Im Zuge unseres Specials zum Thema Suicide / Depressive Black Metal habe ich es mir nicht nehmen lassen und Make A Change... Kill Yourself - fast schon ein Star aus diesem Bereich - auszufragen. Herausgekommen sind einige interessante Antworten die auch so Manches über den Musikverantwortlichen Ynleborgaz verraten. Doch lest selbst:
Hallo Ynleborgaz, wie geht es dir?
Ynleborgaz: Mir geht es gut. Ich bin gerade von einem Ausflug in die schwedischen Wälder zurückgekehrt. Es war sehr kalt und hat oft geschneit so konnte ich meine Inspirationsquellen wieder auffüllen.
Bitte erzähl mir doch, wie es zur Gründung von Make A Change... Kill Yourself gekommen ist. Du solltest vielen Leuten ja schon bekannt sein aufgrund deiner Tätigkeit mit Angantyr, aber über Make A Change... Kill Yourself ist nur wenig bekannt. Wie seid ihr, Nattetale und du, darauf gekommen, dass ihr gut in einem musikalischen Projekt zusammenpassen würdet?
Ynleborgaz: Wir haben eigentlich nie darüber nachgedacht zusammen zu arbeiten, aber ich war sehr ehrfürchtig als ich ein paar Selbstmordbriefe (von Nattetale, Anm. d. Red.) erhielt. Ich habe mir überlegt, eine musikalische Klanglandschaft um diese Briefe zu komponieren, was schlussendlich zur Gründung von Make A Change... Kill Yourself führte. Es ist also eine gute Symbiose, denn ohne die Briefe gäbe es keine Musik und ohne die Musik wären die Briefe heute immer noch nur Briefe.
Wieso habt ihr euch denn ausgerechnet für diesen Namen entschieden? Inwiefern bezieht sich der Name denn auf die Briefe? Immerhin ist es ein sehr direkter Name der allerdings Raum für Interpretationen lässt.
Ynleborgaz: Wir wollten einfach keinen weiteren "dunklen" Namen, der innerhalb der Massen untergeht. Wir wollten einen provokativen Namen, der den Hörer dazu bringt, den Zweck des eigenen Lebens zu hinterfragen. Der Name ist also ein Produkt der Briefe, wenn man so will.
Vor etwa einem halben Jahr habt ihr euer "II" betiteltes Zweitwerk veröffentlicht. Wie waren denn die Reaktionen zu diesem Album?
Ynleborgaz: Sie waren eigentlich alle sehr gut. Ich dachte, sie würden etwas vermischter ausfallen aufgrund des Wechsels der Gesangsart, aber dem schien eigentlich nicht so.
Auf euren Alben habt ihr nur relativ lange Lieder. Geschieht das absichtlich oder liegt das einfach in der Natur deiner Musik, dass die Lieder immer etwas länger werden als jene anderer Black-Metal-Bands?
Ynleborgaz: Wenn ich die Lieder komponiere, dann merke ich, dass sie mehr auszusagen haben als normale 4- bis 6-minütige Black-Metal-Songs. Ich komponiere einfach immer weiter bis ich das Gefühl habe dass der Song der Aussage gerecht wird. Ausserdem mag ich es, dass wenn man eine LP auflegt, die Musik erst zu Ende ist sobald man die Seite wechseln muss. Es versetzt den Hörer in Trance und man muss tief durchatmen wenn das Lied vorüber ist und den Wert und den Sinn des eigenen Lebens neu bestimmen.
Gibt es denn schon irgendwelche Pläne für ein kommendes drittes Album? Vielleicht irgendwelche Lied- oder Textfragmente?
Ynleborgaz: Gewiss. Es scheint so als könnte ich kaum aufhören, traurige, depressive Melodien zu schreiben, also wird es sicherlich noch mehr Alben geben.
Um nun zum Kern des Interviews zu kommen: Wo siehst du die Verbindung zwischen Selbstmord und Black Metal?
Ynleborgaz: Ich sehe Black Metal als ein Medium um die dunklen und versteckten Seiten meiner Psyche zu ergründen und die Geschichte hat uns gezeigt, dass andere Leute, die dasselbe getan haben, sich schlussendlich das Leben genommen haben. Manche aus einer Depression heraus, andere aus Erschöpfung und wieder andere, weil sie der Überzeugung waren, alles im Leben erreicht zu haben, was sie konnten. Es ist interessant, sich an den Rand des Lebens zu wagen und stärker und weiser zurückzukehren.
