Schwedenmetal einmal ganz anders. Sie sind keine
Shootingstars und sie sind auch keine Trendsetter, und trotzdem kann eigentlich
kein Metalfan guten Gewissens behaupten, er hätte von einer Formation namens
Opeth noch nie im Leben etwas gehört. Stück für Stück hat sich die Mannschaft um
Mikael Akerfeldt hochgearbeitet und weiterentwickelt, und bei jedem neuen Album
waren sich die Rezensierer mehr oder weniger einig (und das will was heissen): "Opeth
sind noch besser geworden. Opeth haben ihren Vorgänger getoppt." Soeben sind die
Promotage für das neue Album Blackwater Park angelaufen. Eine tolle Sache
natürlich, wenn man dann gleich noch einen Termin bekommt, denn der Zeitplan für
solchen Aktionen ist meistens sehr stark beschränkt (Danke an Fabi!). Gleich zu
Beginn des Gespräches stellte sich dann aber schon die altbekannte Frage: "Macht
Heavy Metal taub?" Hier ein wenig o-tone für Euch: "Hi, this is Peter of Opeth"
- "Hi, ehm, sorry, did you say Peter Lopez?" - "No, Peter OF OPETH". Grund genug
für beide Gesprächspartner, schon ein erstes Mal affig in die Leitung zu grinsen
... aber danach ging's auch schon gleich los, denn schlussendlich sollte ja über
die neue CD geredet werden.
Nicht jeder hat ein Album von Opeth daheim stehen, aber es sieht so aus, als
würden alle Opeth respektieren. Ich habe eine lustigen Artikel über Opeth
gelesen. Der Journalist schrieb: "Jeder mag Opeth, sogar meine Grossmutter."
Woher denkst Du, kommt diese starke Akzeptanz gegenüber Eurer Band?
Peter: Nun ich glaube, wir haben ziemlich lange gebraucht, um diese Akzeptanz zu
erreichen. In den Anfängen hatten wir gute und schlechte Reviews. Mittlerweile
können wir ein bisschen stolz auf unsere Musik sein und sagen, dass, auch wenn
uns gewisse Leute nicht mögen, sie uns doch respektieren. Ich denke, es liegt
daran, dass wir uns einen eigenen Raum im Death Metal Genre erschaffen konnten.
Die Leute wissen, dass wir unser Ding durchziehen und nicht auf irgendwelche
Trends aufspringen. Ich denke, dass wenn jemand seinen eigenen Weg geht, er
stets dafür respektiert wird. Ferner denke ich, dass viele Leute die Opeth Musik
aufgrund ihrer Komplexität und Dynamik mögen. Jeder findet etwas in ihr, mit dem
er sich identifizieren kann. Nimm zum Beispiel den Song Harvest. Den könnte ich
tatsächlich meiner Grossmutter vorspielen, und sie würde darauf sicherlich
sagen, dass Opeth wirklich gut sind. Ok, die anderen Songs könnte ich ihr nicht
vorspielen, haha.
Alle Opeth Songs haben Ueberlänge. Um so schwerer eigentlich, die Leute dafür
zu begeistern, denn kaum einer hat ja noch Zeit, sich ausgiebig mit der Musik zu
beschäftigen, die er sich anhört. Da werden oft eher die typischen 4 Minuten
Songs vorgezogen. Ist es für Euch eine Art eigene Vorgabe, dass die Stücke so
lang werden oder passiert das einfach?
Peter: Es passiert einfach, aber wir wussten schon von Anfang an, dass wir lange
Songs schreiben würden. Wir sitzen jedoch nicht mit der Stoppuhr nebendran und
messen die Länge der Stücke. Wir machen erst den Song fertig und schauen danach,
wie lang er geworden ist. Ich persönlich mag Musik, die interessant ist. Du
sollst nicht wissen, was gleich passieren wird. Musik sollte voller
Ueberraschungen sein, und ich glaube das ist es, was wir versuchen zu erreichen.
Die Leute sollen sich beim Zuhören konzentrieren müssen. Man braucht daher
Geduld, um sich Opeth Musik anzuhören. Leute, die eher 4 Minuten Songs mögen,
hören sich unsere Musik sowieso nicht an. Das sortiert sich praktisch von
alleine aus.
Blackwater Park ist nun das 5. Album von Opeth. Ihr habt immer wieder ein
bisschen etwas verändert und Euch weiterentwickelt. Aber schlussendlich hat es
sich immer 100%ig nach Opeth angehört. Gab es denn nie irgendwelche Ideen, die
Ihr in die Opeth Musik nicht integrieren konntet? Habt Ihr Side-Projects für
sowas?
