Dass ausgerechnet aus Tschechien eine mögliche Rettung für
die mittlerweile etwas verarmten melodic Black Metal Fans kommen würde, das
hätte wohl keiner gedacht. Nun, für umfassende Massenevakuationen aus der
melodic Black Metal Trübe sind Immortal Tears noch ein wenig zu unbekannt.
Potential haben sie aber allemal, und so sollen sie hier und jetzt die
Möglichkeit bekommen, etwas über sich zu erzählen. Grief, Frontmann und Sänger
von Immortal Tears, hat uns Rede und Antwort gestanden.
Ihr habt Euch 1996 gegründet, aber es dauerte noch ein ganzes Jahr, bis Ihr
wirklich mit der Band starten konntet, denn einer Eurer Gitarristen hat Euch
gleich zu Beginn wieder verlassen. Als Yann, der neue Gitarrist, dazukam, schien
es richtig loszugehen. War er eine "treibende Kraft" für Euch?
Grief: Ja, natürlich. Er hat uns aus unserer tiefen Monotonie geholt. Bevor er
zur Band kam, spielten wir simple Musik ohne jegliche Ideen. Er ist ein sehr
erfahrener Musiker und wurde zu unserer Hauptperson für Musikfragen. Er lehrte
uns, unsere Instrumente zu spielen.
Euer Albumtitel beginnt mit dem Wort Lasombra. Was bedeutet es?
Grief: Ich interessiere mich sehr für Computer Rollenspiele wie AD&D, Shadowrun
usw. In der Band spielen wir gerne Vampire, the Masquerade. Dieses Spiel wurde
von einer amerikanischen Firma namens White Wolf herausgebracht. Lasombra ist
einer der 13 Vampir Clans, die von Kain, welcher bekanntermassen der Bruder von
Abel war, erschaffen wurde. Kain tötete seinen Bruder Abel und versteckte sich
danach vor Gottes Antlitz in den Schatten. Dadurch wurden seine Kinder zu
Vampiren. Lasombra ist der Anführer des Sabbat Clans, also wirklich Sabbat und
nicht Sabath. Sabbat ist der herrschende Clan. Sie spielen mit den Schatten und
dem Verstand aller Lebenwesen, seien sie nun sterblich oder unsterblich. Genau
wie wir ...
Hinter dem Album steht eine konzeptionelle Story. Kannst Du uns etwas darüber
erzählen?
Grief: Ich liebe die Geschichten von King Diamond und kann dessen Einflüsse
nicht verleugnen. Ich begann, die Lyrics zu schreiben, und plötzlich bildete
sich daraus eine ganze Story. Es ist die Erzählung von Jonathan, der schwer
unter dem Tod seiner Frau leidet. Auf dem Friedhof trifft er Aaron, einen Vampir
des Lasombra Clans. Dieser bietet Jonathan ewiges Leben an. Nach ein paar Jahren
ist aus Jonathan ein vollwertiges Vampir-Mitglied geworden. Er trennt sich von
Aaron und beginnt, sein neues Untotenleben zu leben. Er trifft auf Anabelle und
macht sie ebenfalls zur Untoten, was sich als schlechte Entscheidung erweist,
denn sie "tötet" seine Liebe ... das ist das Ende der Geschichte (schluchz -
Red.). Die konzeptionelle Story basiert allerdings nicht direkt auf der
Erzählung selbst. Hier geht es um die Gedanken dazu. Es handelt sich dabei eher
um ein philosophisches und psychologisches Werk. Der Name Jonathan stammt
übrigens aus King Diamond's Abigail, Aaron von der Band My Dying Bride, dem
besten Vokalisten, den ich kenne, und Anabelle aus Poe's Dichtungen.
Kurz vor dem Ende des Songwritings für das Album starb Euer Gitarrist
Ewnissien. Was bedeutet das für die Zukunft der Band? Hatte Ewnissien einen
grossen Einfluss auf das Songwriting?
Grief: Ewnissien wird für immer unser Freund sein. Wir glauben, dass sein Tod
nicht vergebens gewesen ist. Er war ein sehr guter Gitarrist, aber zu den Songs
für Lasombra hat er nicht sehr viel beitragen können.
Ich kenne mich in der tschechischen Metalszene nicht aus, aber ich kann mir
vorstellen, dass es dort nicht allzu viele Black Metal Bands gibt. War es
schwierig für Euch, in Eurem eigenen Land als Künstler beachtet zu werden?
Grief: Du hast Recht. Es gibt nicht viele Black Metal Bands in unserem Land, und
wenn, dann spielen sie den klassischen, norwegischen Stil oder auch True Black
Metal, wie sie es nennen. Bis heute haben wir lediglich eine Band getroffen, die
ebenfalls atmosphärischen Black Metal spielt, aber die hatten null Image, haha.
