Man könnte meinen, dass nach eineinhalb Dekaden künstlerrischer Betätigung selbst der grösste Kreativling irgendwann einmal einen Gang zurückschalten muss. Kris Verwimp, einem belgischen Designer von Artworks, Logos und Bannern scheinen 14 lange Jahre im Geschäft noch keinen Schritt näher an den berühmt, berüchtigen Effekt des Ausbrennens gebracht zu haben. Belegen lässt sich dies nicht nur mit einer beachtlichen Auftragsliste, sondern auch mit der immernoch fazinierenden, dunklen Ausstrahlung seiner Werke.
Grüss Dich, wie geht es Dir?
In letzter Zeit war ich extrem beschäftigt und habe nicht viel geschlafen, aber davon abgesehen geht es mir gut, danke.
Enthroned, Marduk, Immortal, Lord Belial, Enslaved, Dark Fortress, Horna, Setherial, Vital Remains,…auf deinem Myspace Profil werden viele unterschiedliche und wohl bekannte Bands angeführt. Die Vermutung liegt also nahe, dass Du schon sehr lange aktiv bist. Wie lange bist Du denn nun schon dabei? Ist die Anzahl der von Dir geschaffenen Artworks noch abschätzbar?
Seit 1993 bin ich nun schon dabei. Das aller erste Cover, das ich kreiert habe war "The Diabolic Serenades" von Ancient Rites in der Vinyl-Edition. Darauf folgte Marduk`s "Opus Nocturne" und Absu`s " The Sun Of Tiphareth". Von da an habe ich für viele verschiedenen Formationen gearbeitet… wie viele es über die Jahre geworden sind kann ich nicht sagen. Gezählt habe ich sie nie.
Hat sich der Design Stil der extrem Metal CDs in all diesen Jahren sehr verändert oder ist er grundlegend dass geblieben, was er zu deinen Anfangstagen schon war?
Als ich startete, gab es viel mehr handgezeichnete Cover… der Computer hat nun einen sehr grossen Einfluss. Dieser Tage entstehen die meisten CD-Cover und Layouts mit Photoshop oder einem anderen Grafikdesignprogramm.
Woher stammen deine Inspirationen? Vermutlich musst Du eine sehr gute Quelle haben um bei der Anzahl an Aufträgen nicht plötzlich ideenlos dazustehen?
Also, mein Geheimnis ist es, dass ich mir meine Inspirationen hauptsächlich durch die Musik erschliesse. Immer wenn ich Musik höre, entstehen in meinem Kopf Bilder, die dazu passen. Natürlich lese ich auch die Texte zu den Stücken, aber primär ist es wirklich die Musik, die mich beeinflusst. Abgesehen davon habe ich eine sehr grosse Sammlung an Büchern, CDs und DVDs, die mir durchaus zu Ideen verhelfen können…
Was hat Dich auf die Idee gebracht Artworks zu entwerfen? Wie bist Du in diese Szene gekommen?
Ich war für viele Jahre ein grosser Metal Fan und habe diese Musik die ganze Zeit gehört, während ich meine eigenen Comics gezeichnet habe, wobei ich nicht wirklich in Kontakt mit jemandem aus der Metal Szene war. Obwohl mich die Vorstellung ein Cover für eine Metal Band zu entwerfen sehr gereizt hat, habe ich mich nie dem Gedanken hingegeben, dass es jemals soweit kommen könnte. Meine Fähigkeiten habe ich nicht als gut genug eingeschätzt um ein Cover zu gestalten, ausserdem fehlten mir die Ambitionen dazu. Die Comics habe ich nur für mich gezeichnet und wenn sie jemandem gefallen haben - schön. Meine Werke wollte ich nie bewerben oder so etwas, aber ein guter Freund überzeugte mich zu einem Besuch einer Comic Convention um dort meine Zeichnungen zu zeigen. Davon habe ich mir natürlich nicht viel erwartet, aber zu meiner eigenen Überraschung schienen die Leute dort meine Arbeiten wirklich zu mögen, ich wurde sogar zu anderen Veranstaltungen eingeladen… Auf einer dieser Conventions traf ich Wim Baelus, einen Redakteur des lokalen Metal Hammer Magazins. Seinen Namen kannte ich aus all den Kritiken, die ich von ihm gelesen hatte. Es war für mich so, als würde ich einen Freund treffen, von welchem ich nicht wusste, dass ich ihn hatte. Er gab mir die Möglichkeit ein Cover für ihn zu gestalten (er hatte auch sein eigenes Underground Label "Midian Creations"), obwohl er selbst ein Künstler war (seine bekannteste Kreation ist das Merciless Logo). Dieser Auftrag war das Cover für die LP Version von "The Diabolic Serenades". Als diese LP dann veröffentlicht wurde, bekam ich einen Anruf von Osmose Productions um einige Werke für sie anzufertigen (Marduk, Absu, Enslaved, …). Das war 1993, als die Anzahl an Black Metal Formationen regelrecht explodierte. Es kamen immer mehr Aufträge und ja, so hat es begonnen…
Einige Bands in deiner Veröffentlichungsliste kenne ich nicht, aber ist es richtig zu behaupten, dass Du dich auf Black/Pagan/Folk Metal Bands spezialisiert hast? Wenn ja, kam es dazu, weil Du mit diesen Musikstilen schlichtweg mehr anfangen kannst, als beispielsweise mit Death oder Thrash Metal oder kam es so, da Dir die Artworks dieser Genres besser gefallen haben?