Aber ist nicht genau diese propagierte Stärke des Charakters im Hinblick auf Black Metal ein Widerspruch, wenn jemand vor seinen Problemen flieht und Selbstmord begeht? Ich kann verstehen, dass jemand vielleicht über das Leben triumphieren will wenn er alle seine Ziele erreicht hat, aber ist Selbstmord aus reiner Depression ein Zeichen der Schwäche?
Ynleborgaz: Ja, das stimmt und genau aus diesem Grund mache ich mit Make A Change... Kill Yourself weiter. Lasst all die schwachen Heulsusen Selbstmord begehen und lasst die starken noch stärker zurückkehren.
Was würdest du also sagen, wenn Anhänger deiner Musik Selbstmord begehen würden? Nicht unbedingt weil sie es wollten, aber weil deine Musik sie dazu inspiriert hätte?
Ynleborgaz: Ich würde sagen, der Mangel an mentaler Stärke begründete ihren Niedergang, oder vielleicht ihre Abenteuerlust über das Grab hinaus. In beiden Fällen würde ich ihnen eine gute Reise wünschen.
Hat Suicide / Depressive Black Metal denn auch einen Einfluss auf dein Leben? Wenn ja, inwiefern?
Ynleborgaz: Manchmal sehe ich mich gefangen in gewissen Emotionen, wenn ich diese Musik höre und dann beginne ich, über verschiedene Dinge nachzudenken. In dieser Situation möchte ich ungern mit anderen Menschen zusammen sein, auch wenn mich die Umstände dazu zwingen.
Würdest du dir also auch selbst das Leben nehmen? Was wäre der Grund für diese Entscheidung?
Ynleborgaz: Momentan sehe ich keinen Grund, mir das Leben zu nehmen. Ich habe noch so Manches zu erledigen, bevor ich gehe.
Wie lukrativ ist denn das Geschäft mit Suicide / Depressive Black Metal heutzutage? Ich meine, in letzter Zeit gab es einen starken Zuwachs an Bands, die sich mit Selbstmord und Depressionen beschäftigen. Wie siehst du diese Entwicklung?
Ynleborgaz: Ich denke, Black Metal ist generell kein lukratives Genre, oder vielleicht entscheide ich mich jederzeit eher für Integrität als für Geld. In allen Sub-Genres gibt es einen beständigen Fluss an neuen Bands, aber ich denke es sind die Labels, die den Hunger nach Depression spüren und deshalb vermehrt solche Bands fördern und manche davon sind wirklich gut.
Was denkst du denn über den Wechsel des lyrischen Fokus'? Heutzutage gibt es ja weit mehr Black-Metal-Bands die sich mit Philosophie, Heidentum, moderner Gesellschaft oder, wie du, mit Selbstmord auseinandersetzen wohingegen in den frühen 90ern Satanismus das Hauptthema war.
Ynleborgaz: Ich glaube in den 80ern und 90ern war Satanismus einfach ein grosser Schocker. Heutzutage ist das nicht mehr so und es wurde in den Medien so lange diskutiert, dass es mittlerweile seine ganze Mystik verloren hat. Aber der Wechsel ist sicher gut, denn wenn Bands über anti-religiöse Inhalte singen ist es etwas daneben, wenn sie es von einem religiösen Standpunkt tun. Im Grunde hat der lyrische Fokus von "Wie kann ich die Leute für mich interessieren?" nach "Was interessiert mich?" gewechselt.
Wenn wir schon dabei sind: Was hältst du von modernen Black-Metal-Bands die völlig neue Klanglandschaften erkunden und sehr komplexe Songstrukturen verwenden und somit den Terminus "Black Metal" ausdehnen?
Ynleborgaz: Es wäre doch langweilig wenn alle Black-Metal-Bands gleich klingen würden. Es ist das Erkundschaften und Experimentieren das die Bands unterschiedlich macht.
Nun sind wir schon am Ende unseres Interviews angelangt. Ich möchte dir herzlich danken, dass du dir Zeit für meine Fragen genommen hast.