Peter: Wir versuchen natürlich, uns von Album zu Album weiterzuentwickeln und
Fortschritte in andere Richtungen zu machen. Wir haben selbstverständlich von
Anfang an Elemente gehabt, die wir nicht in die Musik von Opeth integrieren
konnten. Unser erster Bassist, der bei den ersten beiden Alben mit dabei gewesen
ist, hatte ein paar Funkriffs, die er in die Musik hineinbringen wollte. Das
ging natürlich nicht.
Würde sich sicherlich lustig anhören, so ein funky Opeth Song.
Peter: Haha. Das wäre dann wohl zuviel des Guten. Wir könnten das nicht mal tun,
wenn wir wollten. Wir versuchen wirklich, nur das Beste in die Musik von Opeth
einzubringen. Wenn etwas für heute nicht gut genug ist, dann reicht es
vielleicht für morgen. Wir haben beispielsweise auch Riffs geändert, die zu
"fröhlich" klangen, aber nicht aus dem Grund, weil sie nur zu "fröhlich"
klangen, sondern einfach, weil wir sie so nicht mochten.
Im Jahre 1998 gab es wohl mal einen kritischen Punkt in der Bandgeschichte.
Das war kurz vor den Aufnahmen zu My Arms, Your Hearse. 2 Mitglieder verliessen
Euch, und davon einer, der Drummer, sicherlich unerwartet, was Euch ziemlich
geschockt hat, wie ich gelesen habe. Gab es Momente, an denen Ihr daran gedacht
habt, alle Bandaktivitäten zu stoppen?
Peter: Das war eigentlich im Jahre 1997. Wir feuerten den Bassisten ...
... wegen seinen funkigen Ideen.
Peter: Oh, nein, haha, nicht deswegen. Aber er versuchte zusehends, den Weg der
Band in eine andere Richtung zu lenken. Wir hatten auch diverse persönliche
Probleme mit ihm. Danach waren wir plötzlich nur noch zu Dritt. Dann passierte
das mit unserem ehemaligen Drummer. Dieser stammt eigentlich aus Brasilien, und
als er damals dort gerade seinen Urlaub verbracht hatte, rief er uns an, um uns
mitzuteilen, dass er die Band verlassen würde, weil er nach Brasilien ziehen
möchte. Mittlerweile ist er wieder nach Schweden zurückgekommen. Er hat hier
studiert. Wir sind immer noch Freunde, auch wenn er nicht mehr in der Band ist.
Nun ... jedenfalls waren plötzlich 2 Leute weg. Zu dieser Zeit hatten wir kaum
Songs, aber das Studio für die Aufnahmen war schon gebucht. Wir mussten uns zwar
überlegen, wie wir mit Opeth weitermachen sollten, aber wir kamen zum Schluss,
dass es dumm wäre, die Band deswegen aufzulösen. Es hat natürlich eine Weile
gedauert, bis wir den neuen Drummer in die Band integrieren konnten, nicht
zuletzt auch in Bezug auf die persönliche Beziehungsebene. Aber wir haben die
schwierigen Zeit letztendlich gut überstanden.
Die letzten beiden Alben waren textliche Konzeptalben. Wie sieht's bei
Blackwater Park aus?
Peter: Nein, dieses Mal nicht. Mikael hat die Lyrics geschrieben, und das eher
auf einer persönlichen Basis. Dieses Album ist düsterer als die anderen,
besonders in Bezug auf die Texte. Sie reflektieren hauptsächlich Hass und
Dunkelheit.
Der Titel Blackwater Park ist eigentlich der Name einer Band aus den 70ern.
Ich kenne diese Band überhaupt nicht, und ich denke, dass es den meisten Lesern
genau so geht. Was war denn das für eine Band?
Peter: Das war eine deutsche Band, die 1971 ein Album veröffentlicht haben,
welches allerdings nichts mit unserem gemein hat. Wir haben immer Probleme,
einen Albumtitel zu finden, der die Musik reflektiert. Normalerweise wenden wir
viel Zeit dafür auf. Aber dieses Mal kam Mikael ganz spontan mit dem Namen auf
mich zu, und er gefiel mir sofort.
Für dieses Album habt Ihr mit Steve Wilson zusammengearbeitet, der ja
eigentlich eher für seine Produktionen aus dem progressiven Rockbereich bekannt
ist. War das nicht etwas riskant? Opeth ist schliesslich noch immer eine Metal
Band.
Peter: Stimmt, er hat schon Marillion produziert, und soviel ich weiss auch
Dream Theater. Nun, er spielt selbst in einer Band namens Porcupine Tree. Da
Mikael und ich diese Band sehr gut kennen, sagte uns der Name natürlich etwas.