Es ist wahr, dass ich persönlich mit epischem Viking/Pagan Metal die meiste Freude habe. In den 80er und anfang 90er Jahren war es so, dass es in diesem Genre kaum Bands gab. Ich denke immer noch, dass Bathorys "Hammerheart" und "Twilight Of The Gods" einfach grossartig sind… ich habe praktisch darauf gewartet, dass dieser Stil gross wird, weshalb ich sehr glücklich bin, dass es mittlerweilse sehr viele neue Bands gibt, die diese Art von Musik spielen. Die meisten von ihnen haben ihren ganz eigenen Stil, finde ich. Seit meiner Kindheit habe ich Wikinger/Mittelalter-Bilder geliebt; seit ich denken kann, habe ich mich damit beschäftigt und noch immer bin ich ihrer nicht überdrüssig. Meine Wunsch ist es, eines Tages fähig zu sein, so geniale Bilder anzufertigen, wie die, die Bathorys "Hammerheart" oder "Blood Fire Death" schmücken… es ist jedoch auch wahr, dass ich auch bei anderen Metalspielarten kein Problem habe, mich in diese hineinzuversetzen und ein passendes Artwork zu entwerfen. Über die Jahre hinweg habe ich speziell für Death Metal Alben einen eigenen Coverstil entwickelt. Ich mag dies auch sehr gerne. Meine Fähigkeiten will ich nicht nur auf Viking und Pagan Bilder limitieren…
Wenn eine Band Dich beauftragt ein Cover zu entwerfen, welche Vorgaben bekommst Du dann gegeben? Wird Dir in solchen Situationen einzig die Musik als Konzept vorgelegt oder erhältst Du eine klare Vision, wie das Cover auszusehen hat?
Es hängt sehr von der Band ab. Manche Truppen geben mir sehr klare Instruktionen, die ihr Cover genau beschreiben. In diesem Fall bekomme ich normalerweise eine grobe Skizze von einem Bandmitglied, die ich dann in meinem eigenen Stil praktisch übernehme. Meistens funktioniert dies gut, aber es kommt auch vor, dass es sehr schwierig wird, aus einer Skizze noch ein gutes Cover zu machen. Ich respektiere die Wünsche der Band, also versuche ich immer das Beste aus solchen Vorgaben herauszuholen. Es gibt aber auch sehr viele Truppen, die keine fixen Ideen für ihr Cover haben. In diesen Fällen setzte ich mir selbst keine Grenzen, abgesehen davon, dass der Bezug zu der Musik und auch den Texten irgendwie gegeben sein muss, ausserdem sende ich der Band immer wieder aktuelle Skizzen um deren Einverständnis einzuholen.
Zugegeben, ich habe mich noch nicht besonders mit den Entstehungsprozess eines Artworks auseinandergesetzt, aber jetzt mal speziell auf Dich bezogen, hast Du einen festen "Schritt für Schritt"-Plan dem zu folgst oder entstehen deine Cover aus einem völlig freien Prozess heraus?
Es klingt vielleicht etwas seltsam, aber ich versuche jedes Cover auf eine andere Art zu schaffen, dass können kleine Änderungen sein, wie zum Beispiel die Verwendung eines anderen Papiers oder vielleicht probiere ich eine Farbe von einer anderen Marke. Sieh es so, ich nutze jede Gelegenheit um etwas zu lernen oder Neues auszuprobieren, also habe ich keine feste Prozedur… meine älteren Bilder wurden sehr oft mit Airbrush-Techniken ausgearbeitet, aber über die letzten Jahre hinweg hab ich dieses Gerät nicht einmal angefasst. Bis jetzt ist auch noch niemanden der Unterschied im Resultat aufgefallen und dies ist bloss eines von vielen Beispielen. Ich habe auch sehr unterschiedliche Oberflächen ausprobiert, aber im Grunde fällt alles immer darauf zurück, dass man sich die Hände dreckig macht und alles zu probieren hat, was man sich so vorstellt. Natürlich, alles startet mit einer Skizze und groben Umrissen, aber wie die nächste Entstehungsstufe aussieht hängt immer davon ab, welchen Effekt ich mit dem jeweiligen Artwork erreichen möchte. Dazu werden Öle, Stifte, Wasserfarben usw. genutzt … meiner Ansicht nach ist auch ein Mix dieser Elemente möglich… nur das Resultat zählt!
