Erstaunlich. Da müssen diese Ungaren extra über den
grossen Teich hoppsen, um ein Label zu finden, das ihr Debut weltweit vertreibt,
was deswegen schon seltsam ist, da Without Face Gothic Metal machen - ein
Produkt, das sich in unseren Breitengraden wohl besser absetzen lässt als in
Amerika. Egal, denn Deep Inside ist wieder mal ein Genre Scheibchen, das nicht
ganz so abgehalftert klingt wie manch andere Spartenveröffentlichung in den
letzten zwölf Monaten. Bleibt zu hoffen, dass Without Face mit ihrem Zweitling
auch in Europa eine Chance bekommen ... und den soll's ja schon bald geben.
Dass man nicht nur auf dem Klo die besten Ideen haben kann, warum Without Face
darauf achten, dass man sie nicht in die Beauty and the Beast Ecke drängt und
weshalb Juliette Emails so hasst, könnt Ihr im nachfolgenden Interview mit den
beiden Vokalisten der Band nachlesen.
Könnt Ihr uns zuerst etwas über Eure Bandgeschichte erzählen?
Andras: Without Face ist eine Goth-Prog Metal Band mit zwei gleichberechtigten
Gesangsstimmen - einer weiblichen und einer männlichen. Unsere Bandkarriere
startete in den Jahren 1997 und 1998. Während dieser Zeit wurde uns klar, dass
unserer Ziele nicht unerreichbar wären, und dass wir, wenn wir hart daran
arbeiten würden, alles erreichen könnten, was wir uns wünschten. Wir spielten
mit grossartigen Acts wie The Kovenant, The Gathering oder Anathema. Aber
natürlich war unser grösster Erfolg der Deal mit Dark Symphonies und der Release
von Deep Inside am 10. Dezember des vergangenen Jahres.
Ich finde es interessant, dass Du niemals shoutest oder growlst, wenn Du mit
Juliette zusammen singst. Mögt Ihr diese Kombination nicht oder soll das die
Leute daran hindern, zu sagen: "Ah, wieder mal einer dieser Beauty and the Beast
Konzepte"?
Andras: Ja, wir betonen immer, dass wir dieses Beauty and the Beast Konzept eben
NICHT benutzen, trotz der Tatsache, dass wir eine weibliche und eine männliche
Gesangsstimme in der Band haben. Diese zwei Stimmen sind ein Markenzeichen
unserer Musik, und ich denke, dass wir es geschafft haben, einen brandneuen
Gesangsstil zu entwickeln. Die beiden Gesangsstimmen sind von Anfang an geplant
gewesen. Sie sollen sich ergänzen, nicht gegeneinander arbeiten, und daher
achten wir immer sehr stark darauf, dass sie stets in einem harmonischen
Verhältnis zueinander und zur Musik stehen.
Wo holt Ihr die Inspiration für Eure Musik her? Einige Leute haben ihre
besten Ideen im Wald, andere in dunklen Räumen oder Kellern und wieder andere
auf dem Klo ...
Andras: Du magst es vielleicht nicht glauben, aber wir gehen einfach in
unseren Proberaum und schreiben dort unsere Musik. Jeder stellt seine Ideen vor,
und aus diesen Ideen machen wir dann einen Song. Danach kommt Juliette mit den
Lyrics dazu, und schon ist der Titel fertig. Ok, ganz so einfach ist es
natürlich schon nicht, denn wir bemühen uns sehr darum, dass unsere Musik
eigenständig klingt. Bezüglich der Texte werden wir sehr stark von Büchern, die
wir lesen, inspiriert ....
... unter anderem von Schriftstellern wie E.A. Poe und H.P. Lovecraft, wie
einige andere Bands der düsteren Musikszene auch. Aber was macht diese
Schriftsteller für Euch persönlich so interessant? Ihre Stories, ihr
Schreibstil?
