Vomitory - Take one. 22.00 Uhr, das Telefon klingelt. Ein
etwas unsicherer Tobias Gustafsson, seines Zeichens Drummer bei Vomitory, meldet
sich am anderen Ende der Leitung. Unsicher deshalb, weil er gerade von seinem
Mobiltelefon aus anruft, welches sich offensichtlich dazu entschlossen hat, nur
ab und zu mal ein paar Wörtchen zu übertragen, was die Begrüssungszeremonie
sicherlich amüsant gestaltet, aber das Interview gleichzeitig auch
undurchführbar macht (Kannst Du mich hören? Ja ... ehm, nein, nicht mehr. Und
jetzt? Ja, ja! Ehm, hallo??). Nun gut, vertrödeln wir unserer Zeit also mit ein
zwei Worten über die schwedischen Death Metaller. Nach dem Re-release ihrer
beiden full-lenght Alben über The Plague in diesem Jahr standen einige Tourdaten
quer durch Europa auf dem Programm, unter anderem mit Genregrössen wie Cannibal
Corpse, Deicide und Vader. Eine tolle Möglichkeit also, sich einem grösseren
Publikum vorzustellen, zumal Vomitory mit Redemption ein wirklich starkes Death
Metal Album im Gepäck hatten. Die neue Platte ist ebenfalls in Vorbereitung, was
will man also mehr. Ein guter Zeitpunkt, mit den Schweden ein wenig zu
plauschen, bevor sie wieder in der Welt herumgondeln.
Vomitory - Take two. Irgendwo in Schweden. Es ist jetzt 23.35. Tobias Gustafsson
meldet sich zurück. Wär's ein Interview mit Cradle Of Filth gewesen, hätte das
arme Schweizerlein mit seinen paar Fragen wohl gleich wieder aufgelegt, denn es
liegen bis heute keine handfesten Beweise vor, dass Vampire nicht durch
Telefonleitungen wuseln können. Und so knapp vor der Geisterstunde ... nee, nee.
In diesem Falle konnte das Gespräch dann doch über die Bühne gehen. Echt ins
Schwitzen kam Tobias allerdings, als er sich in der Antwort auf die Frage, in
welchem Land es die schönsten Frauen gäbe, auf seiner eigens dafür erstellten
Richterskala von 1 bis 10 nach unten hangelte, denn irgendwann war natürlich
auch die Schweiz dran (hier sind Vomitory ja auch schon aufgetreten). Aber nun
genug Blödsinn geschrieben. Late-Night Show bei the renewal. Viel Vergnügen.
Tobias: Sorry, dass es etwas länger gedauert hat, aber ich hatte hier ein
paar Probleme.
Macht nichts, keine Sorge. Wie spät ist es denn bei Euch gerade?
Tobias: Es ist jetzt 23.35 Uhr.
23.35 Uhr? Dann haben wir ja die gleiche Uhrzeit (ach was! - Anm. d. Red.).
Ich dachte, wir hätten eine Stunde Zeitverschiebung (ja, beim Denken enstehen
die meisten Fehler - Anm. d. Red.). Nun gut. Dann fangen wir jetzt einfach mal
an. Ich denke, es ist ein guter Zeitpunkt, mal mit Euch zu sprechen, denn The
Plague hat kürzlich Eure beiden full-lenght Alben Raped In Their Own Blood und
Redemption wiederveröffentlicht. Ich war sehr erstaunt, als ich den Unterschied
zwischen diesen Platten gehört habe. Es ist ja normal, dass eine Band bei jedem
neuen Recording sich wieder ein Stückchen weiterentwickelt, aber bei Redemption
kann man nicht mehr nur von einem Schritt nach vorne sprechen. Das ist bedeutend
mehr. Da habt Ihr ein aussergewöhnlich starkes Album aufgenommen. Ich glaube, es
wurde letztes Jahr erstmals veröffentlicht, oder?
Tobias: Das ist richtig. Die Veröffentlichung des Redemption Albums wurde ein
wenig verzögert, weil das Album Cover nicht rechtzeitig fertig geworden ist.
Das Cover ist ein anders als diejenigen, die Ihr früher verwendet habt.
Soweit ich weiss, hattet Ihr immer irgendwelche Fotos und keine Zeichnungen. Bei
Redemption ist es eher ein Horror Gemälde oder sowas in der Richtung. Warum?
Wolltet Ihr ein bisschen was an Euch verändern?
Tobias: Nein, das lag eher daran, dass wir ziemlich genaue Vorstellungen davon
hatten, wie dieses Cover aussehen sollte. Normalerweise ziehen wir ein cooles
Foto vor, aber in diesem Fall konnten wir durch dieses Bild unsere Vorstellungen
besser verwirklichen. Der Typ, der diese Bild gemalt hat, war übrigens auch in
die Gestaltung des Raped In Their Own Blood Cover's involviert. Er wird auch für
das kommende Album diesen Job wieder übernehmen.
Also wieder ein Foto?
