Seit Blacken The Angel gelten Agathodaimon für viele als
Hoffnungsträger der "neuen, deutschen, harten und düsteren Musik" - oder wie
immer man Agathodaimon's Werke sonst klassifizieren will. Nun sind ja aber die
Tage, in denen die Deutschen in der oberen Liga zwar mitspielen konnten,
trotzdem aber alle Freiheiten des Newcomers geniessen durften, irgendwo vorbei.
Agathodaimon gelten mittlerweile als gereifte Band, und da erwartet man
natürlich automatisch Höchstleistungen. Mit Chapter III wurde die Band diesen
hohen Anforderungen sicherlich gerecht - zumindest in der Presse. Was die
Fanschar davon hält, wird sich in den nächsten Wochen und Monaten an den
Verkaufszahlen messen lassen können. Aber diesbezüglich wird es wohl auch keine
negativen Überraschungen geben.
Was Sathonys über Kritiker, Studioarbeiten in Rumänien, die letzten beiden Alben
und die Agathodaimon Klassiker denkt, könnt Ihr an dieser Stelle nachlesen. Viel
Spass dabei.
Auf Chapter III musstet Ihr abermals auf das Mitwirken von Vlad, dem
eigentlichen Sänger und ursprünglichen Mit-Songwriter von Agathodaimon,
verzichten. Letztes Mal seid Ihr ja zu den Recordings nach Rumänien gefahren,
damit Vlad bei den Aufnahmen zugegen sein konnte. Er hatte damals abermals keine
Ausreiseerlaubnis bekommen. Ein erneuter Trip für Chapter III nach Rumänien kam
wohl nicht in Frage. Warum?
Sathonys: Aus diversen Gründen. Erstens: Es hätte keinen Sinn gemacht, die Songs
dort auf Biegen und Brechen fertig zu stellen, da wir nicht genug Zeit für eine
gemeinsame Arbeit hatten. Zweitens: Die Kosten für diese Aktion bzw. sechs Leute
sind enorm. Drittens: Wir sind mit dem Sound von Higher Art Of Rebellion sehr
unzufrieden. Die Arbeitsbedingungen vor Ort waren unzumutbar und
unprofessionell. Wir wollten dieses Mal wieder eine gute Produktion ohne Stress
und grössere Improvisationen fahren, haben deshalb eine aufwendige Vorproduktion
in Kauf genommen und in Ruhe an den Songs gearbeitet, welche wir ohne Vlad
geschrieben hatten. Die Songs sind somit ausgefeilter und durchdachter als sie
es noch auf dem letzten Album waren. Und mit Vlad werden wir sicher auf dem
nächsten Album wieder rechnen können.
Von wem kommt denn das Material auf Chapter III? Da es ohne Vlad entstanden
ist, könnte man ja jetzt ketzerisch behaupten, dass Agathodaimon auch ohne
Probleme ohne ihn auskommen, denn Chapter III beinhaltet alle Trademarks der
Band. Man vermisst nichts.
Sathonys: Das war uns auch sehr wichtig, denn Agathodaimon ist mehr als nur die
Summe der einzelnen Mitglieder. Jeder war diesmal am Songwriting beteiligt und
hat seinen Anteil zu den Songs erbracht. Wir spielen jetzt schon seit einigen
Jahren zusammen, und jeder trägt einen Teil des Stils in sich. Dass natürlich
Vlad's Gesang und rumänische Texte fehlen mussten wir dabei in Kauf nehmen,
wobei die rumänischen Texte natürlich ebenfalls Geschmackssache sind.
Was ich persönlich hingegen schmerzlichst auf Chapter III vermisst habe, war
Sänger Byron, der auf Higher Art Of Rebellion eine grossartige Leistung
abgeliefert hat. Meiner Meinung nach wäre er das Tüpfelchen auf dem i gewesen.
Nichts gegen Eure cleanen Vocals, aber einen Byron ganz zu vergessen, wenn man
ihn mal bei Agathodaimon gehört hat, ist schwer. Den wünscht man sich natürlich
automatisch wieder herbei.
Sathonys: Der wird sicher auch wieder teilnehmen. Es war nur so, dass wir die
Songs anfangs so strukturiert haben, dass wir keine cleanen Vocals eingeplant
hatten. Byron's Gesang ist ja gerade aufgrund seiner Klasse ein zweischneidiges
Schwert. Live könnten wir diesen nicht selbst umsetzen, da er eben ein gelernter
Sänger ist, noch dazu ein sehr talentierter. Auf dem neuen Album haben wir
letztendlich noch cleane Vocals eingefügt, aber diese sind auch von der
Kernbesetzung der Band reproduzierbar. Genauso wie wir anfangs mit Vlad planten,
war auch Byron angedacht, am neuen Album teilzunehmen. Es war aber zu
kurzfristig, ihn noch letztendlich in die Produktion einzubinden, und unseren
finanziellen Rahmen hätte es dieses Mal auch gesprengt, da Byron seine Arbeit
entsprechend entlohnt haben will.