Andras: Die Stories natürlich auch, aber ich denke, dass die Atmosphäre in ihren
Werken den grössten Einfluss auf uns hat. Sie lässt unsere Seelen erschaudern,
und dieses Schaudern wollen wir durch unsere Musik wieder zurückgeben, in Form
einer tiefen Angst, die in unseren Kompositionen liegt. Bei Without Face ging es
von Anfang an genau darum. Wer Poe's oder Lovecraft's Werke kennt, weiss, wovon
ich spreche. Wenn diese Leute Without Face hören und das gleiche wie wir dabei
fühlen, dann können wir von uns behaupten, einen guten Job gemacht zu haben. Den
Hintergrund dazu hätten wir eigentlich.
Auf der CD gibt es einen Videoclip vom Song I And I, welcher einen sehr guten
und professionellen Eindruck hinterlässt. War das nicht eine ziemlich teure
Sache, gerade für eine junge Band, welche sicherlich nicht ein paar hundert
Dollars besitzt, die sie so einfach ausgeben kann?
Andras: Das ist ein interessantes Thema. Du musst wissen, dass hier in Ungarn
die Dinge ein wenig anders laufen als 10 Kilometer westlicher. Die Situation ist
schlimm. Niemand hat Geld, und zwar für gar nichts. Wenn eine Band also einen
Videoclip machen will, hat sie zwei Möglichkeiten: Sie kann sich Geld leihen
oder ihre Kontakte nutzen. Wir wählten die Kontakte, fragten ein paar Freunde,
ob sie uns unterstützen würden und drehten den Clip in nur einer Nacht im
örtlichen Theater. Wir mussten alles aus eigener Kraft schaffen - und es hat
hingehauen. Ich kann daher stolz verkünden, dass uns der Clip rein gar nichts
gekostet.
Deep Inside ist im Jahre 2000 in Eurem Heimatland erschienen. Jetzt habt Ihr
ein Label gefunden, das Euer Album mehr oder weniger weltweit vertreibt. Warum
musstet Ihr tausende von Meilen weit suchen, bis Ihr jemanden gefunden habt, der
daran interessiert war, mit Euch zu arbeiten? Gab es kein Label in Europa, das
in Frage gekommen wäre?
Andras: Dazu musst Du folgendes wissen. Als wir Deep Inside in Ungarn
herausbrachten, machte das damalige Label keinerlei Promotion für die Band. Das
gestaltete es etwas schwieriger, jemanden zu finden, der unser Album auch im
Ausland veröffentlichen würde. Also mussten wir unsere CD selbst promoten, und
aufgrund unserer begrenzten, finanziellen Möglichkeiten und den teuren
Versandkosten war es uns nicht möglich, dies genügend zu tun. Also verschickten
wir zwanzig Pakete an verschiedene Labels, die uns wichtig erschienen. Die
meisten von denen fanden Without Face interessant, aber keiner traute sich, uns
unter Vertrag zu nehmen. Plötzlich kamen Dark Symphonies, fast wie in einem
Märchen, und meinten, dass ihnen Without Face sehr gut gefallen und sie uns
daher gerne signen würden. Das schien unsere letzte Chance zu sein. Glaubst Du,
dass wir uns in dieser Situation noch gefragt haben, wieviele tausend Meilen die
entfernt sind?
Nun ist Dark Symphonies wie erwähnt ein amerikanisches Label und sehr weit
entfernt. Würdest Du sagen, dass sich die Zusammenarbeit durch die Distanz
schwieriger gestaltet?
Juliette Es wäre ein Lüge, dies zu verneinen. Beim ungarischen Label hatten wir
den Vorteil, einfach jederzeit vorbeigehen zu können, wenn wir etwas mit ihnen
zu besprechen hatten. Wir konnten uns hinsetzen, etwas trinken und über alles
reden - von Angesicht zu Angesicht. Mit Dark Symphonies stehen wir lediglich
über Email in Kontakt. Dazu kommt, dass Englisch nicht meine Muttersprache ist,
und manchmal habe ich das Gefühl, nicht genau das sagen zu können, was ich
eigentlich sagen möchte. Das kann zu Missverständnissen führen. Ein weiterer
Nachteil eines Emails ist es, dass Du nicht daraus lesen kannst, ob der
Verfasser beim Schreiben gerade ärgerlich war oder dabei gelacht hat. Darum
hasse ich Emails. Sie sind so unpersönlich. Alles übers Telefon zu besprechen
geht nicht, denn das wäre zu teuer. So gesehen ist die Zusammenarbeit natürlich
schwieriger.