Wie war es beispielsweise mit der neuen Zarathustra Veröffentlichung "In Horna Mortis"? Was ist die Grundlage dieses Bildes?
Ich habe von der Band ein paar Lieder, die dazugehörigen Texte, sowie konkrete Ideen erhalten. Dann habe ich mir Gedanken über ein Konzept gemacht und zu diesem einige Skizzen angefertigt. In diesem Fall wollte ich etwas sehr detailliertes schaffen. Das Artwork sollte sich primär auf die beiden Stücke "Crown Of Creation" und "Souls Ejaculation" beziehen, ausserdem wollte ich die Symbole der Band - eine Schlage und einen Adler - miteinbringen. Wie Du siehst stehen hinter diesem Cover mehrere verschiedene Motivationen. Ich habe versucht etwas zu schaffen, was Elemente der Texte mit der Atmosphäre der Musik vereint. An meinen Artworks will ich jedoch auch nicht jedes Detail erklären, da sich ein gutes Cover auch dadurch auszeichnet, dass dem Betrachter Freiheiten für die eigene Fantasie bleiben, so kann ein Bild auch langfristig interessant sein. Du kannst jedes Mal etwas neues in ihnen entdecken… sogar ich erschliesse in meinen Bildern immer wieder Neues, wenn ich nach ein paar Jahren wieder einen Blick darauf werfe.
Wie lange brauchst Du um ein Cover zu entwickeln?
Dass ist schwer zu sagen, wirklich. Einige meiner besten Cover waren nach wenigen Tagen fertig, während ich für andere Wochen oder sogar Monate gebraucht haben. Normalerweise ist der Ansatz der zeitaufwendigste Teil… ich fertige immer sofort Skizzen zu meinen Ideen an, damit ich den Bands einen groben Überblick meiner Absichten präsentieren kann. Wenn diese Skizze dann auch bei den Musikern Zuspruch gefunden hat, fange ich mit der detaillierteren Fassung an. Mehr Einzelheiten bedeuten logischerweise auch mehr Arbeit. Manchmal benötigen Elemente, die auf den ersten Blick unwichtig erscheinen die meiste Arbeit. Ich kann mich an Absu`s "Tara" Cover erinnern, welches insgesamt etwas länger als einen Monat beansprucht hat, jedoch habe ich hier etwa die Hälfte mit der Gestaltung des Rahmen verbracht…
Wie viel würde ein von Dir angefertigtes Artwork kosten?
Dies hängt natürlich von dem Arbeitsaufwand ab, welcher wiederum sehr stark von dem Konzept abhängt. Manche Pläne sind einfach arbeitsintensiver zu verwirklichen. Es braucht viel mehr Zeit eine ganze Armee zu kreieren, die in den Krieg marschiert, als einen einsamen Soldaten auf einem Schlachtfeld. Fixe Preis habe ich sowieso nicht, denn jeder Auftrag ist einzigartig für mich. Es wäre das Beste mich zu kontaktieren und mir das Cover-Konzept zu erklären, dann kann ich den exakten Preis nennen.
Extremer Metal wird oft als "hässlich und roh" umschrieben. Haben Artworks diese Eigenschaften zu übernehmen?
Vielleicht… ich persönlich mag "polierte" Cover nicht besonders. Sie tendieren dazu undynamisch und überarbeitet zu wirken… ich versuche immer meine Kreationen ein wenig "dreckig" zu gestalten. Ausserdem denke ich, ein Metal Cover sollte einiges an Bewegung beinhalten, sodass das Bild lebendig wird, wenn man die entsprechenden Lieder dazu hört. Dies versuche ich dadurch zu erreichen, dass ich einige Elemente skizzenhaft wirken lasse. Die wichtigsten Teile können dafür sehr detailliert gestaltet werden. Wie auch immer, meiner Meinung nach sind die angedeuteten Elemente auch die Interessantesten, da sie Platz für Interpretationen lassen. So bleibt das Artwork irgendwie mysteriös. Ein zu detailreiches Cover kann leicht uninteressant werden, da es nichts zu entdecken gibt. Es ist immer besser zu suggerieren als zu definieren. Ein Metal Cover muss sowieso nicht perfekt sein, es geht primär um die Atmosphäre… ich liebe die Artworks der 80er, obwohl sie oftmals sehr schlecht gezeichnet waren. Meistens sind sie jedoch immer noch interessanter als eine Photographie oder Collage der selben Zeit.
