganz anderes Feeling vermitteln. Es ist auf jeden Fall düsterer, mehr so Horror-mässig. Da sind schon so einige Schocker dabei. Wenn man sich einige Songs in der richtigen Umgebung anhört, bei Dunkelheit und Kerzenschein, da kriegt man schon eine Gänsehaut.

Ist es dann eher etwas ruhiger?

Azathoth: Nein, das ist verschieden. Wir haben einen Song, der ist im Mittelteil sehr ruhig. Da sind teilweise nur Chöre, Untertongesänge und flüsternde Stimmen, die von allen Seiten her kommen, zu hören. Dann gibt es aber auch Stücke, die Darkthrone-mässig voll in die Fresse gehen. Auch Emperor-mässige Songs sind darunter. Es ist also jedes Feeling irgendwie dabei. Der rote Faden ist jedoch dieses Horror-Feeling.

Aber ein Konzeptalbum rund um die Erfahrung mit dem Nachtod ist es nicht?

Azathoth: Die Texte hängen nicht irgendwie zusammen. Aber es geht um die gleiche Thematik. Bei „Séance“ schildert jeder Song die Nachtodgeschichte einer Seele, die dann im jeweiligen Song darüber berichtet, was mit ihr geschehen ist, was sie erlebt hat und aktuell erlebt. Das haben wir dann auch dementsprechend vertont: einmal aggressiver, einmal depressiver, manchmal mysteriöser. Das Album dauert auch wieder um die sechzig Minuten, diesmal aber ohne Coverversion.

Du hast vorhin gesagt, dass niemand wirklich weiss, was nach dem Tod ist. Du hast jedoch sicher selber eine Vorstellung davon?

Azathoth: Ja, aber die ist jedes Mal wieder anders. Das ist auch beim neuen Album so. Jeder Text hat andere Illusionen und Visionen. Mal ist nichts danach. Das Leben ist eine eigentliche Leere. Es kann sein, dass danach gar nichts mehr ist. Es kann aber sein, dass noch eine grössere Leere stattfinden wird. Es kann sein, dass die Verzweiflung noch grösser ist. Keiner weiss es.

Wir kommen langsam zum Ende. Hier noch zwei Stichworte, zu denen du etwas sagen sollst:

Lederhandschuhe.
Azathoth: Warum ich die auf der Bühne trage? Es geht mir darum, auf der Bühne möglichst wenig Haut zu zeigen. Das Corpsepaint bedeutet für mich eine Art Leichen-mässiges Aussehen. Es würde einfach nicht passen, wenn man dann an den Händen normale Haut sehen würde. Es ist halt ein kleiner Tick von mir.

L’Oréal.
Azathoth: Ich habe mir schon gedacht, dass das kommt. Das habe ich eigentlich schon eingangs beantwortet mit meiner Einstellung zur Black Metal Szene. Ich habe diese Fotos vor drei Jahren gemacht. Ich bin damals noch zur Schule gegangen – es kann jeder mal Geld gebrauchen, ich hab das Geld gebraucht und hab mich dazu überreden lassen, es zu machen. Jeder, der einigermassen erwachsen ist, wird das verstehen. Man kann nicht in seiner Freizeit mit Corpsepaint rumlaufen, jeder muss halt sehen wie er überlebt und ich hab das Geld gebraucht. Grundsätzlich steh ich über dieser Sache. Es ist ausserdem jedem selbst überlassen sich unsere Musik anzuhören, und wer sich an dieser Foto-Geschichte derart stört, dass er uns nicht mehr ernst nehmen kann oder dergleichen, der kann sich ja gerne nur noch seine Underground-Elite-Combos anhören und weiterhin in der Illusion durch die Gegend laufen, diese Bands würden auch ausserhalb ihrer Bandaktivität mit Schwertern, Äxten und Corpsepaint durch die Stadt laufen und damit ihr tägliches Geld verdienen. Alle anderen, deren Horizont ein bisschen weiter reicht, werden aber mit Sicherheit weiterhin zu uns halten. Da bin ich mir sicher!

Damit wären wir am Ende des Interviews angelangt, du kannst jedoch noch das äussern, was du noch unbedingt loswerden willst!

Ich wollte mich für das Interview bedanken und dann noch dazu auffordern, wenn „Séance“ dann draussen ist, dass ihr da reinhört, es wird sich auf alle Fälle lohnen, wenn man etwas offen ist.