Steve bekam zufällig eine Kopie von Still Life von einem Rock Hard Journalisten
zugeschickt, und schlussendlich war es Wilson, der uns kontaktierte, nicht
umgekehrt. Mikael hat sich daraufhin mit ihm in London getroffen und mit ihm
vereinbart, dass er unser nächster Produzent würde. Wir wählten ihn aber nicht
seiner Produktionen wegen, sondern wegen seiner Arbeit mit seiner eigenen Band,
die er ebenfalls selbst produziert. Natürlich war es ein Risiko, da wir nicht
wussten, ob wir seine Vorstellungen mit unserer Musik vereinbaren konnten. Aber
er hatte sehr viele gute Ideen, und es war interessant, unsere Musik von zwei
verschiedenen Blickwinkeln aus zu betrachten. Es hätte ein Fehler sein können,
aber in diesem Fall hat es sehr gut funktioniert.
Auf Blackwater Park kann man sehr viele 70er Jahre Einflüsse heraushören.
Offensichtlich ein Stil, der Euch sehr zusagt. Muss man damit vermehrt auf den
zukünftigen Alben rechnen?
Peter: Mikael, Martin und ich mögen tatsächlich diesen 70er Jahr Sound sehr. Wir
alle in der Band versuchen, unsere verschiedenen Einflüsse in die Musik
einzubringen. Unsere musikalischen Wurzeln liegen im 80er Jahre Metal, aber
natürlich kannten wir damals auch die progressiven Rock Bands der 70er. Doch es
gibt auch verschiedene "nicht Rock"-Bands, die uns beeinflusst haben. Ich kenne
beispielsweise einige gute Stevie Wonder Songs. Natürlich integrieren wir nicht
direkt Stevie Wonder Songs in unsere Musik. Es geht dabei mehr um Stimmungen und
Atmosphären, die vielleicht irgendwo in unseren Riffs wieder auftauchen.
In der deutschen Sprache gibt es einen Ausdruck für das Wort Gefängnis, der
sich "Schwedische Gardinen" nennt. Ich habe keine Erklärung dafür, wie dieser
Ausdruck zustande gekommen ist, darum frage ich jetzt mal einen Schweden.
Peter: Haha. Also ich habe auch keine Ahnung. Aber wir benutzen diesen Ausdruck
in Schweden ganz bestimmt nicht! (wär ja noch schöner - Anm. d. Verf.)
Nun gut. Etwas anderes. Jedes Land dieser Welt hat seine Klischees, natürlich
auch Schweden. Ueber Schweden sagt man, dass alle Frauen blond wären und alle
Schweden ihre Möbel bei IKEA kaufen würden. Welches dieser Klischees stimmt denn
nun tatsächlich?
Peter: Natürlich, dass alle Frauen blond sind, haha!
Tatsächlich ... alle?
Peter: Nun, ... nein, nicht alle, aber viele. Man sagt, dass schwedische Frauen
besonders gut aussehen. Das ist tatsächlich wahr! Vor allem im Sommer. Das haut
Dich um, ich verspreche es Dir.
Ich war schon mal in Norwegen, und das hat mich schon umgehauen.
Peter: Ja, Norwegen ist vielleicht noch ein bisschen besser, aber wenn Du im
Sommer in die grossen Städte Schweden's gehst, zum Beispiel nach Stockholm ...
phantastisch! Darum reise ich nur im Winter umher. Während dieser Jahreszeit
könnte man in Schweden ohnehin denken, dass alle verschwunden wären. Aber im
Sommer kommen sie wieder auf die Strasse raus.
Ist das Bier immer noch so teuer bei Euch?
Peter: Nicht mehr, da Schweden seine Währung entwertet hat. In der Schweiz ist
das Bier teurer als bei uns. (na ich weiss nicht! - Anm. d. Verf.)
Dann gibt es ja keinen Grund mehr, nicht nach Schweden zu reisen.
Peter: Genau, Du kannst jetzt nach Schweden fahren, haha.
Ok. Verlassen wir an dieser Stelle dieses hochinteressante Männergespräch.
Peter meinte übrigens noch, dass es im Sommer wahrscheinlich eine Tour geben
würde, obwohl bis jetzt noch keine konkreten Pläne oder Daten bekannt seien.
Aber für einen Gig in der Schweiz würde es sicherlich auch reichen. Nur ... nach
diesem informativen Interview wird wohl kein Schweizer mehr an das Konzert
kommen können. Warum nicht? Na, es wird im Sommer stattfinden, und das Reisebüro
Opeth empfiehlt für diese Jahreszeit einen Städteflug nach Stockholm ...
Opeth - komplex, dynamisch und grossmutterkompatibel
- Details
- Geschrieben von Skoddete
- Kategorie: Interview
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Schwedenmetal einmal ganz anders. Sie sind keine Shootingstars und sie sind auch keine Trendsetter, und trotzdem kann eigentlich kein Metalfan guten Gewissens behaupten, er hätte von einer Formation namens Opeth noch nie im Leben etwas gehört...