Was sind deine favorisierten Artworks? Welche hasst Du?
Alte Kulturen liebe ich, keltische Knotenstrukturen, Wikinger, römisch und griechische Kunst, … historische Gemälde gefallen mir ebenfalls sehr gut. Meine favorisierten Cover sind jedoch Bathory`s "Blood Fire Death" und "Hammerheart". Ausserdem liebe ich Meatloaf`s "Bat Out Of Hell" Cover von Richard Corben (eines der besten Artworks, welches noch dazu über Nacht geschaffen wurde… ein sehr gutes Beispiel für ein richtig gutes Cover!). Kunst mit der ich am wenigsten anfangen kann, ist normalerweise die so genannte zeitgenössische "Kunst". Ich "hasse" sie nicht aktiv, aber ich ignoriere sie… niemals wollte ich solche "Kunst" schaffen. Meine Bilder würde ich als Illustrationen umschreiben, die das noble Ziel haben Musik zu visualisieren.
Was braucht ein gutes Cover?
Es braucht ein einfaches Design, ausserdem muss es ein Blickfänger sein und sich von dem Grossteil der restlichen Cover abheben. Es muss nicht übermässig kompliziert oder übervoll wirken. Ich persönlich würde eher den einsamen Krieger auf dem Schlachtfeld wählen, als eine komplette Armee… zweit Genanntes klingt vielleicht interessanter, aber wenn man es aus der Distanz betrachtet könnte es an Wirkung verlieren. Artworks werden oftmals sehr klein abgedruckt, beispielsweise in Katalogen oder auf Websiten, also sollte das Konzept sehr klar wirken- auch in Kleinformat. Es kann dabei noch sehr detailliert sein, aber es braucht einen zentralen Punkt oder eine auffällige Zusammensetzung.
An welchen Projekten abreitest Du gerade?
Momentan habe ich noch eine sehr lange Liste zur Abarbeitung. Diese Woche werde ich mich auf ein Cover und ein Logo für Oakhelm, einen Bühnenbanner für Kromlek und auf ein DVD-Cover für Suidakra konzentrieren.
Du weigerst Dich mit dem PC zu arbeiten, richtig? Wieso?
Hm, einen Hass auf PCs habe ich nicht, es ist mehr eine Hassliebe. Jeden Tag arbeite ich mit einem Computer und ich denke, er ist ein grossartiges Hilfsmittel. Ich bin wirklich sehr froh, dass ich die Möglichkeit habe meine Werke einzuscannen und so weiter am PC zu bearbeiten. Einzig die Bilder, die komplett am PC erstellt wurden kann ich nicht ausstehen. Es gibt jetzt schon sehr gute Programme, die es für Künstler möglich machen, direkt auf dem Bildschirm zu "malen". Die meisten Leute werden nicht einmal den Unterschied erkennen, glaube ich. Irgendwie sehen diese Werke für mich aber noch immer sehr künstlich aus. Es ist nur ein Gefühl, dass ich bezüglich solcher Werke habe… wie diese Filme mit übertriebenen Effekten. Es sieht alles sehr realistisch aus und war wohl auch sehr teuer, aber man fühlt doch, dass einem all diese Effekte bloss vorgegaukelt werden… und nach ein paar Jahren werden die Effekte veraltet sein und so noch beschissner aussehen. Ein weiterer Punkt ist, dass am PC erstellte Artworks nicht real existieren. Klar, man kann sie ausdrucken, aber dass ist nicht das selbe. Wie auch immer, diese Dinge entwickeln sich zur Zeit sehr stark und ich vermute, dass der Grossteil der Künstler bald auf Zeichenprogramme umsteigen wird. Ich persönliche liebe es mit Pinseln und echten Farben zu arbeiten, selbst wenn meine Hände dabei dreckig werden…
Vielen Dank für das Gespräch! Die letzten Worte sind deine:
Ok, vielen dank für deine Fragen und vielen dank an alle Leser für ihr Interesse. Ich hoffe ihr findet gefallen an meinen Artworks, so wie ich es genossen haben sie zu entwerfen.
Homepage: http://www.home.scarlet.be/krisverwimp/