Akaias war ja ursprünglich nur eine "Notlösung" für Vlad gewesen, weil Vlad
schon zu Blacken The Angel-Zeiten nicht mehr aus Rumänien ausreisen durfte und
daher auch nicht seine Vocals einsingen konnte. Jetzt ist dieser Akaias
stimmlich allerdings solch ein Glücksgriff, dass zumindest ich mir wünsche, bei
Agathodaimon niemals einen anderen Sänger hören zu müssen. Ausserdem ist das
jetzt bereits Album Nummer drei, auf dem er dabei ist. Wie sieht das Eurer
Meinung nach aus? Würdet Ihr bei einer Rückkehr von Vlad aus Rumänien auf Akaias
verzichten wollen oder können?
Sathonys: Nein, Akaias ist festes Mitglied der Band, das stand schon relativ
schnell fest. Sollte Vlad auf dauerhafter Basis nach Deutschland zurückkehren
können, würde Akaias dennoch weiterhin seinen Platz bei uns haben. Abgesehen
davon ist er auch ein sehr guter Gitarrist und Bassist, und es wäre interessant,
auch mal mit drei Gitarren zu arbeiten, was wir live mitunter ohnehin schon ein
paar Mal getan haben.
Chapter III sollte ja eine Mischung aus Blacken The Angel und Higher Art Of
Rebellion werden, was meiner Meinung nach auch geglückt ist. Ich fand beide
Platten spitze, muss ich sagen, aber offensichtlich wolltet Ihr wieder mehr vom
Blacken The Angel Feeling auf Eurem neuen Album haben. Hattet Ihr das Gefühl,
mit Higher Art Of Rebellion eventuell einen Schritt zu weit weg von Blacken The
Angel getan zu haben? Theoretisch hätte man sich auch eine Fortsetzung von
Higher Art Of Rebellion vorstellen können.
Sathonys: Nein. Ich denke vielmehr, dass die schwache Produktion viel von der
Härte und Transparenz des Albums genommen hat. Wäre dieses Album im selben
Studio wie Chapter III entstanden, wären die Unterschiede wohl minimal. Dass es
mehr nach Blacken klingen mag liegt vielleicht auch daran, dass wir bewusst die
härteren Songs an den Anfang des Albums gestellt haben. Chapter III enthält auch
viele vergleichbare Merkmale zu Higher Art Of Rebellion, beispielsweise die
Halb-Ballade.
Wie bei Blacken The Angel seid Ihr für Chapter III für den Mix zu Produzent
Gerhard Magin in die Commusication Studios gegangen. War das eine Art "taktische
Massnahme", um mit einem "vertrauten" Sound eventuell die einst verlorenen
Blacken The Angel Anhänger zurückzugewinnen?
Sathonys: Nun, er hat ja lediglich für den Mix, aber nicht die Aufnahme oder gar
als Produzent zur Verfügung gestanden, und die prägt ja massgeblich den Sound.
Auch das Mastering wurde in einem anderen Studio durchgeführt. Es war lediglich
der Fall, dass er ein sehr gutes Mischpult besitzt, annehmbare Preise hat und
sein Studio auch relativ nah bei uns liegt.
Eure Plattenfirma preist Chapter III als Black Metal Album an, ein Ausdruck,
der Euch ja schon seit geraumer Zeit viel Ärger einbringt, weil sich die "true"-Fraktion
des Genres darüber wahnsinnig aufregen kann, was insoweit nachvollziehbar ist,
als dass Ihr sicherlich die Grenzen des Black Metals schon längstens gesprengt
habt, mit einem Ergebnis, das meiner Meinung nach hundertprozentig überzeugt.
Aber dennoch - fühlst Du Dich persönlich noch wohl, wenn man von Agathodaimon
und Black Metal spricht?
Sathonys: Manchmal mehr denn je, denn wir können diese ganze Diskussion langsam
nicht mehr hören. Das war auch ein Grund, weshalb wir bei den Fotoshootings
diverse Klischees, die man dem Begriff "Rockstar" zuordnet, auslebten. Dicke
Limousine, Frauen, Drogen ... nennt unsere Musik wie ihr wollt, das ändert
nichts an ihr.
Tristetea Vehementa ist ja Euer Bandklassiker Nummer eins, und mit Paradise
Beyond habt Ihr auf Chapter III abermals einen tollen "Ohrwurm" abgeliefert.
Hofft man manchmal insgeheim, dass man nochmals so einen Song wie Tristetea
Vehementa schreibt? DEN Titel, der sofort wie aus der Pistole geschossen kommt,
wenn man jemanden nach einer Band fragt?