Ihr werdet im Frühling 2002 ein neues Album aufnehmen. Welche Art von
Veränderung oder Weiterentwicklung können wir erwarten?
Andras: Es ist schwierig für uns, darüber eine objektive Auskunft zu geben, denn
"wir leben ja in unserer Musik". Irgendwie müssen wir uns in den vergangenen
beiden Jahren schon weiterentwickelt haben, und ich denke, dass diese
Weiterentwicklung auch auf dem neuen Album herauszuhören sein wird. Ich glaube
auch, dass wir bezüglich der Kompositionen grosse Fortschritte gemacht haben.
Die Produktion von Deep Inside ist zwar nicht schlecht, aber für das neue Album
werden wir mehr Geld zur Verfügung haben, und auch das Studio wird besser sein.
Somit können wir auch an einem bessern Sound arbeiten.
Deep Inside dauert 35 Minuten. Ich habe bisher immer geglaubt, dass solch
kurze Spielzeiten nur für Death Metal Bands "erlaubt" wären. Denkst Du, dass 35
Minuten genug für ein Album Eures Genres sind?
Andras: Deep Inside ist ein ganzes Album. Um ehrlich zu sein: Ich habe mich
niemals darum gekümmert, welche Stilrichtung welche durchschnittliche Albumlänge
abliefert. Ich glaube, dass ein Album ein "ganzheitliches Gefühl" vermitteln
muss - und das ist wohl auch der Unterschied zwischen einem Album und einer EP.
Das Album ist ein abgeschlossenes Werk - ein geschlossener Kreis. Ich benutze
gerne folgenden Vergleich: Für uns sind Songs wie kostbare Steine. Wir sind die
Juweliere, die sie polieren, formen und schlussendlich in ihre Fassung einfügen.
Das Pendant dazu lautet Deep Inside, und ich habe das Gefühl, dass darauf keiner
dieser kostbaren Steine fehlt. Deshalb sehe ich Deep Inside als geschlossenen
Kreis und als vollwertiges Album an. All denjenigen, die es für zu kurz halten,
sei gesagt, dass es auf der CD ja noch einige Beigaben hat (Multimediateil mit
Videoclip - Verf.).
Wenn wir das "Dark Symphonies Plattencover" mit demjenigen auf Eurer Webseite
vergleichen, welches wohl das erste Cover für Euren Ungarn-Release gewesen ist,
sieht man, dass es sich verändert hat. Warum habt Ihr es geändert? Um ehrlich zu
sein, hat mir das alte Cover ganz gut gefallen.
Andras: Als wir bei Dark Symphonies unterschrieben und die Idee mit dem
Re-release von Deep Inside aufkam, welcher im Gegensatz zur ungarischen Version
auch einen CD Rom Teil beinhalten sollte, dachten wir, dass wir auch das Cover
ändern sollten, damit auch "äusserlich" klar wird, dass diese Veröffentlichung
ein bisschen mehr als nur ein "simpler Re-release" ist. Ich denke, Shawn (unter
anderem auch der Webmaster der Dark Symphonies Webseite - Verf.) hat ein
wirklich tolles Cover entworfen. Wir mögen es sehr.
Without Face - der Weg zum kostenlosen Videoclip
- Details
- Geschrieben von Skoddete
- Kategorie: Interview
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Erstaunlich. Da müssen diese Ungaren extra über den grossen Teich hoppsen, um ein Label zu finden, das ihr Debut weltweit vertreibt, was deswegen schon seltsam ist, da Without Face Gothic Metal machen...