Während Ihr hier gerade das Interview durchlest, werkeln die skandinavischen melodic Death Könige in einem Haus in Südschweden bereits an neuem Material herum. Sowas ist nicht ohne, wie man so schön sagt...



Während Ihr hier gerade das Interview durchlest, werkeln die skandinavischen melodic Death Könige in einem Haus in Südschweden bereits an neuem Material herum. Sowas ist nicht ohne, wie man so schön sagt, und deswegen überrascht es auch nicht unbedingt, dass sich ein offensichtlich etwas geplätteter Peter Iwers um acht Uhr abends über den heissen Draht meldet, um für unser kleines Eidgenossenmagazin noch schnell ein paar Fragen zu beantworten.

Natürlich war das aktuelle Livealbum ein Thema, aber es wurde auch über die Eindrücke aus der Japan Tour, über die interne Bandsituation und über die zukünftige Weiterentwicklung von In Flames gesprochen. Bleibt nur noch zu hoffen, dass die folgende Gesprächsabschrift ein zwei Facts enthält, die Euch interessieren. Here we go ...

Lass uns zuerst etwas über die Anfangstage sprechen. Jesper Strömblad verliess eine Band namens Ceremonial Oath, um mit In Flames neu anzufangen. Anders Fridén und Anders Iwers, Dein Bruder also, spielten ebenfalls bei Ceremonial Oath, kamen aber erst später zu In Flames. Warum gingen sie damals nicht gleich mit Jesper mit?

Peter: Ich denke, dass Jesper zu diesem Zeitpunkt andere musikalische Vorstellungen als Anders und mein Bruder hatte, welche er verwirklichen wollte, ohne dass ihm jemand reinredete.

Bist Du dann später durch Deinen Bruder zu In Flames gestossen?

Peter: Eigentlich ist mein Bruder nie wirklich bei In Flames gewesen. Er hat lediglich für ein früheres In Flames Album einige Gitarrensolos eingespielt. Ich kam dann unmittelbar nach den Aufnahmen zu Whoarcle zur Band.

Das war ja eine schwierige Zeit für In Flames, da nach den Aufnahmen zu diesem Album gleich mehrere Mitglieder die Band verlassen hatten.

Peter: Ja, genauer gesagt waren es zwei Leute, die In Flames nach den Aufnahmen zu Whoracle verliessen, was aber eigentlich eher eine positive Auswirkung zur Folge hatte, da die Band danach nur stärker geworden ist. Der Grund für die Abgänge war gewesen, dass sich diese beiden Bandmitglieder nicht mehr 100%ig mit der Musik von In Flames identifizieren konnten. Die beiden Nachfolger, also ich und der Drummer Daniel Svensson, standen von Anfang an voll hinter der Musik von In Flames.

War In Flames zu dieser Zeit zu einer Strömblad/Fridén Band geworden oder seid ihr alle fünf gleich von Anfang an ein echtes Team gewesen?

Peter: Ja, ich wurde gleich zu Beginn gefragt, ob ich als full-time Member einsteigen wolle und erlebte diese "Einheit" direkt vom ersten Tag an. In Flames ist eigentlich zu keinem Zeitpunkt eine reine Strömblad/Fridén Band gewesen. Sie bestand immer aus fünf Leuten.

Als Ihr begonnen habt, haben Euch viele Leute als "Soft-Version von At The Gates" oder sogar als "Girlie Death" bezeichnet. Mittlerweile seid Ihr ja aber zu einer Art von "Vaterfigur" für eine neue Generation des skandinavischen melodic Death geworden, welche nicht nur Acts in Eurer direkten Umgebung sondern auch Bands aus Europa und Amerika beeinflusst hat. Fällt es Euch durch diese Rolle heute schwerer, Songs zu schreiben oder auf die Bühne zu gehen? Fühlt Ihr Euch deswegen manchmal etwas unter Druck?

Peter: Nein, das würde ich nicht sagen. Wir haben uns nie darüber Gedanken gemacht, was andere Leute über uns oder unsere Musik denken. Wir schreiben die Songs in erster Linie für uns selbst und versuchen, unsere Musik in eine Richtung weiterzuentwickeln, die wir schlussendlich selbst bestimmen. Wir haben nach jedem Album Fans verloren aber auch wieder neue dazugewonnen.

Wenn man eines Eurer früheren Werke, also beispielsweise The Jester Race, mit dem aktuellen Album Clayman vergleicht, fällt einem klar auf, dass die technischen Gitarreneinsätze etwas zurück- und die Gesangsmelodien etwas mehr in den Vordergrund getreten sind. Was bedeutet das für Euer zukünftiges Material? Geht Ihr wieder mehr zu den Roots zurück oder entwickelt Ihr die Gesangsmelodien weiter? Denkt Ihr überhaupt schon über neues Material nach?

Peter: Ja. Ich rufe gerade aus einem Haus in Südschweden an, in welchem wir eine Art von Pre-Production für unser neues Material machen. Wir schreiben Songs und nehmen Demoversionen davon auf. Wir entwickeln natürlich unseren Stil weiter, sowohl die Art zu Spielen wie auch die Gesangsparts, da wir von vielen Arten von Musik beeinflusst werden, wovon wir sicherlich auch Eindrücke in unsere neuen Songs mitnehmen werden, was aber nicht bedeutet, dass wir uns von unseren eigentlichen Sound wegbewegen würden.