Sathonys: Tja, was die Klassiker angeht, rangiert eigentlich, zumindest live,
Banner Of Blasphemy an erster Stelle. Aber Tristetea gehört auf jeden Fall auch
zu den beliebtesten Songs. Nun ja, ich denke, jede Band hofft, dass das neueste
Album etwas besonderes darstellt, aber ich glaube, man wird erst in einiger Zeit
sagen können, inwiefern einige Songs generell als "beste" gewertet werden.
Meine nächste Frage will ich mal so formulieren. Als "deutsche
Hoffnungsträger", in welcher Sparte auch immer, kann man mit viel Lob rechnen,
muss sich aber auch darauf vorbereiten, von den "Gegnern" massiv kritisiert zu
werden. Das ist nun mal so in Deutschland, denke ich. Gerade in der Musik wird
bei Euch meiner Meinung nach viel zu viel "politisiert". Nun kannst Du ja aber
nicht hingehen und Euren Kritikern sagen: "Leckt mich am Arsch, dann kauft uns
halt nicht." Wie geht man mit harscher Kritik um, wenn man ja gleichzeitig auch
weiss, dass das abgelieferte Album nicht so schlecht sein kann, da es sich ja
gut verkauft? Muss man sich da selbst manchmal etwas zur Diplomatie zwingen oder
macht Dir Kritik nichts aus?
Sathonys: Also ich denke, wir wissen sehr gut, in welchen Punkten man uns
berechtigte Kritik liefern kann. Wir haben gewisse Vorstellungen und Ziele, die
wir bewusst verfolgen. Dass man es nicht jedem Recht machen kann, ist klar, und
dass bei einigen Leuten Aversion oder Neid vorhanden ist ... was soll's? Es gibt
wohl kaum eine Band, die jeder mag. Irgendwer hat immer etwas zu mäkeln. Meist
kommt von solchen Leuten aber eher ein unfundiertes "Ihr seid einfach scheisse",
und sowas muss ich nicht weiter überdenken. Dass Musik Geschmackssache ist, kann
sowieso keiner bestreiten, und insofern ist vieles relativierbar. Abgesehen
davon nehme ich mir berechtigte Kritik sehr zu Herzen.
Schaut man sich die Newcomerbands in der deutschen Black Metal Szene an, so
findet man ja nicht gerade wenige, die sich wieder dem traditionellen Black
Metal verschrieben haben, also quasi eine Art Gegenreaktion auf den melodic
Black Metal der letzten Jahre, der sicherlich auch schon länger seine besten
Zeiten hinter sich hat. Gibt es da gewisse Acts, deren Entwicklung Du verfolgst,
also eine Gruppe, der Du vielleicht eine grössere Zukunft voraussagst? Oder gibt
es sonst andere, deutsche Bands, deren Entwicklung Du mit grossem Interesse
verfolgst? Die Zeiten, als Agathodaimon die "Youngsters" der Szene waren, sind
ja mittlerweile vorbei.
Sathonys: Es gab viele Bands, in denen ich grosses Potential sah, aber jede ist
ihren eigenen Weg gegangen, teils aus gutem Grund und nachvollziehbar, teils für
mich unverständlich. Zwar bin ich noch am Underground interessiert und bemühe
mich auch, gute Bands zu unterstützen, aber mitunter fehlt mittlerweile die
Zeit, da auf dem Laufenden zu bleiben. Die Szene ist noch schwerer zu
überschauen als noch vor ein paar Jahren. Und dieser kranke Undergroundstil,
sprich das Nachahmen von Bands wie Darkthrone, Burzum & Co, ist gar nicht so
mein Fall. Nichts gegen traditionell ausgerichtete Bands, aber es sollte dennoch
möglich sein, einen eigenen Stil dabei zu pflegen. Und diese Abneigung gegen
"kommerzielle" Bands kann ich eben nicht nachvollziehen. Es ist immer ein
leichtes, sich ein aufgesetztes Undergroundimage zu geben. Sollen diese "true
black metal"-Bands doch mal versuchen, einen richtig fetten Vertrag an Land zu
ziehen und dann sagen "hey, wir hätten mächtig absahnen können, aber wir wollen
eben kleine Brötchen backen". Das wäre sicher cooler, als die eigene
Inkompetenz, oft ist es nichts anderes, hinter leeren Phrasen zu verstecken,
denn eine Menge Arbeit gehört auf alle Fälle dazu, halbwegs professionell zu
arbeiten, was vielen Bands, mitunter trotz Potential, einfach zu viel ist.
Agathodaimon - mehr Härte - mehr Transparenz
- Details
- Geschrieben von Skoddete
- Kategorie: Interview
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Seit Blacken The Angel gelten Agathodaimon für viele als Hoffnungsträger der "neuen, deutschen, harten und düsteren Musik" - oder wie immer man Agathodaimon's Werke sonst klassifizieren will...