Tobias: Nein, es wird wieder eine Zeichnung sein.
Gibt es eine Verbindung zwischen dem Titel und der Zeichnung?
Tobias: Ja. Die Lyrics auf Redemption handeln von einer Person, die durch
verschiedene Experimente gequält wird und nur einen Ausweg aus dieser Situation
sieht, nämlich den, möglichst bald zu sterben. Daher auch das Bild von diesem
Körper in dem Sarg, den Mund zu einem letzten Schrei geöffnet.
Ach, darum auch die Zeilen auf der Rückseite des Covers. Self obliteration -
the only way out.
Tobias: Genau. Diese Zeile stammt aus einer der Lyrics von Redemption.
Lass uns ein bisschen in die Vergangenheit zurückgehen. Nachdem Ihr 1993 die
7inch Single Moribound veröffentlicht habt, gab es einige Labels, die an Eurem
Material interessiert waren. Passiert ist dann aber doch nichts. Wo lag denn das
Problem?
Tobias: Wir haben diese 7inch für die Labels aufgenommen, und einige davon
zeigten auch Interesse daran. Da einige dieser Labels noch mehr von Vomitory
hören wollten, nahmen wir im Sommer 1993 ein Promotion Tape auf. Danach haben
wir dieses Tape an die Interessenten verschickt, aber da kam keine Reaktion
mehr, also nahmen wir daraufhin noch ein weiteres Demo auf, Through Sepulchral
Shadows.
Mir ist noch etwas aufgefallen. Offensichtlich habt Ihr laufend Line-Up
Probleme. Nach Moribound musste der Bassist gehen, nach Raped In Their Own Blood
verliessen der neue Bassist und der Sänger die Band und nach Redemption ging der
neue Sänger gleich wieder weg. Vielleicht solltet Ihr nach einem singenden
Bassisten Ausschau halten, dann müsstet Ihr jeweils nur noch 1ne Person pro
Aufnahme feuern.
Tobias: Hehe. Also im Moment sind wir sowieso nur vier Leute in der Band. Wir
mussten den letzten Sänger vergangenen Dezember rauswerfen. Dafür gab es mehrere
kleine Gründe. Um es einfach zu sagen. Es hat nicht funktioniert mit uns. Jussi
ist ein wirklich netter Typ. Wir hatten eine gute Zeit zusammen und seine Stimme
ist wirklich toll. Aber es braucht ein wenig mehr als das, um in einer Band zu
spielen, denn wir wollen mit Vomitory etwas erreichen. Dazu ist es nötig, dass
wir alle ähnlich denken, und dass wir wissen, was wir wollen. Es war nicht
einfach, ihn rauszuwerfen, aber Jussi stoppte durch sein Verhalten den
Fortschritt der Band. Doch es gibt keine negativen Gefühle zwischen uns. Wir
sind noch immer Freunde und gehen manchmal sogar zusammen weg.
Ihr habt jetzt aber ein kleines Problem, oder? Für die letzte Tour übernahm
ein Session Vokalist den Fronter Job, aber bereits im August wollt Ihr ja schon
das neue Album einspielen.
Tobias: Erik, der Bassist (ist das nicht die Gattung von Musikern, die Ihr immer
rausschmeisst? - Anm. d. Red.), wird singen, und wir wollen im Moment auch als 4
Mann Band weitermachen. Ich hoffe, dass sich Erik in dieser Doppelfunktion wohl
fühlen wird. Im Moment läuft's ausgezeichnet.
Ihr hattet ein paar Auftritte in diesem Jahr, auch auf Festivals.
Tobias: Ja, richtig. Wir haben die Supporttour für Cannibal Corpse in Europa
gemacht.
Eine tolle Chance für Euch.
Tobias: Absolut, Cannibal Corpse ist einer der grössten Death Metal Bands der
Welt.
Da waren aber auch noch andere Bands dabei, Deicide und Vader beispielsweise.
Tobias: Richtig. Die letzten 11 Shows liefen unter dem Namen No Mercy
Festivals, auf denen wir zusammen mit Cannibal Corpse, Deicide, Hate Eternal,
Marduk, Vader, Dark Funeral und Immortal aufgetreten sind.
Ein grossen Package, nicht wahr?
Tobias: Ja, es waren fast ein wenig zu viele Bands. Aber andererseits hatten wir
dadurch auch die Möglichkeit, vor Leuten zu spielen, die sonst wohl nicht an ein
Konzert von Vomitory kommen würden. Wir waren wirklich überrascht, wie positiv
wir vom Publikum aufgenommen worden sind. Darüber sind wir natürlich sehr
glücklich.
Redemption ist ein grossartiges Album geworden, und wenn Ihr nun eine weitere
old school Death Metal Platte aufnehmen wollt, wird es schwierig werden, Eure
vorangegangene Leistung zu toppen. Wie wollt Ihr das denn anstellen?