Gibt es auf Clayman mehr Gesangslinien, weil Anders Fridén mittlerweile ein viel stärkerer Songwriter geworden ist? Oder schreibt Strömblad die ganzen Songs alleine?

Peter: Nein. Wir schreiben eigentlich alle daran mit. Wenn Du ein Instrument spielst, wirst Du mit der Zeit immer besser, und so ist das auch mit Anders Fridén. Seine Weiterentwicklung als Sänger erlaubt es ihm natürlich auch, neue Dinge auszuprobieren.

The Jester Race war ja eigentlich das Album gewesen, welches Euch den Durchbruch verschafft hat, und das zu einer Zeit, in der der melodic Death so langsam populär wurde. Davon habt Ihr sicherlich auch profitieren können. Aber sowas kann ebenso schnell wieder ändern. Möglicherweise ist schon morgen eine ganz andere Stilrichtung wieder in. Macht Ihr Euch eigentlich manchmal über die Zeit nach In Flames Gedanken?

Peter: Nein, wir geniessen die Situation, wie sie ist. Natürlich möchten wir noch so lange wie möglich aktiv in der Musikszene mitwirken können. Aber wenn Du nicht auf irgendwen, sei es nun die Plattenfirma oder der Manager, hörst oder auf einen Trend aufspringst und immer die Songs so schreibst, wie Du es für richtig hälst, kannst Du das auch tun. Vielleicht werden wir irgendwann nicht mehr so viele Alben wie heute verkaufen. Vielleicht haben wir irgendwann nur noch eine kleine Fangruppe. Aber so lange wir unsere eigene Musik schätzen und mögen, werden wir mit In Flames weitermachen.

Lass uns jetzt noch etwas über das Livealbum sprechen. War das Eure eigene Idee?

Peter: Ja. Wir waren gerade auf Tour in Japan, als uns die Plattenfirma vorschlug, eine der Shows aufzunehmen, und zwar diejenige in Tokyo. Als wir nach Schweden zurückkamen, hörten wir uns die Aufnahmen an ... und sie gefielen uns sehr.

Dann seid Ihr also zufrieden damit?

Peter: Ja, wir sind zufrieden damit. Es ist natürlich ein richtiges Livealbum. Von daher kannst Du es nicht mit einem unserer Studioalben vergleichen.

Es gibt allerdings verschiedene Meinungen über dieses Livealbum, und ich möchte es jetzt hier nicht allzu sehr kritisieren, aber ich denke, dass es ihm an Live Atmosphäre fehlt und dass auch der Mix nicht immer optimal ist. Sind das Kritikpunkte, die Du akzeptieren kannst? Oder würdet Ihr gar etwas anders machen, wenn Ihr das Livealbum heute nochmals aufnehmen müsstet?

Peter: Ja, vielleicht schon, aber wir hatten eigentlich gar nicht die Möglichkeit dazu, da die Aufnahmen zu diesem Album von der besagten, einen Tokyo Show stammten. Einige Mikros funktionierten beispielsweise nicht so, wie wir uns das vorgestellt hatten. Aber grundsätzlich anders würden wir das Album auch heute nicht machen. Es ist einfach eine Live CD, nicht mehr und nicht weniger, gedacht als "Zückerchen" für die DieHard In Flames Fans.

Könntest Du Dir vorstellen, dass Ihr eventuell mehr negatives Feedback erhalten hättet, wenn Ihr nicht DIE In Flames wärt?

Peter: Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung. Ich hoffe, dass die Leute ehrlich sind, denn wir würden es ihnen niemals krumm nehmen, da wir für konstruktive Kritik immer zu haben sind. Klar, man kann das Publikum auf dem Livealbum nicht so gut hören, und viele Leute haben den Sound darauf auch mit demjenigen von unseren Studioalben verglichen, ungeachtet der Tatsache, dass ein Livealbum nun mal nicht wie ein Studioalbum klingt. Aber wir sind dennoch zufrieden damit.

Was ist denn der Unterschied zwischen einem japanischen und einem europäischen Publikum?

Peter: Ich würde sagen, dass die Japaner auf einem Konzert einerseits sehr wild, andererseits aber auch überaus höflich sind. Du stehst dort zudem gleichzeitig Menschen aus allen sozialen Klassen gegenüber. Da gibt's 14 Jahre alte Metalkids, die gleich neben einem 35 jährigen Geschäftsmann im Anzug stehen. Während den Songs hüpfen sie alle wie wild herum, aber wenn ein Stück zu Ende ist, herrscht nach ca. 10 bis 15 Sekunden absolute Totenstille. Sie wollen dann alle hören, was Du ihnen zu sagen hast.

Ich habe hier noch eine spezielle Frage von einem Leser. Er möchte gerne wissen, ob der Song "Goliath Disarm Their Davids" irgendwann offiziell veröffentlicht wird. Ich kenne diesen Song ehrlich gesagt gar nicht.

Peter: Das ist ein Bonustrack, der zur gleichen Zeit wie Whoracle aufgenommen wurde. Diesen Song kann man auch auf der Mini-CD Black Ash Inheritance finden (Jahr 1997, Tracklist siehe http://www.inflames.com/ - Verf.).

Du hast erwähnt, dass Ihr gerade ein paar neue Songs schreibt. Kannst Du darüber schon etwas sagen?

Peter: Eigentlich nicht. Aber sie werden immer noch nach In Flames klingen, hart, aggressiv und melodisch zugleich sein.