Nicht, dass das ein Problem für uns gewesen wäre, aber wir sind nun mal
Exhibitionisten und lieben lebhafte Liveshows.
War es nicht schwierig für Euch, einen Produzenten aufzutreiben, der Euch den
Sound geben konnte, den Ihr wolltet? Ich kann mir vorstellen, dass es nicht
einfach war, jemanden zu finden, der genügen Erfahrungen in diesem Genre
besitzt.
Grief: Wir hatten eigentlich keinen Produzenten. Der Sound ist durch uns selbst
und mit der Hilfe von Ondra Martinek zustande gekommen. Ondra ist der Besitzer
des Studios, in dem wir unsere CD aufgenommen haben. Er unterstützte uns mit
seinem exzellenten, technischen Equipment und seiner unendlichen Geduld.
Ich habe im Review Aehnlichkeiten zu Bands wie Diabolical Masquerade und den
früheren Cradle Of Filth oder Dimmu Borgir genannt. Sind das die Bands, die Euch
beeinflusst haben, auch bezüglich des Vampir Images oder liegen diese ganz
woanders?
Grief: Ja, ich gebe zu, dass diese Bands uns beeinflusst haben. Wir lieben
diese Bands, aber von Diabolical Masquerade haben wir noch nie etwas gehört. Ist
das nicht das Projekt eines Mitglieds von Katatonia? (rischtisch - Red.) Ich
interessiere mich schon sehr lange für die Vampirthematik. Ich glaube an Blut,
Sex und andere tolle Sachen, haha.
Es gibt wahnsinnig viele Geschichten und Legenden über "die Kreaturen der
Nacht", aber es scheint so, als würde der Vampir die Menschen am meisten
faszinieren. Was glaubst Du, ist der Grund dafür?
Grief: Vampire sind die erhabensten Geschöpfe der Nacht. Sie sind adlig,
intelligent und verführerisch. Um Dich mit ihnen zu amüsieren, musst Du mit
Deinem eigenen Blut bezahlen. Die Frage ist, ob dieser Preis nicht zu hoch ist?
Wenn Du beispielsweise die Werwölfe nimmst ... die können ihre Natur nicht
verbergen. Sie sind zu animalisch, um sich selbst unter Kontrolle zu halten.
Wenn ich Dir drei Vampirfilme anbieten würde, den alten Klassiker Nosferatu
mit Max Schreck, einen Dracula Film mit Vincent Price oder den modernen From
Dusk Til Dawn Streifen von Quentin Tarantino, welchen würdest Du nehmen?
Grief: Nosferatu finde ich sehr beeindruckend. Dracula ist langweilig, abgesehen
vom Soundtrack des letzten Dracula Films, der war sehr gut. From Dusk Til Dawn
ist der übelste Film mit Vampiren, den ich jemals gesehen habe. Einer meiner
Lieblingsfilme ist Annie Rice's Interview With A Vampire.
Eure Liveshows scheinen sehr aussergewöhnlich zu sein. Erzähl doch mal etwas
darüber.
Grief: Bei unseren Shows geht's sehr lebhaft zu. Es fliesst jede Menge Blut über
die Bühne, und die Zuschauer werden von uns "verführt". Die Leute sagen über
unsere Konzerte, dass man sich fühlt, als wäre man ein Teil der Show. Ich hoffe,
dass wir mal in Eurem Land spielen können. Dann könnt Ihr es mit eigenen Augen
sehen.
Die CD wurde eigentlich schon im Dezember 2000 veröffentlicht. Ich nehme an,
Ihr arbeitet bereits an neuem Material. Was kann man davon erwarten?
Grief: Ja, wir arbeiten natürlich bereits an neuem Material. Es wird schneller
und etwas brutaler werden. Allerdings werden die Melodien, wenn auch ein wenig
versteckt, immer noch vorhanden sein. Unsere neuen Songs sind nicht mehr ganz so
"sweet" wie diejenigen auf dem Vorgängeralbum. Was man von ihnen erwarten kann?
Blut, Sex, Verführung und vieles mehr. Ich grüsse die Schweiz und hoffe, dass
das Blut Eurer Venen meinen untoten Körper erfüllen wird.
... wir grüssen zurück und hoffen letzteres für Immortal Tears nicht, denn es
macht ja irgendwie keinen Sinn, seine eigene Fanbase auszurotten, oder?
Immortal Tears - Dracula ist langweilig
- Details
- Geschrieben von Skoddete
- Kategorie: Interview
- Zugriffe: 7309
Dass ausgerechnet aus Tschechien eine mögliche Rettung für die mittlerweile etwas verarmten melodic Black Metal Fans kommen würde, das hätte wohl keiner gedacht. Nun, für umfassende Massenevakuationen...