Tobias: In erster Linie wird es natürlich wieder eine richtige old school Death
Metal Platte werden, denn darum geht's bei Vomitory. Ich denke, dass das neue
Album besser werden wird als Redemption.
Klar, das sowieso (natürlich! - Anm. d. Red.). Aber Redemption zu
übertreffen, wird trotzdem nicht ganz einfach sein.
Tobias: Ich muss jetzt natürlich noch erklären, warum ich überzeugt davon bin,
dass das neue Album besser wird als Redemption. Wir hatten dieses Mal sehr viel
mehr Zeit, um an den Songs zu arbeiten. Ausserdem das neue Material brutaler
sein.
Brutaler als auf Redemption?
Tobias: Ja.
(Gelächter auf beiden Seiten)
Tobias: Ich bin mir ziemlich sicher ... nein, ich weiss es, es wird brutaler (ja
wie nu? - Anm. d. Red.). Einige der neuen Titel sind viel mehr blast-orientierter. Wir werden dieses Mal auch mehr am Sound herumfeilen können.
Der Sound der Gitarren und der Drums auf Redemption waren einfach nicht brutal
und powergeladen genug.
Hat das neue Album denn schon einen Titel?
Tobias: Ja, es wir Revelation Nausea heissen und ungefähr 10 oder 11 Songs
beinhalten.
Und dieses Mal mehr als 30 Minuten dauern, hoffe ich.
Tobias: Nun, ehm, nicht viel mehr als 30 Minuten. Ich denke, dass ein gutes Death
Metal Album nie länger als 35 Minuten sein sollte, sonst wird es langweilig.
Back To Blind von Vader oder Reign In Blood von Slayer sind auch nicht länger.
Lass uns nochmals auf die Frage mit der Tour zurückkommen. Cannibal Corpse
und Vader sollen ja ziemlich nette Kerle sein, Deicide dagegen manchmal etwas
schwierig.
Tobias: Ja, wir hatten eine wirklich gute Beziehung zu Cannibal Corpse. Das sind
sehr sehr nette Jungs, ich kann mich über nichts beklagen. Mit Vader hatten wir
nicht ganz so viel Kontakt, aber die sind auch unglaublich nett und wirklich
cool. Deicide ... nun, die waren fast die ganze Zeit in ihrem Tourbus, aber ich
glaube, Glenn Benton ist ein sehr freundlicher Kerl (und in 1ner Sekunde ward
jahrelange Imagearbeit zunichte gemacht - Anm. d. Red.).
In den vergangenen Monaten, eigentlich auch während des ganzen, letzten
Jahres, sind äusserst viele neue Death Metal Platten herausgekommen. Glaubst Du,
dass Death Metal wieder auflebt? Es gab ja einige Jahre, in denen dieser Stil
von vielen Leuten beinahe komplett ignoriert wurde.
Tobias: Ja, der Death Metal kommt wieder hoch, und dieses Mal wird er auch oben
bleiben. Death Metal wird wieder akzeptiert, weil die Leute langsam realisieren,
dass Death Metal mehr als Lärm, Schreierei und Gitarrenhämmern ist, zumal in der
Death Metal Szene schon immer sehr gute Musiker vertreten waren.
So, und jetzt noch eine völlig andere Frage. Ist es wahr, dass alle
Schwedinnen blond und schön sind?
Tobias: Blond sind nicht alle, aber schön! Haha.
Haha. Natürlich!
Tobias: Ich war ja jetzt in verschiedenen Ländern Europas, und ich muss wirklich
sagen, dass es in Schweden die schönsten Frauen gibt. In Schweden sehen 8 von 10
Frauen sehr gut aus. Aber wenn Du jetzt mal 10 aus England nimmst ...
Moment mal. England kannst Du nicht nehmen, das ist ja nun wirklich ein
Spezialfall.
Tobias: Haha. Also gut, sagen wir Deutschland. Da ist vielleicht 1ne von 10
wirklich schön (ui, an diesem Beispiel werden die deutschen Leser gar keine
Freude haben - Anm. d. Red.).
Nun, Du warst ja auch mal in der Schweiz. Wie lautet in diesem Fall Dein
Urteil? Denk dran, wir sind Schweizer hier. Alles unter 6 von 10 wird
problematisch für Dich.
Tobias: Ehm, also eigentlich kann ich jetzt gar nichts dazu sagen, weil ...
... Du's vergessen hast.
Tobias: Haha, ja, genau. Ich hab's echt vergessen.
Gut, dann wünsche ich Euch alles Gute für Euer nächstes Album. Ich freue mich
wirklich darauf, es zu hören. Viel Glück!
Tobias: Vielen Dank, auch für das Gespräch!
Vomitory - Personalabbau auf Schwedisch
- Details
- Geschrieben von Skoddete
- Kategorie: Interview
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Vomitory - Take one. 22.00 Uhr, das Telefon klingelt. Ein etwas unsicherer Tobias Gustafsson, seines Zeichens Drummer bei Vomitory, meldet sich am anderen Ende der Leitung...